Der letzte Aufstand
selbst, aber alles andere war ein Schauspiel.
Kurz bevor er das Hotel betrat, gab er seiner Rolle einen Extra-Energie-Stoss, indem er einige Male tief ein und aus atmete. Dann stieg der die vier Treppenstufen zum Eingang hoch und es ging los.
Mireille und Philippe sassen an einem Tisch in einer Ecke. Als sie ihn eintreten sahen, stand Mireille auf. Sie winkte ihm zu. Mireille trug ein weisses Kleid, unter dem fein gezeichnet ihre Unterwäsche zu sehen war. Sie hatte teuer anmutende Ohrringe an und machte den perfekten Eindruck einer Dame mit Bildung und Niveau.
Unglaublich, dachte Guillaume, als er lächelnd auf die beiden zu ging. Sie wirken beide so sympathisch. Niemand auf der Welt hätte geglaubt, dass dieses süsse Paar in den späten Fünfzigern ruchlose Kriminelle waren, die ohne mit der Wimper zu zucken ein menschliches Leben beendeten, wenn es ihnen nicht passte.
Guillaume streckte ihnen die Hand entgegen. „Tut mir Leid. Bin ich zu spät?“
„Nicht der Rede Wert!“
Er setzte sich und bestellte sich ein Glas Rotwein.
„Kann ich es sehen?“
Philippe lächelte Mireille an. „Er hat es eilig. Das ist gut.“
„Sie können sich ja nicht vorstellen, was wir momentan für einen Renn auf dieses Bild erleben. Wir wissen nicht mal wie das geschehen konnte, weil wir doch wirklich diskret vorgegangen sind, aber in der Zwischenzeit haben sich noch zwei weitere Interessenten bei uns gemeldet, die das Bild heute sehen wollen.“
Sie spielte mit ihrem Armring, als sie das sagte.
„Das treibt natürlich den Preis in die Höhe ...“, fügte Philippe an. Seine gepflegten Hände legten eine Papiertüte auf den Tisch und begannen flink das in ein Tuch gewickelte Bild frei zu legen. Mireille nahm es in die Hände, positionierte sich auf ihrem Stuhl so, dass sie Guillaume anschaute, und legte das Bild auf die Schoss.
„Nehmen Sie sich Zeit. Am besten lässt man es zuerst mal auf sich wirken.“ Das Bild zeigte eine im Mondlicht tanzende nackte Frau.
Guillaume hätte beim besten Willen nicht sagen können, ob es wie ein Matisse aussah oder nicht, aber das musste er nicht mal überspielen. Sein Undercover-Charakter hätte das ebenfalls nicht sagen können. Also sass er einfach mit offenem Mund da und staunte das Bild an.
„Das ist also ein echter Matisse?“, sagte er.
„Durch und durch!“, sagte Mireille,
„Hat er immer in diesem Stil gemalt?“
„Das Bild entstammt seiner letzten Schaffensperiode vor seiner Erkrankung. Es gehört zu den Kunstwerken, die er fertigte, als er seinen eigenen Stil gefunden hatte, was das Bild für die meisten Leute natürlich nur umso attraktiver macht.“, antwortete Philippe. Er hatte ein überhebliches Lächeln im Gesicht.
„Es gefällt mir sehr gut. Würde gut in meinen Flur passen ...“
Philippe und Mireille tauschten einen Blick aus.
„Monsieur Grand, wir haben die Sache bevor Sie kamen noch einmal durch besprochen. Wir würden das Bild ungerne irgend jemandem verkaufen, sondern am liebsten Ihnen. Wir denken es würde bei Ihnen in angemessner Würde behandelt werden. Aber sind Sie wirklich bereit tief in die Tasche zu greifen? Überlegen Sie sich das gut. Immerhin ist es ein Matisse, kein neues Fahrrad ...“
Guillaume streichelte mit den Fingern über den Rand des Bildes. „Es gefällt mir wirklich sehr gut. Wie viel wollen Sie dafür?“
„Nun, die Dame, die das Bild heute Nachmittag besichtigt, hat uns bereits ein Angebot von 1,8 Millionen gemacht, und das ohne dass sie das Bild schon gesehen hätte. Dieses Angebot müssten Sie natürlich übertrumpfen.“, sagte Philippe.
Mireille legte das Bild flach auf die Schoss und begann in ihrer Aktenmappe zu kramen, welche auf dem Tisch lag. Sie zog zwei amtlich wirkende Blätter hervor.
„Hier sind die beglaubigten Zertifikate von zwei unabhängigen Kunstexperten aus Paris.“ Sie legte sie Guillaume vor die Nase.
Er nahm sie, hielt sie in Lesedistanz vor die Augen und überflog den Text. Dann legte der eine Kunstpause ein. Blick nach innen gerichtet, als habe er ein intensives Selbstgespräch. In Wirklichkeit zählte er auf sieben, um tiefes Nachdenken zu simulieren.
Das Ehepaar frass ihn währenddessen mit gierigem Blick fast auf.
„Ich nehme es! Ich biete ihnen 1,8 Millionen Euro und noch einen Hunderter drauf, womit ich das Angebot der Dame übertrumpft hätte. Deal?“
Philippes Mundwinkel zuckten. Mireille hielt ihm die Hand hin. „Einverstanden! Das Bild wird Ihnen nur Glück bringen,
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