Der letzte Aufstand
sich.
“Und wie haben Sie auf diese Verletzung reagiert?”
“Ich nahm Kampfunterricht bei einem der besten Schläger in Tripoli. Ich investierte all mein Sackgeld in den Unterricht und arbeitete in einem Restaurant in der Küche, um noch mehr Unterricht nehmen zu können. Und dann verpasste ich ihm eine Lektion, die er nie wieder vergessen wird.”
Sonja Bodmer ergriff das Wort.
“Was genau haben Sie getan und wie fühlen Sie sich heute in Bezug auf Ihre Reaktion?”
“Ich habe ihm beide Arme gebrochen.”, sagte Kahil. Dann überlegte er.
“Ich denke heute, dass ich übertrieben habe. Ein Arm hätte genügt, aber das zumindest war nötig. Der Kerl war ein Sadist. Er liebte es anderen Menschen weh zu tun, nicht nur mir. Ich denke, er brauchte dringend eine Lektion und ich hab ihm die Lektion verpasst. Danach wurde er viel umgänglicher und er liess die Leute in Ruhe ...”
Das Interview ging in ähnlicher Art und Weise weiter. Nach einer Stunde gab es eine kurze Pause, in der Kahil wiederum alleine gelassen wurde. Man brachte ihm einen Kaffee und die junge Frau mit dem Rundschnitt sagte ihm, er solle sich bitte für seine Präsentation bereit machen.
Kahil fragte sich, wie er wohl bis jetzt abgeschnitten hatte. Eins war sicher, das wusste er: Man würde ihm sicher nicht Mangel an Ehrlichkeit vorwerfen können.
Was war das für ein Job, für den er hier interviewt wurde? Sie suchten einen empathischen Allrounder? Was auch immer das war... Kahil wusste nur, dass er sich aus irgend einem mysteriösen Grund für die Stelle interessierte. Anfangs hatte er noch Angst gehabt, dass es sich um eine unseriöse Firma handeln könnte, aber als er die Webseite der EIRS angeschaut hatte, wurde ihm schnell klar, dass es sich um eine ernstzunehmende Angelegenheit handeln musste. Die EIRS war eine führende Headhunting Firma, die die 50 grössten Konzerne der Welt zu ihren Kunden zählte.
Er schaltete sein Airbook an und lud die Präsentation, dann wartete er und schlürfte seinen Kaffee. Er freute sich auf den Moment, wo die beiden ihm etwas mehr über die Stelle erzählen würden.
Als die Tür wieder aufging, wurde sie wiederum energisch und schnell aufgerissen. Heinz Bodmer kam alleine ins Zimmer.
“Möchten Sie noch ein Glas Wasser, bevor Sie mit der Präsentation beginnen?”
Kahil verneinte dankend.
“Gut, dann würde ich Sie jetzt bitten die Präsentation zu beginnen, aber während der Präsentation kein Wort zu sprechen.”
“Wie bitte?”, fragte Kahil.
“Wir schauen uns einfach gemeinsam die einzelnen Bilder Ihrer Präsentation an und schweigen. Wie viele Seiten sind es?”
Kahil blickte kurz auf das geöffnete Programm. “Es sind 25.”
“Prima, beginnen Sie bitte!”
Heinz Bodmer rückte mit seinem Stuhl näher zu Kahil, so dass er auch auf den Bildschirm sehen konnte. Die Sache wurde immer befremdlicher, aber Kahil tat wie ihm aufgetragen. Er klickte auf die Start-Fläche und das erste Dia erschien auf dem Bildschirm. Jedes Bild blieb genau 15 Sekunden auf dem Bildschirm, bevor es vom darauf folgenden abgelöst wurde. Fünfundzwanzig mal fünfzehn Sekunden würde die Präsentation dauern. Kahil konnte nichts anderes tun, als sich zurück zu lehnen und die Seiten zum zwanzigsten Male anzuschauen. Er hatte die Präsentation im Flugzeug fertig gemacht und kannte den Verlauf auswendig.
Der Präsident der EIRS derweil schaute interessiert auf den Bildschirm, während die Sekunden langsam verstrichen. Es war eine eigenartige Situation mit einem fremden Menschen zusammen zu ... schweigen. Heinz Bodmer sass ganz still in seinem Stuhl und rührte sich kaum. Seine Augen ruhten auf dem Bildschirm, aber Kahil wagte es nicht ihn anzublicken. Auch er starrte einfach auf das Laptop und wartete bis die ca. sechs Minuten vorbei waren. Es dauerte eine kleine Ewigkeit bis es soweit war.
Doch dann war die Diashow zu Ende.
“Sehr interessant!”, sagte Herr Bodmer. Er schaute Kahil ernst an. Dann fuhr er fort.
“Vielen Dank für all Ihre Mühe, aber ich glaube kaum, dass Sie für die Stelle in Frage kommen. Vielen Dank für Ihre Zeit! Wir werden Ihnen die Spesen und Unkosten auf das Konto überweisen, das Sie uns angegeben haben. Sie sollten das Geld in einer Woche zurückerstattet haben. Sollen wir Ihnen ein Taxi rufen, das Sie zum Flugplatz zurück fährt, oder wollen Sie noch etwas in der Stadt bleiben und die Sehenswürdigkeiten von Rom bewundern? Das Kolosseum wurde gerade wieder einmal neu
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