Der leiseste Verdacht
dieser Zeit. Er hatte Energie für drei und sprühte vor Ideen. Ab und zu rief Axel aus Stockholm an und entwarf großartige Visionen. Nach der Ausstellung in Stockholm sollten sie ihr Augenmerk auf New York richten, wo er ausgezeichnete Kontakte habe.
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Katharina machte aus ihrer Antipathie gegenüber Axel keinen Hehl und bezweifelte seine Redlichkeit als Geschäftsmann.
Doch Patrik wiegelte lachend ab: »Natürlich ist er ein Filou, ist es immer gewesen, aber er ist auch ein exzellenter Verkäufer, und solange er mich nicht übers Ohr haut, soll er ruhig weiter dafür sorgen, meine Bilder unter die Leute zu bringen. Sie sind schließlich jede einzelne Krone wert, die er den Leuten aus der Tasche zieht. Außerdem ist es ein herrliches Gefühl, als Maler so geschätzt zu werden.«
Ja, das Geschäft ging glänzend, und sie freute sich für Patrik, doch insgeheim blieb eine gewisse Skepsis, die sie für sich behielt.
Dann war endlich die Zeit für die große Einzelausstellung gekommen. Sie fand im Herbst statt und wurde, wie Axel prophezeit hatte, ein großer Erfolg. Doch der Triumph währte nicht lange. Leider fiel die Ausstellung zeitlich mit Axels wirtschaftlichem Kollaps zusammen, den natürlich niemand vorausgesehen hatte. Und wie Axel nun einmal war, wartete er nicht auf seine Gläubiger, sondern machte sich mit sämtlichem Geld, das ihm verblieben war, aus dem Staub, wohl wissend, dass ein Großteil dieses Geldes Patrik gehörte.
Die Katastrophe war nicht mehr zu leugnen, und Patrik fiel aus allen Wolken. Katharina erging es nicht anders, denn obwohl sie gewisse Zweifel an Axels Rechtschaffenheit gehegt hatte, hätte sie ihm eine solche Kaltblütigkeit niemals zugetraut. Doch im Gegensatz zu ihr, die geneigt war, das Ganze als bittere Erfahrung abzuhaken, dürstete Patrik nach Rache. Wenn er auch nicht an Axels Blut interessiert war, so wollte er diesem wenigstens den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Er weigerte sich, die Tatsache zu akzeptieren, dass Axel ihn hereingelegt hatte. Natürlich hatte er Anzeige erstattet, und die polizeilichen Ermittlungen liefen, doch erwartete sich niemand einen raschen Erfolg. Patrik nahm die Angelegenheit also selbst in die Hand.
Monatelang trieb ihn sein Rachedurst zu einer wilden Jagd auf 41
den flüchtigen Galeristen. Ohne Erfolg. Erst gegen Weihnachten hatte er sich so weit beruhigt, dass man es einigermaßen mit ihm aushalten konnte. Katharina atmete auf und hoffte auf bessere Zeiten.
In den letzten beiden Monaten war sogar seine Arbeitslust zurückgekehrt.
Tatsächlich hatte dieser Frühling so hoffnungsvoll begonnen.
Sie war sicher gewesen, dass sie auch diesen Sturm gemeinsam überstanden hatten. Bis vor ein paar Tagen dieser Brief gekommen war. Ein Brief von jemandem, der behauptete, Patrik zumindest zu einem Teil seines Geldes verhelfen zu können.
Unmittelbar nach Erhalt des Briefes war Patrik in seine alte Verbitterung zurückgefallen. Sie erkannte es an seinen Augen, die rastlos umherirrten, ohne etwas Bestimmtes wahrzunehmen.
Er wollte sofort nach Stockholm aufbrechen, und sie konnte ihn nicht daran hindern.
Sie selbst war der ganzen Angelegenheit so überdrüssig, dass sie Gespräche über den Verkauf von Bildern kaum noch ertragen konnte. Sie setzte in diesen Brief, den sie nie zu Gesicht bekommen hatte, keine Hoffnungen, hatte aber auch keine Lust, über das Thema mit ihm zu diskutieren. Sollte er doch einfach fahren.
Jetzt war er zurück, und man konnte beim besten Willen nicht behaupten, dass die Lage sich verbessert hatte.
Sie warf einen Blick auf die Uhr und ging in den
Zeitschriftenraum. Patrik saß in einem niedrigen Sessel, der Kopf war auf die Brust gesunken. Sie bückte sich und hob die Zeitung auf, die zwischen seinen Füßen lag, faltete sie zusammen und schüttelte ihn leicht an der Schulter.
»Es ist fast elf Uhr«, sagte sie leise.
Er zuckte zusammen und sah sich verwirrt um. Dann gähnte er und streckte die Beine.
»Ja, danke.«
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Ein älterer, weißhaariger Herr, der die Sydsvenskan las, blickte neugierig herüber.
»Gehört das Wecken zum Service des Hauses?«, fragte er.
PM schaute ihn ernst an. »Nur wenn man einen dieser neuen Plastikausweise besitzt«, antwortete er.
Katharina enthielt sich eines Kommentars und verließ lächelnd den Raum.
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6
Am selben Tag
PM schob behutsam die angelehnte Tür auf und erblickte Roffes breiten Rücken. Er betätigte die Tastatur seines Computers, über dessen Bildschirm
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