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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Farbe, sondern bedeutet
Schwarzer Drache oder Schwarze Schlange.«
    Â»Also doch Schwarztee!«
    Â»Nein, Oolong! Soll ich es Ihnen auf die Augenlider tätowieren?«
    Pit schüttelte belustigt den Kopf. »An Ihnen ist ja ein
Horrorregisseur verloren gegangen.«
    Bietigheim brühte den Oolong fachmännisch auf. »Wie Sie vielleicht
bemerken – oder eher nicht –, ist Oolong ein Zwitter zwischen grünem und
schwarzem Tee. Er ist halbfermentiert.« Er warf seinem Schüler einen strengen
Blick zu. »Sie sollten sich wirklich Notizen machen. Wenn Sie das alles nicht
wissen, schaffen Sie es niemals in die Belegschaft des Tea House.«
    Pit tippte auf seine Schläfe. »Ist alles schon in meinem portablen
Supercomputer gespeichert.«
    Â»Ich höre Sie morgen vor Ihrem Vorstellungstermin ab. Und für jeden
Fehler gibt es …« Der Professor geriet ins Stocken.
    Â»Gibt es was? Einen Eintrag ins Klassenbuch? Stockhiebe?
Vegetarische Wochen?«
    Â»Unsinn, aber ich werde mir etwas ausdenken.«
    Â»Na, da bin ich aber gespannt.«
    Â»Nun zum letzten Tee. Dem schwarzen. In Ostasien ist er allerdings
als roter Tee bekannt. Beim schwarzen Tee kommt es zur kompletten Fermentation.
Dabei werden die Polyphenole zu gelben Theaflavinen und roten Thearubiginen
umgesetzt – dies führt zu dem süßlicheren Geschmackseindruck. Das Chlorophyll
verliert durch die Fermentation das Magnesium-Ion im Molekül und damit auch die
grüne Farbe. Das müssen Sie aber nicht wissen.«
    Â»Ist also nicht prüfungsrelevant, was bin ich beruhigt.«
    Nach der Zubereitung – diesmal mit kochendem Wasser – probierte Pit
auch diesen Tee. »Den mag ich, noch lieber wäre er mir allerdings mit Zucker
und Milch. Das ist für mich richtiger Tee.«
    Â»Heute Abend werde ich Ihnen noch zwei Sonderarten vorstellen. Zum
einen den Pu-Erh-Tee, der eine dunkle, rote Farbe hat. Er ist, wenn man so
will, ein gereifter und speziell hergestellter Grüntee und neben einigen
Oolong-Tees der einzige, welcher durch Reifung an Qualität und Geschmack
gewinnt. Typischerweise schmeckt er nach Waldboden, manchmal aber auch nach
Algen, Holz, Rauchspeck oder geräuchertem Fisch.«
    Â»Mann, da freu ich mich aber schon drauf!«
    Â»Der zweite Tee wird ein Gelbtee sein.«
    Â»Dann hätte ich aber gerne auch Blau-, Lila- und Rosatee, um nix
auszulassen.«
    Bietigheim fuhr unbeirrt fort. »Gelber Tee ist sehr selten, er liegt
zwischen grünem Tee und Oolong und ist unfermentiert. Ein berühmter gelber Tee
ist der Göttertee. Sie werden damit aber sicher nicht konfrontiert werden.
Schlussendlich …«
    Â»â€¦Â aber wirklich schlussendlich!«
    Â»â€¦Â gibt es aromatisierten Tee. Man denke an Rosentee, an Fruchtaromen
wie Kirsch, Gewürze wie Vanille, natürliche wie naturidentische Beigaben. Es
gibt sowohl aromatisierte Grün- als auch Schwarztees. Der berühmteste
aromatisierte Tee ist der …«
    Â»â€¦Â Earl Grey, der mit dem Öl der Bergamotte, einer Zitrusfrucht,
verfeinert wird. Benannt nach dem britischen Premierminister Charles Grey. Bei
einer Schiffsfahrt soll Bergamottöl an Teeballen gekommen sein – und der gute
Lord Grey beschloss, das Zeug nicht wegzuschmeißen, sondern selbst zu trinken.
Und siehe da: es schmeckte super! Zack brachte er es in den Handel.«
    Bietigheims Mund stand weit offen. Wäre eine Schwalbe
vorbeigekommen, hätte sie ein Nest darin gebaut.
    Â»Da staunen Sie, was?« Pit strich stolz über seine polierte Glatze. »Haben
wohl gedacht, der alte Pit bereitet sich nicht auf seinen Urlaub vor! Ha!« Er
stand auf und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, das er dort nach einem
Einkauf am Vorabend deponiert hatte. »Na gut, ich gebʼs ja zu: Dass ich so viel
über Earl Grey weiß, ist Zufall. Es ist nämlich der Lieblingstee von Captain
Jean-Luc Picard aus ›Raumschiff Enterprise‹.«
    Â»â€ºRaumschiff Enterprise‹? Sie überraschen mich doch immer
wieder. Auf unangenehme Art und Weise.« Bietigheim räumte die Tea Taster in die
Spüle und holte Bennos Hundeleine, denn er wollte vor dem Mittagessen noch
jemanden aufsuchen.
    Â»Wo gehen Sie denn jetzt hin, Professore? Und kann ich mitkommen?«
    Bietigheim schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Sie bleiben schön
hier. Im Wohnzimmer finden Sie das Handout

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