Der leiseste Verdacht
misshandelt?«
Annika drehte sich erschrocken zu Katharina um.
»Natürlich weiß er das nicht.« Sie schien über eine solche Vermutung empört zu sein. »Er würde furchtbar wütend werden, wenn er es wüsste. Marco hat großen Respekt vor Bengt.«
Katharina kam die Angelegenheit immer ungereimter vor.
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»Aber wenn Bengt so nett ist und Marco solch einen Respekt vor ihm hat, wäre es da nicht nahe liegend, Bengt um Hilfe zu bitten?«
Annika seufzte unwillkürlich über Katharinas mangelnde Logik. »Das würde ich nie wagen«, sagte sie. »Stell dir vor, er würde Marco rausschmeißen. Und es wäre meine Schuld. Marco würde mich auf der Stelle umbringen.«
Katharina verspürte eine ohnmächtige Wut.
»Ja, aber …«, beharrte sie, »glaubst du nicht, dass Bengt sich fragt, warum Marco abends in die Stadt fährt oder bei ihm hockt, anstatt die Zeit mit seiner Frau zu verbringen?«
Darüber schien sich Annika noch keine Gedanken gemacht zu haben. Eine Weile dachte sie schweigend nach. Dann sagte sie resigniert: »Er denkt sicher, dass ich ihn langweile.«
»Hat euch Bengt schon mal gemeinsam zu sich eingeladen?«
»Ja, einmal, ganz am Anfang. Da hat er uns zum Essen eingeladen. Er ist ein guter Koch. Aber ich weiß, dass Marco sich schämt wegen mir. Auch in Stockholm wollte er mich nie dabeihaben. Und bestimmt will er auch nicht, dass ich so viel Kontakt zu Bengt habe.«
»Warum sollte er das tun? Ich meine, sich wegen dir schämen?«
»Er sagt, dass ich langweilig und dumm bin und die Leute abschrecke. Als wir noch in Stockholm waren, hat er immer gesagt, wir könnten es uns nicht leisten, dass ich all seine Verbindungen kaputtmache.«
Katharina hätte am liebsten laut aufgeschrien, beherrschte sich jedoch und sagte mit Nachdruck: »Ich finde, dass du heute eine sehr, sehr gute Entscheidung getroffen hast, Annika. Eine Entscheidung, die von Selbstbehauptung und Intelligenz zeugt.
Pass auf, dass er dich nicht findet. Verändere dein Aussehen, wenn du kannst. Zieh in eine andere Stadt. In Anbetracht von 177
Marcos Freunden wäre es am besten, wenn du nicht in Stockholm bliebst. Können deine Eltern dir irgendwie helfen?«
Sie näherten sich Christiansholm. Katharina fuhr durch einen Vorort.
»Mein Vater kann mir bestimmt Geld leihen«, sagte Annika.
»Gut. Aber schau vor allen Dingen, dass du Stockholm so schnell wie möglich wieder verlässt.«
Annika sagte zögerlich: »Vielleicht kommt Marco ins Gefängnis. Dann kann ich mich endlich sicher fühlen. Jetzt ist er etwas zu weit gegangen.«
Katharina warf ihr einen raschen Blick zu. »Wie meinst du das?«
»Deswegen bin ich doch abgehauen. Ich glaube, er ist total verrückt geworden.«
»Das ist er zweifellos. Du meinst, noch verrückter, als ich glaube?«
Annika wand sich in ihrem Sitz und schaute Katharina flehentlich an. »Du darfst niemand etwas verraten, aber ich glaube, er hat jemanden umgebracht.«
Katharina hätte fast das Steuer losgelassen.
»Was sagst du da?«, schrie sie und machte eine Vollbremsung, ehe sie den Wagen an der Bürgersteigkante zum Stehen brachte.
Sie stellte den Motor aus und starrte Annika entgeistert an, die erneut in Tränen ausgebrochen war.
»Ich wollte nichts sagen, ich … hab mich nicht getraut. Aber du bist so gut zu mir gewesen. Versprich mir, dass du niemandem davon erzählst. Du darfst auf keinen Fall zur Polizei gehen, weil dann rauskommt, dass ich geplappert habe.«
Katharina war sprachlos. Ihre Fähigkeit, auch außergewöhnliche Mitteilungen gefasst zur Kenntnis zu nehmen, schien sie im Stich zu lassen. Sie musterte die schluchzende Frau neben sich. War sie eine notorische 178
Lügnerin? Sollte sie Annika lieber in die Psychiatrie als zum Bahnhof bringen? Doch dann erinnerte sie sich daran, was sie mit eigenen Augen gesehen hatte. Den geschundenen Körper.
»Warum hast du nicht früher davon erzählt?«, fragte sie matt.
»Weil ich mich nicht getraut habe. Ich wage nicht einmal daran zu denken.«
»Was ist geschehen? Wen hat er getötet? Erzähl es mir jetzt!«
Katharina hörte den gereizten und fordernden Ton ihrer Stimme, doch sie konnte sich nicht länger beherrschen.
»Ich glaube, er hat jemanden in der Stadt getötet. Jemanden, den er hin und wieder besucht hat.«
»Wann soll das gewesen sein?«
»Heute Nacht.«
»Heute Nacht? Woher willst du das wissen?«, fragte Katharina skeptisch.
»Versprichst du, nicht zur Polizei zu gehen?«
»Versprochen.«
»Er ist gestern Abend
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