Der letzte Aufstand
kurz erinnerte.
„Es war plötzlich. Ich sass in einem Kaffee in der 22. Strasse. Und dann hat es Bang! gemacht, als entlade sich ein Gewitter in meinem Kopf. Dann waren sie da. Aber ich hab sofort gewusst, dass es nicht meine Gedanken sind.“
„Und trotzdem musstest du den Anschlag ausführen?“
„Wie wehrst du dich gegen etwas, das in deinem eigenen Kopf abgeht? Sag mir das! Ich kann dir sagen, je mehr du dich wehrst, desto stärker wird der Gedanke!“
☸
Paris, 10 Tage nach „Tag X“
18.45 Uhr
„Was meint ihr mit Trittbrettfahrer? Das Wort fiel vorher einige Male.“, fragte Henk, als er mit Palms alleine in der Küche sass. Helena war mit Tam und Terry im Büro geblieben, weil sie ihnen die Security- Aufnahmen vom Bistro zeigen wollte.
„In der Geschichte von Taaah nennt man diese Leute die Maulvögel. Kurz vor der Wende des Adlers waren sie fast überall bei uns, und zwar in Taaah und in Noooh. Erinnerst du dich an die Geschichten über die Maulvögel?“
„Mein Meister hat mir viel über sie erzählt. Ich erinnere mich bestens. Aber denkst du wirklich, dass es nur die Maulvögel sind, die die Gewalt vorwärts treiben? Sind die Theken wirklich so nah an der Wende des Adlers? Was ich bis jetzt von ihrer Gesellschaft gesehen habe, ist nicht gerade eine Bestätigung dafür ...“
Palms fuhr sich durch das Haar und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Du hast recht. Es ist noch nicht Zeit für die Wende, aber der Adler befindet sich momentan eindeutig im Torkelflug. Erinnere dich an die Flugbahn eines ausgewachsenen Maulvogels, wenn er jagt ... das Torkeln ... genau dort sind die Theken jetzt, würde ich sagen.“
Aus dem Büro hörte man plötzlich Stimmen, die sich erhoben. Palms blickte Henk an. „Meister, schnell!“, rief Terry aus dem Büro.
Henk erhob sich ohne Verzögerung, seine Bewegungen andächtig wie ein Puma, der ohne sichtliche Anstrengung einen Baum hoch klettert. Er ging zum Büro; Palms folgte ihm. Terry winkte nervös. Er zeigte auf den Monitor, während Tam seine Nase ganz nah an die Bildschirmoberfläche drückte, als wolle er jedes einzelne Pixel separat erfassen.
„Es ist doch etwas faul an der Sache!“, sagte Helena zu Palms. Henk starrte auf das pausierte Bild auf dem Monitor. Man sah Jean Vurieux an der Bar mit einem Bier vor sich und an einem Tischchen Takashi im Anzug mit einer Tasse Tee vor sich. Neben Takashi, am Nachbartisch, sass ein Mann in seinen Vierzigern und las Zeitung. Nur dass er sie verkehrt rum hielt, was man der Schlagzeile auf dem Kopf entnehmen konnte. Man sah sein Profil, doch das schien zu genügen. Henk stellte seinen Finger auf die Monitorscheibe, genau dort, wo im Standbild die Zeitung des Mannes war. Dann sagte er zwei Worte.
„Prinz Melbar!“
Palms trat näher an den Monitor.
„Bist du sicher?“, fragte er den Leibgardisten.
„Sicher wie eine Brücke von Malchyar!“
Palms ging noch näher. „Ich habe Prinz Melbar das letzte Mal gesehen, als er ein zwölfjähriger Knabe war. Ich hätte ihn nie und nimmer erkannt.“
„Ich habe ihn als Leibgardist über zehn Jahre seines Lebens begleitet. Ich würde ihn in einer grossen Menschenschar auf fünfzig Meter Distanz ausmachen können.“, antwortete Henk.
„Was ist eine Brücke von Malchyar?“, fragte Helena.
Palms wandte sich ihr zu. „Vor der Wende des Adlers hatte unser Volk viele Katastrophen zu erdulden. Wir hatten Erdbeben und Erdrutsche, Fluten und Vulkanausbrüche. Vieles unserer damaligen Kultur ging unter. Unendliche viele Bauwerke fielen zu Schutt in sich zusammen, aber nach der Wende des Adlers standen alle Brücken, die Malchyar, ein Architekt des Königshauses, gebaut hatte, noch genau so sicher an Ort und Stelle wie vor der grossen Wende. Als könne man ihnen nichts anhaben. Seit dann assoziieren wir Sicherheit mit den Brücken von Malchyar ...“
Palms lächelte, und man hatte das Gefühl ein klein wenig Heimweh leuchte aus dem Lächeln.
Helena nickte.
„Das heisst also, dass wir den Beweis haben! Prinz Melbar hat irgend etwas mit dem Terror zu tun ...“, sagte sie.
„Es nicht so zu sehen, hiesse die Augen gehörig zu verschliessen.“
Palms berührte seinen Begleiter.
„Ludovic, stell mir bitte eine Verbindung zu allen ATO- Mitarbeitern her. Notfall-Modus! Sie sollen die Nachricht hören, egal ob sie den Begleiter anhaben oder nicht!“
Er wartete einen Moment lang. Dann schien die Verbindung zu stehen. „Hier spricht Oliver
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