Der letzte Aufstand
bezweifle, dass er dir gross helfen kann, wenn ich loslege.“
„Allahs Wille geschehe.“, sagte Kahil.
Henk seufzte. Er liess mehrere Sekunden verstreichen. Dann streckte er die Hand nach dem Ordner aus, hob ihn hoch und begann darin rum zu blättern. Verdammt, dachte Kahil, jetzt muss er mich nicht mal foltern, sondern kriegt alles auf dem Tablett serviert. Henk blätterte den Ordner von vorne bis hinten durch. Dann legte er ihn wieder beiseite.
„Ich muss wissen, was ich wissen muss. Wir haben eine Schlacht vor uns und ich habe vor zu gewinnen. Wie ist dein Name?“, fragte er.
Kahil versuchte sich nichts anmerken zu lassen. War der Typ blöd? Hatte er nicht gerade den Ordner durchgeblättert? Er blieb ruhig.
„Ich heisse Kahil El-Badouj.“
„Gut, Kahil. Mein Name ist Henk Bretun. Ich bin dafür verantwortlich heraus zu finden, was ihr vorhabt. Ich kenne Männer wie dich, Kahil. Du denkst du seist stark nur weil du physische Scherzen ertragen kannst, aber ich sage dir, die wirklichen Schmerzen sind nicht von dieser Welt.“
„Ich werde nichts sagen. Da haben vor dir schon ganz andere versagt!“, antwortete Kahil selbstsicher.
Henk schaute auf die Uhr, die er am rechten Arm trug.
„In genau drei Minuten werden meine Freunde anfangen deine Freundin auseinander zu nehmen. Und das dauert so lange, bis du mir sagst was ich wissen will.“
„Feigling!“, sagte Kahil. Er spuckte dem Mann vor die Füsse.
„Hab ich dich schon gebrochen?“
„Du bist meinen Atem nicht wert!“
„Wir warten.“ Henk nahm das Stück Holz, an dem er geschnitzt und das er auf die Bank gelegt hatte, bevor er schlafen gegangen war. Seelenruhig setzte er sein Messer an. Dann schälte er Schicht für Schicht, Hobel für Hobel von dem Holz ab. Kahil fokussierte auf seine Augen. Null Gewalt. Von dem Mann ging keinerlei Aggression aus, obwohl er ihn soeben beleidigt hatte. Was sollte das?
Schliesslich warf er wieder einen Blick auf die Uhr.
„In zehn Sekunden wird deine Freundin zu leiden beginnen.“
„Was seid ihr für Menschen?“
Henk betrachtete sein Stück Holz, dann blickte er Kahil in die Augen ohne zu antworten.
„Noch drei Sekunden.“
Kahil fühlte sich wie auf einem Schiff. Der Horizont schien plötzlich hin und her zu schwanken. Er wusste, dass er genug stark war jegliche Form von Schmerzen einstecken zu können, aber indirekt mit seinem Schweigen Lea Schmerzen zufügen, konnte er das? Wie lange? War er wirklich dazu bereit Lea zu opfern, um die ATO zu schützen? Verdammt, so viel hing von der ATO und ihrer Mission ab. Er durfte diesen Leuten nichts sagen. Kahil rüttelte an seinen Handschellen, versuchte die Hände aus den zu engen Metallteilen zu ziehen. Er schloss die Augen und sandte ein Stossgebet in den Himmel.
Möge Allah uns beistehen.
Dann hörte Kahil einen Schrei. Es war Lea. Die Distanz zum See minderte zwar die Lautstärke des Schreis, aber es war unverkennbar Leas Stimme gewesen.
„Wir haben angefangen.“, sagte Henk.
Er legte das Holz hin, ging kurz ins Innere der Hütte und kam mit einem schwarzen Rucksack wieder heraus. Er drehte Kahil seinen Rücken zu, legte den Rucksack auf die Bank, durchforstete ihn nach irgendetwas. Schliesslich wandte er sich wieder Kahil zu. In seiner Hand hielt er ein spitzes langes Metallteil, das wie eine Aale aussah. Das Eisen verlief konisch nach vorne und gipfelte in einem Spitz, der mit Stahl versetzt war und deshalb eine andere Farbe hatte. Das Ding war fast einen halben Meter lang.
„In meiner Muttersprache nennen wir das ein Vard. “ Er drehte das Ding um die eigene Achse und liess es von der linken in die rechte Hand hin und her wandern.
„Man kann damit ganz genaue Wunden stechen, so dass keine Organe verletzt werden, weil Lea sonst innerlich verbluten würde. Was meine Freunde jetzt zu tun begonnen haben, kann unendlich lange weiter getan werden.“
Eine Amsel sang im Hintergrund eine Melodie, die wohl ein Weibchen anlocken sollte. Doch diese heitere Musik wurde jäh von einem zweiten Schrei durchbohrt. Kahil ballte seine Fäuste, sein Kiefer verkrampfte sich. In seiner Fantasie rupfte er die Handschellen auseinander und rannte zu Lea, um sie aus den Händen dieser Bestien zu befreien. Leider nur in seiner Fantasie.
„Sie haben vorne begonnen.“, sprach Henk weiter. Er hielt das Vard mit dem Spitz gegen seinen Magen. „Wenn man vorsichtig ungefähr hier hineinsticht, kann man am Magen vorbei stechen. Das sind einige Zentimeter, von
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