Der Lavendelgarten
schätzen. Du bist einfach wunderbar.« Sebastian küsste sie sanft auf die Lippen. »Aber jetzt müssen wir beim Heizölhändler anrufen, bevor er schließt, und uns in die lange Schlange der Eingeschneiten und Öllosen einreihen. Gibst du mir deine Kreditkarte? Dann kann ich dem Händler die Nummer telefonisch durchsagen.«
»Klar. Sie ist oben. Ich hole sie.«
Emilie küsste ihn und verließ den Raum. Auf dem Weg hinauf empfand sie so etwas wie Befriedigung. Nun konnte sie ihrem Mann genauso helfen, wie er ihr in den vergangenen Monaten beigestanden hatte. Das war ein angenehmes Gefühl.
17
Eine Woche später begann der Schnee, der drei Tage hintereinander gefallen und dann zu großen glatten Eisflächen gefroren war, bei steigenden Temperaturen zu tauen. Der Heizölhändler hatte tags zuvor geliefert, und als Emilie aufwachte, war die Kälte im Haus nicht mehr ganz so schlimm.
Sebastian hatte über eine Agentur eine Pflegekraft für Alex, dem Emilie seit dem Tag ihrer Panikattacke nicht mehr begegnet war, ausfindig gemacht und sie wissen lassen, wie viel Geld er für die folgenden Monate brauchte, worauf sie ihm den Betrag auf sein Bankkonto überweisen ließ. Seitdem wirkte er sichtlich entspannter.
»Ich finde, wir sollten die Tatsache, dass wir eingeschneit sind, für spontane Flitterwochen nutzen«, hatte er verkündet. »Wir haben Wein im Keller und Essen im Kühlschrank, ein warmes Kaminfeuer und einander. Lass uns die Zeit genießen.«
Sie waren morgens lange im Bett geblieben und anschließend in dicke Mäntel und Stiefel geschlüpft, um im örtlichen Pub das herzhafte englische Essen zu kosten. Auf dem Heimweg hatten sie Schneeballschlachten gemacht und waren erfrischt von der eisigen Luft nach Hause gekommen. Die Abende hatten sie aneinandergekuschelt vor dem Kamin verbracht, wo sie den Wein genossen, den Sebastian aus dem Keller holte, sich unterhielten und sich liebten.
»Gott, bist du schön«, hatte Sebastian gesagt, als er ihren nackten Körper im Schein des Feuers streichelte. »Was für ein Glück, dass ich dich geheiratet habe.«
Am Morgen des Tages, bevor das Tauwetter begonnen hatte, war Sebastian mit Emilie in das nahe gelegene Moulton gefahren, um die rasch schwindenden Lebensmittelvorräte aufzufüllen. Er hatte darauf bestanden, dass sie den Land Rover nach Hause lenkte, was sie, die weder an Eis und Schnee noch an die linke Straßenseite gewöhnt war, grässlich fand.
»Es ist wichtig, dass du das lernst, Schatz«, hatte Sebastian gesagt, als sie im Schneckentempo nach Hause fuhr. »Wenn ich in London bin, musst du mobil sein.«
Emilie, die Kaffee gekocht hatte, sah sich voller Stolz in der Küche um. Der Raum wirkte viel heimeliger, seit sie die schmutzigen Vorhänge, die traurig an den Fenstern hingen, gewaschen und eine Vase mit Blumen auf den geputzten Kiefernholztisch gestellt hatte. Außerdem hatte sie ein hübsches blau-weißes Geschirr aus einem Schrank genommen und auf dem Sims über dem Herd arrangiert. Als sie mit den Kaffeetassen die Treppe hinaufging, sah sie, dass das Eis draußen in der Sonne schmolz. Sie würde Sebastian vorschlagen, die Küche freundlich gelb zu streichen.
Emilie schlüpfte zu Sebastian ins Bett, reichte ihm eine Tasse und nahm einen Schluck von dem heißen Kaffee.
»Hast du gut geschlafen?«, fragte Sebastian und setzte sich auf.
»Ja. Ich stelle gerade fest, dass ich dieses Haus doch irgendwie mag«, sagte Emilie. »Es ist wie eine alte, ungeliebte Tante, die nur ein bisschen Zuwendung braucht.«
»Vor allen Dingen finanzielle Zuwendung. Aber nun mal ein ganz anderes Thema: Jetzt, wo es taut und du dich hier eingewöhnt hast, muss ich leider ein paar Tage nach London. Kommst du ohne mich zurecht? Alex scheint mit der neuen Pflegekraft zufrieden zu sein; er stört dich bestimmt nicht. Du könntest mich begleiten, aber ich werde viel arbeiten müssen und keine Zeit für dich haben. Du würdest dich schrecklich langweilen.«
»Wo übernachtest du, wenn du in London bist?«, fragte Emilie.
»Bei einem Freund in der Abstellkammer. Ist nicht gerade das Ritz, aber für die Zeit, die ich dort verbringe, reicht’s«, erklärte Sebastian.
»Wie viele Tage wirst du weg sein?«
»Wenn ich morgen früh aufbreche, wahrscheinlich nicht mehr als drei. Ich bin am späten Freitagabend zurück«, versprach er. »Ich lasse dir den Land Rover da, für den Fall, dass das Wetter wieder umschlägt. Zum Bahnhof komme ich auch mit meiner alten Klapperkiste.
Weitere Kostenlose Bücher