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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Mund, hatte eine feuchte Aussprache, spitzte die glänzenden Lippen zu einem Kussmund, der sie auf ihrem Stuhl zurückweichen ließ, und zwinkerte ihr zu, als wäre »die Sache geritzt«. Er sprach die Worte nicht aus, aber sie konnte sie in seinem funkelnden, entschlossenen Blick lesen.
    »Zweifeln Sie niemals an sich, Raoul?«
    »Niemals, meine Schöne. Zweifel sind etwas für Schwächlinge, und Schwächlinge, nun ja …«
    Mit einem Fausthieb hatte er das weiche Innere eines Stücks Brot zu einem dünnen Fladen geschlagen, hatte diesen zusammengerollt und schließlich einen Ring daraus geformt, den er vor ihren Teller gelegt hatte.
    »Sie sind ja ein richtiger Romantiker unter Ihrer … sagen wir etwas rauen Schale …«
    »Das liegt an dir. Du inspirierst mich … Möchtest du mich nicht lieber duzen? Ich habe das Gefühl, mit meiner Großmutter auszugehen! Und ganz ehrlich, das ist nicht gerade die Altersklasse, die mich scharf macht!«
    Du weißt gar nicht, wie recht du hast, hatte Iris gedacht, während sie sich fast an ihrem Champagner verschluckte, bald bin ich alt genug für mein erstes Gebiss, und dann bin ich diejenige, die du platt klopfst und in den Müll wirfst, um dir eine Jüngere zu suchen.
    Sie zögerte, ihn endgültig abblitzen zu lassen. Keine Nachricht von Hervé. Sie sah ihn vor sich, wie er abends, einen Pullover um die Schultern geknotet, zwischen Ginstersträuchern und Dünen die frische Luft genoss, wie er tagsüber mit seinen Söhnen segelte, mit seiner Tochter Federball spielte, mit seiner Frau spazieren ging. Schlank, elegant, das Haar von der Seeluft verklebt, ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen. Dieser Mann, der sich so nüchtern und streng gibt, weiß, wie man eine Frau verführt. Er spielt den Unberührbaren, doch das macht ihn nur umso anziehender. Der Lurch konnte ihm nicht das Wasser reichen, aber immerhin hatte sie ihn fest am Haken, sein Bankkonto war prall gefüllt, und sein Finger verlangte ungeduldig nach einem Ehering. Der Brotring war der Beweis dafür. Er will mich also nicht nur als Trophäe, er will mich heiraten …
    Sie dachte nach und kam zu dem Schluss, dass sie die Entscheidung nicht überstürzen durfte.
    Sie griff erneut nach der Fernbedienung und suchte auf den Kinokanälen nach einem Film. Von Zeit zu Zeit rief sie »Joséphine, Joséphine, was machst du da eigentlich?«, aber Joséphine steckte so tief in ihren Aufzeichnungen, dass sie nicht einmal antwortete. Was für ein Blaustrumpf! Sie sprachen nie über Philippe. Erwähnten nicht einmal mehr seinen Namen. Einmal hatte Iris es versucht, als sie eines Abends zusammen in der Küche saßen und Nudeln aßen …
    »Hast du in letzter Zeit etwas von meinem Mann gehört?«, hatte sie in amüsiertem Ton gefragt.
    Joséphine war rot geworden.
    »Nein, nichts.«
    »Das wundert mich nicht! Frauen wie dich gibt’s wie Sand am Meer! Bist du nicht traurig?«
    »Nein. Warum sollte ich traurig sein? Wir haben uns gut verstanden, das ist alles. Und du hast dir gleich eine ganze Geschichte zusammengesponnen …«
    »Das stimmt doch gar nicht! Ich stelle lediglich fest, wie glatt er mich abserviert hat, kein Wort, kein Anruf, nichts. Und daraus schließe ich, dass dieser Mann oberflächlich und unzuverlässig ist. Das muss die Midlife-Crisis sein. Er flattert wie ein Schmetterling von Blüte zu Blüte … Aber ihr standet euch doch ziemlich nahe, oder nicht?«
    »Das war vor allem wegen der Kinder …«
    Joséphine hatte ihren Teller mit Nudeln weggeschoben.
    »Hast du keinen Hunger mehr?«
    »Es ist zu heiß.«
    »Aber mich hat er doch wirklich geliebt, oder?«
    »Ja, Iris. Er hat dich geliebt, er war verrückt nach dir, und wenn du mich fragst, ist er das immer noch …«
    »Glaubst du wirklich?«, hatte Iris gefragt und verblüfft die Augen aufgerissen.
    »Ja. Ich glaube, ihr macht gerade eine Krise durch, aber er wird zu dir zurückkommen.«
    »Du bist lieb, Jo. Es tut gut, das zu hören, auch wenn es nicht wahr ist. Tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe …«
    »Was denn?«
    »Frauen wie dich gebe es wie Sand am Meer …«
    »Ach, das hatte ich gar nicht ernst genommen!«
    »Ich an deiner Stelle wäre beleidigt gewesen … Ich kenne niemanden, der so lieb ist wie du.«
    Joséphine war aufgestanden, hatte ihren Teller in die Spülmaschine gestellt und gesagt: »Ich arbeite noch eine Stunde, und dann ab ins Bett!«
    Da hatte es an der Tür geklingelt. Es war Iphigénie.
    »Madame Cortès! Würden Sie kurz mit

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