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Der Lavendelgarten

Der Lavendelgarten

Titel: Der Lavendelgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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Emilie sie auseinanderfaltete, sah sie die ihr inzwischen vertraute unregelmäßige Kinderschrift.
    » Mon frère … «
    »Mein Bruder«, sagte Emilie leise und machte sich daran, die Krakelschrift zu entziffern. Es handelte sich um ein Lob auf Édouard und war mit Sophia de la Martinières, 14, unterzeichnet.
    Weil Emilies Finger von der Kälte steif zu werden begannen, kehrte sie in ihren Sessel am Herd zurück. Das Gedicht zeugte von der Bewunderung der jungen Sophia für ihren Bruder. Warum hatte Édouard nie von ihr erzählt? Was war zwischen ihnen vorgefallen?
    Emilie steckte die Seite mit dem Gedicht und das Foto in ihre Handtasche, nahm die Müllsäcke und schloss die Tür des Châteaus zum letzten Mal hinter sich. Als sie den Wagen auf die kiesbedeckte Auffahrt zu Jeans Häuschen lenkte, klingelte ihr Handy. Sie hielt an, denn es war Sebastian.
    »Wo warst du? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!«, schrie sie ihn fast an.
    »Schatz, es tut mir wirklich leid. Ich habe das Ladegerät fürs Handy in Yorkshire vergessen, und der Akku war am Dienstagmorgen leer.«
    »Sebastian, das ist keine Entschuldigung! Es gibt noch andere Telefone auf der Welt, mit denen du mich hättest anrufen können!«, herrschte Emilie ihn an.
    »Das habe ich! Ich habe am Dienstagabend in Blackmoor Hall angerufen, ohne jemanden zu erreichen, und seitdem bist du in Frankreich.«
    »Warum hast du keine Nachricht auf meiner Mailbox hinterlassen?«
    »Deine Handynummer war nur auf meinem Handy mit dem leeren Akku gespeichert. Ich hatte deine Nummer also erst wieder, als ich heute Nachmittag nach Yorkshire zurückgekommen bin und mein Handy aufladen konnte.«
    »Warum hast du nicht Gerard angerufen? Er weiß meine Nummer.«
    »Seine Nummer ist auch auf meinem Handy. Bitte, Emilie …« Sebastian klang müde. »Es tut mir wirklich leid. Bevor du fragst: Ja, ich habe in London versucht, ein anderes Ladegerät aufzutreiben, aber mein Handy ist so alt, dass keiner der Läden in der Gegend mehr ein passendes hatte. Und ich hatte wirklich keine Zeit, woanders zu suchen. Eine unglückliche Verkettung von Zufällen. Eines weiß ich jetzt immerhin: Ein altmodisches Adressbuch aus Papier ist unverzichtbar. Welchen Grund sollte ich denn haben, mich nicht bei dir zu melden?«
    Ja, was für einen Grund hätte Sebastian haben können?
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich mir für Sorgen gemacht habe. Besonders weil du am Wochenende so … merkwürdig warst«, gestand Emilie. »Ich hatte schon Angst, dass du mich verlassen hast.« Sie war den Tränen nahe.
    Sebastian lachte amüsiert. »Dich verlassen? Emilie, ich habe dich doch erst vor ein paar Wochen geheiratet. Wofür hältst du mich? Zugegeben, letztes Wochenende war meine Stimmung ziemlich im Keller. Aber niedergeschlagen ist doch jeder mal, oder?«
    »Wahrscheinlich schon.« Emilie biss sich auf die Lippe.
    »Hat mein Bruder dich wieder durcheinandergebracht? Ja …« Emilie hörte ihn fast nicken. »Ich wette, das ist es.«
    »Nein, Sebastian, Alex redet nicht schlecht über dich.«
    »Lüg mich nicht an, Emilie. Ich weiß, wie er ist.« Plötzlich klang Sebastians Stimme hart.
    »Er hat nichts gesagt«, wiederholte Emilie, die keinen Streit provozieren wollte. »Du bist jetzt wieder daheim in Yorkshire?«
    »Ja. Wie läuft’s bei dir?«
    »Die Bücher sind weg, und das Château wartet auf die Renovierung.«
    »Tut mir leid, dass ich nicht da sein konnte, um dir zu helfen. Ich hatte hier sehr viel zu tun.«
    »Das ist doch gut, oder?«
    »Nicht so gut, wie es sein könnte, aber … wann kommst du nach Hause?«
    »Morgen.«
    »Zur Begrüßung koche ich dir was Feines, als Entschuldigung für das Debakel mit dem Handy«, versprach Sebastian. »Es tut mir leid, Emilie, es war nicht meine Schuld. Ich habe wirklich versucht, dich am Dienstagabend zu erreichen.«
    »Vergessen wir’s, ja?«, schlug sie vor.
    »Ja. Und lass es mich wissen, falls ich von hier aus etwas für dich tun kann.«
    »Danke, bis jetzt habe ich so weit alles im Griff.«
    »Gut, Schatz, bitte melde dich.«
    »Und du !« Emilie rang sich ein mattes Lächeln ab. »Bis morgen.«
    Sie fragte sich, ob sie ihm glauben konnte. Ihr Vater hatte immer gesagt, dass die kompliziertesten Verwicklungen sich oft sehr leicht erklären ließen, doch die vier Tage Schweigen hatten Zweifel in ihr geweckt.
    Obwohl Alex nichts Negatives über seinen Bruder gesagt hatte, war er nicht bereit gewesen, sich auf ein Gespräch über ihn

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