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Der letzte Abend der Saison

Der letzte Abend der Saison

Titel: Der letzte Abend der Saison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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sagte ich. Ingos Augen waren hinter der Sonnenbrille unsichtbar.
    »Was?«
    »Sollen wir umdrehen?«
    »Was?«
    »Zurückfahren. Mädels. Jetzt stell dich nicht so blöd.«
    Er wendete den Wagen an der Brücke. Die Mädchen standen noch da. Die eine war dunkel und die andere blond. Die Sonne schien ihnen in die Gesichter, die dadurch wie verschwommen waren. Ingo hielt an und ich lehnte mich hinaus. Jetzt sah ich ihre Gesichtszüge. Nicht übel, aber daran dachte ich jetzt gerade nicht.
    »Hallo.«
    Die Dunkle nickte.
    »Was läuft denn so?«
    Sie antworteten nicht.
    »Die Stadt sieht ziemlich ausgestorben aus«, sagte ich.
    »Erzähl was Neues«, sagte die Blonde und grinste.
    »Ihr kommt wohl nicht von hier, was?«
    Sie waren auch Fremde. Nur Fremde liefen an Sommerabenden auf den Straßen herum.
    »Nein«, sagte ich. »Wir sind auf der Durchreise.«
    Ingo verzog das Gesicht. Er sagte nichts. Die ganze Verantwortung lag auf mir.
    Die Blonde sah aus, als wolle sie die Dunkle mit sich ziehen und gehen. Die Dunkle gefiel mir besser. Vielleicht weil sie nichts gesagt hatte.
    »Wollt ihr mit uns eine Runde durch die Stadt drehen? Die Sehenswürdigkeiten anschauen?«
    »Habt ihr was zu trinken?«, fragte die Blonde.
    »Was?«
    »Habt ihr Alk?«
    »W… nein.«
    »Wir gehen«, sagte die Blonde zu der Dunklen, die immer noch nichts gesagt hatte.
    »Wartet.«
    »Was?«
    »Wartet«, wiederholte ich. »Wir wissen einen Ort.«
    Ingo sah mich an.
    »Was redest du?«, fragte die Blonde.
    »Wir haben einen … Kontakt«, log ich. »Es gibt einen Typen ein Stück vor der Stadt, der verkauft Bier.«
    »Was meinst du?«, sagte die Blonde und wandte sich jetzt der Dunklen zu. Die Dunkle zuckte mit den Schultern.
    Ich kletterte aus dem Auto und öffnete die Tür zum Rücksitz. »Es ist fünf Kilometer vor der Stadt.«
    »In welche Richtung?«
    »Nach Norden.«
    »Wie Norden? Ich weiß nicht, wo Norden liegt.«
    Ich zeigte es. Das tat ich auch für Ingo, damit er eine Ahnung hatte, wohin er fahren sollte. Ich wusste, dass es ein Stück Richtung Norden eine Abzweigung von der Hauptstraße gab, und die würden wir nehmen und dann würde man weitersehen.
    Die Mädchen krochen auf den Rücksitz. Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet. Ingo wandte sich mir zu und ich wusste, dass er mich hinter dem Spiegelglas fassungslos anglotzte. Ich sah nur mein Gesicht, das sich in seinen Brillengläsern spiegelte. In der schräg einfallenden Sonne sah es rot aus.
     
    Wir bogen von der Asphaltstraße ab, und als wir ein Stück weit auf dem trockenen Schotter gefahren waren, fing es an, nach Wald und Wasser zu riechen. Die Mädchen hatten nichts gesagt und ich fand, dass es ein wenig seltsam war, dass sie sich trauten mitzukommen. Wir hätten ja sonst wer sein können. Wir kamen zu einem Dorf. Dort gab es drei Häuser und zwei Scheunen. Ein Hund fing an, in seinem eingezäunten Hof gegenüber von dem größten Haus zu bellen. Das war wie ein Gefühl der Sicherheit, als wäre der Hund da, uns zu beschützen.
    »Ist es hier?«, fragte die Blonde.
    »Ja«, erwiderte ich und Ingo schaute mich wieder an.
    »Das Haus dort hinten.« Ich zeigte auf ein verfallenes Holzhaus hinter dem, wo der Hund stand und bellte. Ingo fuhr hin und hielt an, ich stieg aus und ging den Kiesweg hinauf. Wenn jemand aufmachen würde, würde ich sagen können, dass wir uns verfahren hätten und nach der Hauptstraße suchten.
    Es gab keine Klingel. Ich klopfte an das Glas in der Tür. Es geschah nichts und so klopfte ich wieder.
    »Keiner zu Hause«, sagte ich, als ich wieder am Auto war und mich durch das Fenster zum Rücksitz hineinlehnte.
    »Es ist zehn Uhr, was macht man denn hier um diese Zeit, wenn man nicht zu Hause ist?«, fragte die Blonde.
    Die einzige Antwort, die ich hatte, war, dass das hier ein Sommerhaus war und dass die Sommergäste noch nicht gekommen waren oder dass sie abgereist waren! Aber das konnte ich nicht sagen.
    Es fing an dunkel zu werden. Im Wald war es dunkler als in der Stadt. Plötzlich wollte ich nur noch weg. Ich hatte eigentlich vorschlagen wollen, dass die Blonde sich nach vorn zu Ingo setzen sollte und dass ich mich zu der Dunklen auf den Rücksitz setze, doch jetzt hatte ich alles Interesse verloren. Solange es warm gewesen war, hatte der Schwanz bei diesem Gedanken hochgestanden, aber jetzt war er wieder schlapp. Die Gedanken waren zum Kopf gewandert und der Kopf passte mit dem Rest nicht so recht zusammen. Mir war übel. Es war, als würde

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