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Der letzte Abend der Saison

Der letzte Abend der Saison

Titel: Der letzte Abend der Saison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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sie gegen die Handfläche. Er ging runter, vergaß aber, die zweite Treppenstufe von unten zu überspringen. Die Treppe bog sich unter seinem Schritt knarrend nach unten.
    »Ich fühle mich nicht gut.«
    Er antwortete nicht.
    »Es ist, als würde mir schwindelig.«
    »Was soll ich tun?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Aber du kannst hier sitzen, bis es vorbeigeht. Es geht schnell vorbei.«
    Es geht nie vorbei, dachte er.
    Er schaute auf den Bildschirm und dieselben Menschen saßen dort und lachten einander zu. Der Ton war sehr leise.
    »Warum hast du es so leise eingestellt, dass du nicht hörst, was die Leute sagen?«
    »Ich höre es.«
    »Ist wahrscheinlich sowieso egal«, meinte er.
    »Was?«
    »Ob man nun hört, was sie sagen.«
    »Jetzt kann ich es einmal leise und schön haben, wenn du nicht da oben dein Tam-tam-tam spielst.«
    »Gott im Himmel.«
    »Du sollst seinen Namen nicht auf diese Weise im Mund führen, Ingemar. Aber wenn du es lauter stellen willst, bitte schön.«
    Er stand auf.
    »Wohin gehst du?«
    »Ich hole mir noch ein Bier«, sagte er und in dem Moment klingelte das Telefon.
    Sie sieht erschrocken aus, dachte er nach dem zweiten Klingeln. Es ist, als würde hier jemand einbrechen.
    »Wer könnte das sein?«
    Er ging zur Anrichte und nahm den Hörer auf. Er hörte zu, ohne etwas zu sagen. Warum tue ich das?
    Es war sie.
    »Ingemar?«
    »Ja.«
    »Warum hast du nichts gesagt, als du den Hörer abgenommen hast?«
    Er antwortete nicht.
    »Warum sagst du nichts, Ingemar?«
    »Wir brauchen nichts«, sagte er in den Hörer und sah gleichzeitig zu seiner Mutter.
    »Was? Ingemar?«, sagte die Frauenstimme im Telefon.
    »Wir haben schon eine gute Versicherung«, fuhr er fort.
    »Verdammt noch mal …«
    »Die gilt für das Haus und alles, was wir besitzen.«
    »Du bist nicht allein«, hörte er die Stimme der Frau im Hörer.
    »Nein.«
    »Du kannst nicht frei sprechen.«
    »Nein.«
    »Himmel noch mal«, sagte sie. »Können wir uns in einer Stunde an der Weide treffen?«
    »Das ist ein gutes Angebot, aber ich muss darüber nachdenken.«
    Seine Mutter hörte zu. Sie hatte den Ton im Fernseher mit der Fernbedienung abgestellt.
    »Ich rechne damit, dass du kommst«, sagte die Frau im Telefon.
    »Ja.«
    »Das hier ist deine letzte Chance.«
     
    Mein Arm hatte so lange halb aus dem Autofenster gehangen, dass er nicht mehr länger zum Körper zu gehören schien. Er fühlte sich gleichzeitig kalt und heiß an, die Sonne hatte die Haut verbrannt, aber der Fahrtwind hatte sie gekühlt. Das war ein besonderes Gefühl, das ich noch nicht kannte. Seltsam, denn wir fuhren nicht zum ersten Mal in der Dämmerung. Der Arm fühlte sich wie mein Kopf von innen an, da war auch ein Gefühl von Kälte und Hitze. Das war natürlich die Sehnsucht.
    Während die Sonne unterging, wurde der Wind für eine kurze Zeit stärker, dann legte er sich und die Wärme kehrte zurück.
    Heute Abend fuhr Ingo. Er hatte sich rasiert, und als wir von zu Hause wegfuhren, hing der Duft seines Rasierwassers schwer im Auto, aber jetzt hatte sich der Geruch von dem Fahrtwind verflüchtigt. Er trug eine schwarze verspiegelte Brille und sah geradeaus. Ich war der Einzige, der zu den Seiten schaute, als wir in die Stadt hineinfuhren.
    »Wohin?«, fragte Ingo und ich musste lachen. Er fuhr die Storgatan hinunter und stellte das Auto am Park ab.
    Als er den Motor abdrehte, dachte ich daran, dass wir zwei Stunden gefahren waren. Das Auto brauchte Wasser und Ruhe.
    »Keine Mädels unterwegs heute«, sagte Ingo.
    »Der Abend ist noch jung.«
    »Das sind die Mädels hoffentlich auch, wenn wir sie irgendwann finden«, meinte Ingo.
    »Ja.«
    »Die sind in ihren Sommerhäusern.«
    »Was?«
    »Die sind mit Mama und Papa in ihren schicken Sommerhäusern«, wiederholte Ingo.
    »Wo?«
    »Was?«
    »Wo sind diese Sommerhäuser?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Aber du weißt, dass es sie gibt, oder?«
    »Das hier ist so ein Bonzenkaff.«
    Ich antwortete nicht. Ein offener Mercedes kam um die Ecke und fuhr langsam an uns vorbei. Zwei Typen in V-Pullovern betrachteten uns und verschwanden dann mit einem Kickstart.
    »Bonzenkaff, sage ich doch«, meinte Ingo.
    »Sollen wir uns was holen?«
    »Was?«
    »Wenn du nichts vom Kiosk willst, dann fahren wir weiter.«
    »Wohin?«, fragte Ingo und ich lachte.
    An der Kreuzung vorm Domus standen zwei Mädchen. Das war wie eine Fata Morgana. Wir fuhren vorbei und sie sahen uns an, als wären sie blind.
    »Was meinst du?«,

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