Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
Vom Netzwerk:
Einstiegsgehälter betrugen knapp ein Viertel dessen, was ein Associate in einer Anwaltskanzlei für Unternehmensrecht verdiente, und ihr einziger Bonus lag in dem Gefühl, sinnvolle Arbeit zu leisten. Sie brauchten keine Yachten oder Kunstsammlungen, um glücklich zu sein.
    Ich blieb unter dem Ölgemälde eines großen schwarzhäutigen, nur mit einem Lendenschurz bekleideten Mannes stehen, der einen langen Stab mit der Flagge des New Yorker Yachtclubs in der Hand hielt. Ich bezweifelte, dass er ein Mitglied war.
    »Ein eigenartiger Anblick.«
    »James Gordon Bennett – Sie wissen schon, der Verleger des New York Herald – schickte einen seiner Reporter, Henry Stanley, 1871 nach Afrika, um den berühmten Dr. Livingstone zu finden, der seit Monaten vermisst wurde. Bennett war damals unser Commodore. Als Stanley auf dem Rücken eines Maultiers aus dem Dschungel geritten kam, ging ihm dieser Nubier mit unserem Clubwimpel voran. Sportsmänner ohne Furcht und Tadel.«
    »Ganz schön geschichtsträchtig«, sagte ich mit einem flüchtigen Blick auf die Porträts und Gedenktafeln, die vom Boden bis zur Decke reichten. »Danke, dass Sie dieses Treffen vorgeschlagen haben. Muss ich mir Sorgen machen, dass Peter Robelon angeklagt wird, bevor ich den Fall abgeschlossen habe? Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist, dass der Prozess platzt, weil uns der Verteidiger abhanden gekommen ist.«
    »Keine Angst. Man fängt gerade erst an, Informationen zu sammeln und einen Fall daraus zu basteln.«
    »Gibt es irgendetwas, das ich Paul Battaglia als Friedensangebot überbringen kann? Er sähe es nur zu gern, wenn ich den Tripping-Fall so schnell wie möglich über die Bühne bringen würde.«
    »Sie meinen, etwas, das selbst Jack Kliger noch nicht über Peter Robelon weiß?«, fragte Hoyt.
    »Das wäre ein guter Anfang.«
    Er vergrub die Hände in den Hosentaschen und klimperte mit seinem Kleingeld. Ich versicherte ihm lächelnd, dass alles, was er mir erzählte, lediglich Battaglia weichklopfen würde, meine Entscheidungen zu unterstützen.
    »Erinnern Sie sich, was vor einigen Jahren mit ImClone passiert ist? Sam Waksal hat nach und nach die Aktien abgestoßen, als er Wind davon bekam, dass die Gesundheitsbehörde das Medikament, das sein Pharmaunternehmen testete, nicht zulassen würde.«
    »Natürlich. Klassischer Insiderhandel. Sogar sein Vater und seine Tochter waren involviert, ganz zu schweigen davon, dass Martha Stewart in die ganze Sache mit hineingerutscht ist.«
    »Sagen Sie Ihrem Boss, dass Robelon in dasselbe Netz hineingeraten ist. Die Börsenaufsichtsbehörde wurde auf die Firma seines Bruders aufmerksam. Eine kleine Firma, die normalerweise fünfhunderttausend Aktien am Tag handelt, schoss auf drei Millionen empor. Peters Handy war aktiver als die 101. Division der Luftwaffe während eines Shock-and-Awe-Angriffs.«
    »Und Jack Kliger weiß –?«
    »Er kennt nur die Spitze des Eisbergs, Alex«, fiel mir Hoyt ins Wort, um meinen Forscherinstinkt zu bremsen. »Ich rufe Sie am Montagvormittag vor der Verhandlung an.«
    Ich ging die 44. Straße hinunter und dann auf der Fifth Avenue in Richtung Norden. Es war ein herrlicher Herbstnachmittag, aber trotz des klaren Himmels und der milden Temperaturen machte ich mir eine mentale Notiz, meinen Hausmeister auf Martha’s Vineyard anzurufen und ihn zu bitten, mein Haus dicht zu machen. Nur für den Fall, dass Hoyts Hurrikanwarnung zutraf.
    Um halb fünf lag ich gemütlich auf dem Friseurstuhl und ließ mir von Elsa meine blonden Strähnchen auffrischen und von Nana für den heutigen Theaterbesuch eine schicke Frisur verpassen.
    Als ich um halb sieben nach Hause kam, waren keine neuen Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter. Jake kam kurz nach mir von einer Joggingrunde durch den Park zurück.
    »Was steht an?«, fragte er.
    »Wir treffen uns mit Joan und Jim kurz vor acht vorm Theater. Nimmst du die Tickets?« Ich deutete auf die Kommode, während ich ein schwarzseidenes Etuikleid aus dem Schrank nahm. »Anschließend Abendessen im ›21‹. Hältst du es bis dahin aus?«
    »Ja, ich habe im Büro eine Story recherchiert und mir dort etwas zum Mittagessen besorgt.«
    Wir nahmen ein Taxi zum Barrymore-Theater, wo unsere Freunde schon unter der Markise auf uns warteten. Ralph Fiennes gab die Hauptrolle in Othello , und die Kritiken vom Londoner West End waren fabelhaft gewesen. Wir machten es uns auf unseren Plätzen gemütlich und plauderten, bis die Lichter ausgingen und sich der

Weitere Kostenlose Bücher