Der letzte Aufstand
denken und zu fühlen, ob seine Zähne eine Antwort hatten. Er tat das mit jedem der drei Orte. Dann lächelte er sich wieder an.
Tatsächlich, seine Zähne hatten eine Meinung. Tom strahlte. Er war auserwählt, sogar seine Zähne begannen mit ihm zu kommunizieren! Wenn das nicht der Beweis dafür war, dass das Jenseits mit ihm sprach! Der Beweis dafür, dass die Bombe im Fussballstadion der Plan der Götter war.
Die Zähne hatten sich für einen Supermarkt in West-Brüssel entschieden. Die Würfel waren gefallen. Tom nahm die Bombe, die in einem breiten Plastiksack verstaut war, pflückte seinen Autoschlüssel von der Kommode im Flur und war unterwegs nach West-Brüssel. Die Vorfreude liess ihn die ganze Fahrt über lächeln.
Als er bei dem Supermarkt ankam, parkierte er das Auto in einer Seitenstrasse leicht abseits. Leichten Fusses ging er die zweihundert Meter bis zu Supermarkt. Das grosse Schild über dem Eingang, auf dem der Name der Supermarktkette stand, schien ihn anzulächeln und willkommen zu heissen. Fast wie ein Tänzer betrat er das Gebäude. Der Plastiksack in seiner rechten Hand bewegte sich im Rhythmus seiner Schritte, tanzte mit und konnte kaum warten, bis er seinen Inhalt dem Supermarkt übergeben durfte.
Tom zählte zwanzig Gänge mit verschiedenen Produkte-Kategorien. Welchen Gang würde das Schicksal wählen? Wiederum befragte Tom seine Zähne. Er ging langsam durch jeden Gang und horchte auf seine Zähne und ihr Signal. Diese Prozedur wiederholte er dreimal, um sicher zu sein, dass er die Nachricht seiner Zähne richtig erfasste und richtig interpretierte.
Schliesslich wählte er in Übereinstimmung mit seinem Gefühl den Gang, in dem die verschiedensten Putzmittel aufgereiht waren. Er stellte den Timer an der Bombe, grub ein Loch, indem er acht Waschmittelkartons hervor nahm, und stellte den Plastiksack in den Raum, den er so geschaffen hatte. Dann reihte er die Waschmittel wieder fein säuberlich ein, so dass niemand seine Bombe im Vorbeigehen sehe würde.
Noch zehn Minuten, sprach Tom zu sich selbst. Dann machte er sich auf den Weg zum Ausgang.
Doch plötzlich war etwas anders. Tom blieb stehen. Hatten sich sein Zähne geirrt? Hatte er sie falsch interpretiert? Kurzerhand ging er zurück zum Waschmittelgang, holte seinen Plastiksack hervor und verliess mitsamt seiner Bombe den Supermarkt. Er liess den Sack bei einer Busstation stehen, wo er ihn unter die Sitzbank stellte. Eine Schar von Jungs stand herum, aber niemand beobachtete ihn; alle waren zu beschäftigt mit Palavern, oder durch dicke Kopfhörer von der Welt abgeschottet. Er drückte den Sack bis ganz nach hinten gegen die Hinterwand des Bushäuschens. Dann ging er zu seinem Wagen. Den Timer hatte er nicht noch einmal verstellt. Als er die Tür seines Autos öffnete, hörte er die Explosion. Froh und erleichtert stieg er ein. Im Rückspiegel betrachtete er seine Zähne. Sie leuchteten. Jetzt stand der Bombe im Stadion nichts mehr im Wege. Jetzt herrschte Gewissheit.
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Cannes, 180 Tage bis „Tag X“
Auf der Zugreise von Lyon nach Cannes wurde vor allem geschlafen. Das Feiern hatte die Beiden sehr in Anspruch genommen, nachdem sie heraus gefunden hatten, dass sie endlich am gleichen Ort arbeiten würden und sogar noch an gemeinsamen Projekten. Danielle hatte darauf bestanden, dass sie beide zur Würdigung des Momentes etwas Verrücktes tun würden. Und nach langem Hin und Her hatten sie sich entschlossen zusammen aus 2000 Metern Höhe aus einem Flugzeug zu springen. Mit Fallschirm und Fallschirmlehrern natürlich. Das alleine hatte zwei Tage gedauert.
Alles war recht schnell gegangen. Achtundvierzig Stunden nach Danielles Interview in London hatten sie positiven Bescheid erhalten und wurden darauf hingewiesen, dass die interne Ausbildung in genau einer Woche in Cannes beginnen würde. James Hickery von Benton and Colleagues in London hatte sich per Telefon gemeldet.
„Den Namen unseres Mandanten kann ich Ihnen leider immer noch nicht nennen. Sie werden mehr über die Organisation herausfinden, wenn Sie in Cannes ankommen und die interne Ausbildung beginnen. Ich schicke Ihnen per Mail die Anfahrts-instruktionen, okay?“
Danielle, die das Telefon abgenommen hatte, nickte, was am Telefon als Schweigen herüber kam.
„Sind sie noch da?“, hatte Hickery gefragt.
„Ja, Entschuldigung, alles klar!“
„Nun kommt das Unangenehme... Die Ausbildung beginnt nächste Woche. Das heisst, Sie müssen Ihre
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