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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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explizit.«
    Robelon und ich würden beide versuchen, diese Tatsache zu unseren Gunsten auszulegen. Er würde argumentieren, dass Tripping die Mittel gehabt hätte, sie zum Sex zu zwingen. Ich würde es als einen Beweis ihrer Glaubwürdigkeit anführen, dass sie trotz des Vorhandenseins so vieler scharfer Objekte niemals die Drohungen des Angeklagten übertrieben hatte.
    Paige Vallis fuhr fort, die Vergewaltigung zu beschreiben, die in der nächsten Stunde in Trippings kargem Schlafzimmer stattfand. Sie wechselten kein Wort, nachdem er von ihr verlangte, dass sie sich auszog und aufs Bett legte. Er bewegte und positionierte sie, wie er wollte, und unterwarf sie einer Vielzahl sexueller Handlungen, die sie den Geschworenen im Detail schildern musste. Sie sagte, dass sie von dem Moment an, als sie das Zimmer betreten hatte, bis zu dem Zeitpunkt, als ihr Peiniger neben ihr eingeschlafen war, geweint hatte.
    »Um wie viel Uhr war das?«
    »Ungefähr vier Uhr morgens.«
    »Sind Sie dann gegangen?«
    »Nein. Ich lag einfach nur ruhig im Bett, bis das Tageslicht durch die Jalousien drang. Ich stand auf und zog mich an. Leise, sehr leise. Ich weckte Dulles und half ihm beim Anziehen. Dabei sah ich noch mehr blaue Flecken, auf seinen Unterarmen und Oberschenkeln. Andrew musste mich gehört –«
    »Einspruch.«
    »Ich hörte ein Geräusch in Andrews Schlafzimmer, also trieb ich den Jungen zur Eile an. Als wir die Eingangstür erreichten, stand Andrew neben der Wohnzimmertür im Flur. Ich sagte ihm, dass ich Dulles zur Schule bringen würde und dass ich meine Privatnummer auf den Telefonblock geschrieben hätte, für den Fall, dass ich in Zukunft irgendwie behilflich sein könne.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er fragte mich noch einmal, ob ich zur Polizei gehen würde, und machte ein paar Schritte auf uns zu. Ich drehte mich um und sah ihm in die Augen. Ich stellte mich vor den Jungen und schob ihn näher zum Treppenhaus.«
    »Haben Sie geantwortet?«, fragte ich.
    »Ja. Ich sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen, er solle aber auch nicht näher kommen. ›Ich kann nicht zur Polizei gehen‹, sagte ich. ›Ich habe letztes Jahr einen Mann umgebracht.‹«

12
     
    Wir können uns unsere Zeugen nicht aussuchen – so hatte ich es den Geschworenen in meinem Eröffnungsplädoyer gesagt. Jetzt würden sie selbst hören, was Paige Vallis einige Monate vor ihrer Bekanntschaft mit Andrew Tripping passiert war.
    »Haben Sie die Wahrheit gesagt, als Sie dem Angeklagten mitteilten, dass Sie einen Mann umgebracht haben?«
    Paige war jetzt seltsamerweise ruhiger als zuvor. »Ja.« Sie änderte ihre Sitzhaltung und sah die Geschworenen direkt an. »Ich meine, nicht vorsätzlich. Letztes Jahr, kurz nach Thanksgiving, starb mein Vater. Er war fast achtundachtzig und schlief einfach ein. Er hatte seit seiner Pensionierung vor über zwanzig Jahren allein in einem kleinen Haus in Virginia gelebt. Ich war das einzige Kind – er hatte spät geheiratet und wollte keine große Familie, weil er beruflich so viel unterwegs war.«
    Robelon stand wieder auf und erhob Einspruch. »Euer Ehren, das wäre eine schöne Geschichte für den Biografie-Kanal«, sagte er abfällig, woraufhin einige der Geschworenen lächelten, »aber meiner Ansicht nach zählt nur, dass Ms. Vallis einen Mann umgebracht hat. Punkt.«
    »Dürfen wir näher treten?«, fragte ich.
    Moffett winkte Paige aus dem Zeugenstand, während wir das Thema an der Richterbank diskutierten. »Worauf wollen Sie hinaus, Alexandra?«
    »Falls Peter nicht beabsichtigt, meine Zeugin im Kreuzverhör darauf anzusprechen, wie und warum sie … äh, in diese Situation geraten ist, werde ich meine Finger davon lassen. Aber falls er vorhat, auch nur eine einzige Frage über den Tod des Mannes zu stellen, werde ich die Fakten während meiner Befragung ans Tageslicht bringen. Ms. Vallis hat nichts zu verbergen.«
    »Wie sieht’s aus, Pete?«
    »Ich habe natürlich ein paar Fragen an sie. Aber ich verzichte gern darauf, um das hier zu beschleunigen.«
    »Das heißt, Sie werden das Thema auch in Ihrem Schlussplädoyer nicht ansprechen?«, fragte ich. Ich wusste, dass Robelon, nachdem er alle Fakten gehört hatte, ganz wild darauf sein würde, die Geschworenen daran zu erinnern, dass Vallis sich schon einmal verteidigt hatte, als sie sich in tödlicher Gefahr befunden hatte. Er würde argumentieren, dass sie sich gegen Tripping ebenso hätte wehren können. Ich wollte die Unterschiede betonen, und zwar

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