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Der letzte Abend der Saison

Der letzte Abend der Saison

Titel: Der letzte Abend der Saison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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da draußen im Wald etwas Schreckliches passieren können, wenn ich mich zu einem der Mädchen setzte.
    Ich ließ mich auf dem Beifahrersitz nieder und Ingo fuhr zurück zur Hauptstraße und dann zur Stadt. Das Licht flimmerte über ihr wie eine Kuppel, als wäre sie während unserer Abwesenheit in eine viel größere Stadt verwandelt worden. Die Luft außerhalb des Autos war warm, aber mein Körper war müde. Ich merkte, dass es Ingo genauso ging, denn er sagte überhaupt nichts mehr. Die Mädchen warteten auf den nächsten Schritt. Sie sagten nichts davon, dass sie aussteigen wollten, aber wir blieben wieder an der Kreuzung vorm Domus stehen.
    Im Rückspiegel sahen die Gesichter der Mädchen plötzlich schön und von den Schatten dunkel aus, vielleicht enttäuscht.
     
    Als wir nach Hause fuhren, wandte ich den Blick nicht von der Lichtkuppel über der Stadt. Ich sah sie fast den ganzen Weg lang im Rückspiegel, erst als wir auf den letzten fünf Kilometern einen Hügel hinabfuhren, verschwand alles Licht hinter den Bäumen.
     
    Sie waren kürzlich eingezogen. Es war ein älteres Viertel. Die Häuser stammten aus den zwanziger Jahren, mit großen Gärten. Die schmale Einbahnstraße davor wurde gerade mit Tischen voll gestellt.
    Er war rausgegangen und hatte zugeschaut. Als die Leute sich ein Stück weiter weg versammelten, begriff er, dass es ein Fest geben würde für die, die in dem Viertel wohnten.
    Niemand hatte ihnen etwas davon gesagt, aber es hatte auch nicht viel Gelegenheit dazu gegeben, dachte er.
    Sie hatten ihre Sachen reingetragen und waren dann sofort zu ihren Eltern aufs Land gefahren und erst jetzt zurückgekommen.
    Er hatte die Idee nicht so gut gefunden, aber sie hatte gemeint, die Alten würden das erwarten. Eine Woche würde doch keine Rolle spielen. Und sie hatten ja vorher nicht wissen können, dass sie das Haus kaufen würden. Trotzdem hätte man einen Zettel über das Fest in ihren Briefkasten werfen können, dachte er und sah eine Familie, die auf der anderen Straßenseite vorbeiging und sich ein wenig entfernt hinsetzte. Verdammt, dachte er und ging zurück ins Haus.
    »Da ist irgendein Fest«, sagte er.
    »Ja, hab ich auch schon gesehen«, meinte sie und schaute aus dem Fenster.
    »Wir sind nicht eingeladen.«
    »So ein Fest ist das nicht.«
    »Nicht so ein Fest, zu dem wir eingeladen werden?«
    »Alle sind eingeladen, wenn ein Nachbarschaftsfest ist, das weißt du ganz genau.«
    »Man soll also einfach so kommen?«
    »Ich glaube schon.«
    »Sie hätten uns eine Einladung geben können.«
    »Wieso das denn?«
    »Weil wir neu sind.«
    »Jetzt sei nicht albern.«
    »Verdammt«, sagte er.
    »Jetzt reg dich nicht auf. Geh rein zu Pelle«, sagte sie, »dann sehe ich, was ich tun kann.«
    »Aber wir können nicht ewig warten. Die Leute fangen ja schon an, sich da draußen zu versammeln.«
    »Geh rein zu Pelle«, sagte sie.
    Er ging in den Flur zurück und dann in das größte Zimmer des Hauses, doch sein Sohn war nicht da. Aus dem Garten hörte er Stimmen. Er ging durch das Zimmer und trat auf den kleinen Balkon hinaus, der vom Zimmer abging. Das war einer der Gründe gewesen, warum sie das Haus gekauft hatten.
    Die Jungs waren hinten an der Hecke zugange und der Sohn rief ihm etwas zu, als er ihn sah.
    Er ging hinüber und sah das Kreuz über dem Grab.
    »Zack brauchte ein neues Kreuz«, sagte der Sohn.
    »Das hier ist Mårten«, sagte der Sohn, »er hat massenhaft Holz.«
    »Wir haben jede Menge auf unserem Grundstück«, sagte der Junge.
    »Hast du deinen Papa gefragt?«, erkundigte er sich, doch der Junge schien seine Frage nicht richtig zu verstehen.
    »Wir haben jede Menge auf unserem Grundstück, man muss sich nur nehmen«, sagte der Junge, der Mårten hieß.
    Das wird ja schön im Winter, dachte er.
    »Ist das nicht ein schönes Kreuz, Papa?«
    Er antwortete nicht.
    »Es ist schön, oder?«, beharrte der Sohn.
    »Ja«, sagte er. »Aber jetzt gehen wir ein bisschen auf die Straße und feiern zusammen mit allen Nachbarn.«
    »Zack kann nicht feiern«, sagte der Sohn.
    »Zack hat es gut hier.«
    »Wie kann man es gut haben, wenn man tot ist?«, fragte der Sohn und er wusste nicht, was er darauf antworten sollte.
    »Meine Mama und mein Papa sind da«, sagte der Junge und warf seinen Arm herum, als würde er um das Haus herum zeigen.
    »Wir gehen jetzt auch dorthin«, sagte er.
    »Sie haben sich gefragt, wer hier wohl eingezogen ist.«
    »Wir sind eingezogen«, sagte er.
     
    Die Sonne

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