Der letzte Aufstand
Monsieur Grand!“
Guillaume schlug ein. „Nennen Sie mich Julien!“
Philippe lehnte sich über den Tisch und schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter. „Freut mich, dass es bei dir an der Wand landet, Julien! Ich bin Philippe. Ich bestelle uns einen Cognac. Dann stossen wir an.“
Philippe Broccart drehte sich der Bar zu. Mit lauter, selbstsicherer Stimme rief er der Bedienung die Bestellung zu. Dann rutschte er seinen Sessel näher an den Tisch. „Das müssen wir feiern, Julien. Wir haben schon gedacht, wir müssten den Matisse an einen dieser stinkreichen alten Böcke verkaufen, die sowieso nicht mehr wissen, wo sie die Bilder alle hin hängen sollen. Ist mir sehr recht, dass ein junger Kerl wie du einen Sinn für Kunst hat! Sonst landet das Bild noch in einem Safe, anstatt an einer Wand.“
Guillaume lächelte. „Ich werde es in Ehren halten.“
In dem Moment hallte ein kurzes Wort durch das Foyer des Hotels. „Ha!“
Mireille drehte sich dem Ruf zu. Ihre Augen wanderten zwischen Guillaume und dem Rufenden hin und her. „Da will jemand etwas von Ihnen, Julien ...“
Guillaume drehte sich um. Mit einem riesigen Grinsen im Gesicht und gerade ausgestreckter Hand kam Robert, ein alter Kollege aus der Schule, auf ihn zu.
Verdammt, dachte Guillaume. Was jetzt? Was um Himmels Willen hatte Robert in einem Hotel wie diesem verloren? Er trug einen Anzug. War er in den letzten vier Jahren seit dem letzten Klassentreffen zu einem Geschäftsmann geworden? Mist!
„Guillaume, alter Knabe! Das ist ja ewig her!“ Robert war jetzt auf Tischhöhe. „Mein Gott, wann haben wir uns das letzte mal gesehen? Immer noch bei der Polizei?“
Scheisse, war das einzige Wort, das Guillaume in seinem Kopf Runden drehen hörte; es hämmerte wie ein Presslufthammer an seine Schädeldecke. Verdammte Scheisse!
Es verging keine Sekunde, da stand Philippe auf, brachte Robert mit einem direkten Kinnhaken zu Fall, und stand dann mit erhobener Waffe hinter Guillaume. Er drückte ihm das Eisenteil in den Rücken, als wolle er ein Bohrloch anlegen.
Vier Polizisten in Zivil kamen wie aus dem Nichts aus versteckten Winkeln des Foyers hervor. Wie Feuerameisen waren sie alle auf einen Schlag da, um einem Kollegen aus der Patsche zu helfen. Jetzt waren fünf Waffen auf Guillaume gerichtet. Eine hatte er von hinten im Rücken, die anderen vier zoomten von vorne auf ihn ein. Gemeint waren sie zwar für Philippe, aber da dieser hinter ihm stand, sah Guillaume sich mit einer Überdosis an Pistolenläufen konfrontiert.
„Lassen Sie die Waffe fallen! Das Haus ist umstellt. Sie sind verhaftet, Philippe Broccart!“, schrie Manuel, Schützenkönig des zweiten Reviers.
Guillaume spürte, wie die freie Hand von Broccart zu seinem Kopf hoch wanderte. Mit viel zu viel Kraft zog er an Guillaumes Haar, so dass sich dessen Kopf nach unten auszudehnen schien. Die andere Hand hielt die Waffe jetzt direkt gegen seine Schläfe.
„Wir gehen jetzt ganz langsam hier raus. Verstehen Sie? Wenn Ihnen das Leben Ihres Freundes etwas Wert ist, dann lassen Sie uns jetzt ruhig das Hotel verlassen. Klar?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, stiess Philippe Guillaume vorwärts. Mireille bewegte sich wie eine Wildkatze elegant in den Schatten von Philippe und folgte, als sei die ganze Sache unzählige Male einstudiert worden.
„Auf den Boden!“, krächzte Guillaumes Chef heiser. Doch Philippe Broccart liess sich nicht der Spur nach beirren.
„Einfach ruhig bleiben und wir alle werden den Tag überleben! Bleiben Sie, wo Sie sind! Oder wollen Sie heute noch die Familie von dem Spitzel hier anrufen, um ihnen zu sagen, dass Sie ihn auf dem Gewissen haben? Einfach ruhig bleiben!“, antwortete er, als spreche er mit einer Horde Kindern.
Zwanzig Sekunden später wurde Guillaume Kopf voran auf den Hintersitz eines Taxis geschoben. Philippe nahm neben ihm Platz, während Mireille sich hinter das Lenkrad setzte. Der Taxifahrer hatte seinen Wagen von selbst verlassen, als er verstand was los war.
Manuel, der Chef und zwei andere Kollegen standen jetzt zwar auf dem Vorplatz des Hotels, Waffen immer noch feuerbereit, doch Guillaume wusste, dass sie ihn gehen lassen mussten. Es war zu brenzlig.
„Du weisst wohin, Kleines!“, sagte Philippe zu Mireille.
Mireille nickte und fuhr los, als habe sie als Kind Rennfahrerblut im Brei gehabt. Ein greller Ton von klebrigem Gummi auf heissem Asphalt drang von aussen durch die Karosserie in das Wageninnere. Der Wagen spulte
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