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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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heruntergerattert kam. Die Scheinwerfer hielten direkt auf mich zu, und ich stand auf und winkte heftig, als der Fahrer das Auto zum Stehen brachte und mit einer Taschenlampe in der Hand ausstieg.
    »Alles in Ordnung?«, rief der Mann, während er die Augen mit der Hand beschirmte und den Lichtkegel auf mich richtete.
    »Ja, alles in Ordnung«, sagte ich. »Ich bin’s, Alex Cooper. Kenny – bist du das?«
    »Ja. Hast du dein Boot hier unten? Ist etwas –? Um Himmels willen, Alex, du siehst aus, als wärst du die ganze Nacht bei dem Wetter draußen gewesen.«
    Kenny Bainters Familie lebte seit sechs Generationen als Fischer und Schafzüchter auf der Insel. Er kannte mich schon sehr, sehr lange.
    Er ging zurück zum Truck und holte eine Decke aus der Kabine. Ich folgte ihm und ließ sie mir zähneklappernd um die Schultern hängen.
    »Bist du ins Wasser gefallen oder was?«
    »Nein, nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Jemand … jemand hat während des Sturms in mein Haus eingebrochen. Ich … äh … ich bin hier runtergeflohen. Ich habe gehofft, du könntest mich zur Polizei in Chilmark bringen.«
    »Wer zum Teufel war das, Alex? Ein paar Jungs, die dir einen Schreck einjagen wollten? Ich fahr mit dir zurück und wir –«
    »Nein, bitte nicht. Es waren keine Kinder, das weiß ich.« Die meisten der Inselbewohner kannten mich nur als Sommergast und wussten nichts von den Gefahren, die mein Job als Staatsanwältin mit sich brachte. Kenny würde vermutlich nicht verstehen, dass mich der Eindringling aller Wahrscheinlichkeit nach hatte umbringen wollen.
    »Na, dann schnappen wir uns den Scheiß–«
    »Fährst du mich einfach zum Revier? Das ist wirklich alles, was ich brauche.«
    »Das und etwas Warmes zum Anziehen, Mädchen. Ich kann dich nicht hinfahren. Der Sturm hat ein paar Stromleitungen runtergerissen und die Hauptkreuzung blockiert. Hat hier oben ganz schön was angerichtet. Ich mach dir einen Vorschlag: Ich schau schnell nach den alten Stinktöpfen, und wenn nötig, schöpfen wir einen aus und ich schipper dich über den Teich. Was hältst du davon?«
    »Glaubst du, dass es sicher ist rauszufahren?«, fragte ich mit einem Blick auf die Wasseroberfläche.
    »In einer halben Stunde wird das Wasser so ruhig sein wie in einer Badewanne. Der Sturm ist schon weit draußen über dem Atlantik. Steig in den Truck und schalt die Heizung ein.«
    »Lass mich dir helfen, Kenny«, sagte ich lahm, als er in seinen hüfthohen Gummistiefeln ins Wasser watete.
    »Ich hab schon Vogelscheuchen gesehen, die eine größere Hilfe waren als du, Alex. Jetzt geh schon und wärm dich auf.«
    Einige kleine Motorboote lagen umgekippt und mit aufgerissenem Rumpf am Strand. Viele Boote waren beschädigt worden, und ein paar hatten sich losgerissen und schaukelten weiter draußen auf dem Wasser. Überall lagen Fässer und Bojen, Netze und Seile herum. Aber Kenny hatte Recht: Die Wellen plätscherten jetzt sanft gegen die felsige Küste.
    Nachdem er alles überprüft hatte, zog er die Plane von einem kleinen Schlauchboot, das den Sturm unbeschadet überstanden hatte. Er zerrte es ins Wasser und legte den Motor über die Seite.
    »Komm schon, Mädchen. In fünf Minuten sind wir da.«
    In die Decke gewickelt, kletterte ich vom Kai ins Boot, setzte mich auf den Rand und hielt mich links und rechts an den Schlaufen fest.
    Trotz des wolkenbedeckten Nachthimmels konnte ich das auffällige rote Dach der früheren Küstenwache sehen, in der jetzt das Polizeirevier untergebracht war. Ich wusste, dass es einen eigenen Generator hatte, und soweit ich beurteilen konnte, war es das einzige Haus im Ort, in dem Licht brannte.
    Kenny vertäute das kleine Schlauchboot am Kai vor dem Homeport-Restaurant. Ich kletterte von Bord, sobald wir angelegt hatten. »Du brauchst nicht mitzukommen«, sagte ich. »Ich schulde dir etwas, Kenny.«
    »Du schuldest mir gar nichts. Gib mir nur die Decke zurück, sobald sie trocken ist. Sie hält meinen Hund warm, wenn er den ganzen Winter über mit mir unterwegs ist.«
    »Dann sag ihm schon mal danke fürs Leihen.« Ich warf ihm einen Kuss zu und ging die hundert Meter zum Revier.
    »Kann ich Ihnen helfen, Ma’am?«
    Die Wanduhr hinter dem Kopf des Beamten zeigte halb zwei.
    »Chip? Ich bin’s, Alex Cooper.«
    Er stutzte. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Ich werde Ihnen alles erzählen, sobald ich mich umgezogen habe. Haben Sie auch weibliche Beamte, die vielleicht ein paar trockene Zivilklamotten für mich im

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