Der Lavendelgarten
Hakenkreuz an seiner Uniform drückte ihr ins Fleisch, als er seine Hand auf ihr Knie legte.
»Endlich ein paar Stunden frei! Es war ein hektischer Tag«, seufzte Falk.
»Aber von Erfolg gekrönt?«, erkundigte sich Connie bemüht ruhig.
»Allerdings. Wir haben zwanzig erwischt, leider nicht ohne Gegenwehr, und einen guten Offizier verloren, einen Freund von mir. Ein paar sind natürlich entkommen … Es ist schon interessant zu beobachten, wie gesprächig sie werden, wenn wir sie bearbeiten. Doch darüber sprechen wir morgen.« Er tätschelte ihr Knie. »Jetzt möchte ich mich amüsieren.«
Connie spürte Falks Erregung über seinen Triumph. Als sie den Klub betraten, entschuldigte sie sich, ging in die Toilette, schloss sich in einer Kabine ein, setzte sich auf den Toilettendeckel und ließ den Kopf zwischen die Beine sinken. Sie fühlte sich schrecklich schwach, und ihr Atem ging schnell und flach. Das Spiel schien aus zu sein. Wenn Frederik seinem Bruder erzählte, dass Édouard mit einer Schussverletzung nach Hause gekommen war, schöpfte Falk Verdacht. Möglicherweise hatte Frederik bereits die Gestapo alarmiert.
Und an alldem war sie schuld. Sie hatte Édouards Vertrauen missbraucht und durch ihren Versuch, Venetia zu warnen, seine unter Mühen aufgebaute Tarnung sowie ihn selbst gefährdet.
»O Gott, was habe ich getan?«, stöhnte Connie.
Venetia – gehörte sie zu den wenigen Glücklichen, denen wie Édouard die Flucht gelungen war? Oder saß sie in einer Zelle im Gestapo-Hauptquartier und wartete auf die Folter, der SOE -Agenten und Angehörige der Résistance für gewöhnlich unterzogen wurden, bevor man sie erschoss?
Connie verließ die Kabine, erfrischte sich mit kaltem Wasser aus dem Hahn, zog ihre Lippen nach und redete ihrem Spiegelbild gut zu. Sie wusste, dass Édouard, wenn er nicht schon verhaftet war, so viel Zeit wie möglich zum Genesen brauchte.
Und die würde sie ihm verschaffen …
Édouard lag mit zusammengebissenen Zähnen im Bett. Nach dem Bad hatte Sarah die Wunde für ihn gesäubert, desinfiziert und verbunden.
»Monsieur Édouard«, sagte Sarah, »Sie wissen, dass Sie die Wunde eigentlich im Krankenhaus versorgen lassen müssten. Sie ist ziemlich tief, vielleicht befinden sich noch Reste der Kugel darin.«
»Sarah, Ihnen dürfte klar sein, dass das nicht geht. Hat Frederik das Haus inzwischen verlassen?«
»Nein, er ist nach wie vor mit Mademoiselle Sophia in der Bibliothek.«
Édouard griff nach Sarahs Hand. »Für mich ist es höchstwahrscheinlich aus. Mindestens zwei Gestapo-Offiziere haben mich in dem Café gesehen. Was bedeutet, dass der ganze Haushalt unter Verdacht steht. Ich …« Als Édouard versuchte, sich aufzusetzen, sank er vor Schmerz aufstöhnend in die Kissen zurück. »Sarah, wir haben unser Vorgehen für einen solchen Fall besprochen. Sie müssen so schnell wie möglich mit Mademoiselle Sophia und Constance zum Château in den Süden. Die Gestapo kann jeden Augenblick hier auftauchen.«
»Monsieur …« Sarah schüttelte den Kopf. »Ich arbeite seit fünfunddreißig Jahren für diese Familie und ziehe den Hut vor Ihrem Mut. Vor zwei Jahren ist mein Mann von diesen Schweinen erschossen worden. Sie wissen, dass ich Sie nicht allein lasse.«
»Sie müssen, Sarah, Sophia zuliebe«, drängte Édouard sie. »Bitte bereiten Sie alles für den Aufbruch vor. Im Sekretär in der Bibliothek sind Geld und Ausweise für Sie alle. Mit ein bisschen Glück schaffen Sie es damit, Paris zu verlassen, doch vor dem Überqueren der Vichy-Linie müssen Sie sich neue Papiere beschaffen. Ich sage Bescheid, dass Sie kommen. Meine Leute werden Ihnen helfen, ich …«
Da klopfte es an der Schlafzimmertür.
»Machen Sie auf. Und tun Sie dann das, was ich Ihnen gesagt habe.«
Sarah öffnete die Tür. Davor standen Frederik und Sophia, die sich bei ihm untergehakt hatte.
»Ihre Schwester wollte Sie sehen, Édouard«, erklärte Frederik. »Wir machen uns Sorgen um Ihre Gesundheit. Dürfen wir hereinkommen?«
»Natürlich.«
»Bruder, was ist passiert?« Sophia tastete voller Angst nach seiner Hand. »Bist du schlimm verletzt?«
»Nein, meine Liebe. Es ist nur eine Fleischwunde. Ich bin in einen Schusswechsel geraten.« Édouard war sich im Klaren darüber, dass jedes Wort, das er sagte, das Todesurteil für ihn selbst und seine Schwester bedeuten konnte. Doch Frederiks sorgenvoller Blick war nicht auf ihn oder die winzigen Kugelsplitter gerichtet, die Sarah aus der Wunde
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