Der letzte Aufstand
Ein neues Bild erschien.
Ausbildungsinhalte:
Remote Viewing Techniken
Zeiterfassung in nichtlinearen Systemen
Scannen des Ereignishorizonts
Blindstudien
Speed Alpha Training
„Sie werden hier auf diesem Schiff in den nächsten Wochen lernen, wie man die Zukunft genau vorhersagen kann. Was Sie herausfinden, wird in der Praxis dann an sogenannte B-Teams weitergeleitet, die die Anschläge vereiteln werden.“
„Wie bitte sollen wir die Zukunft vorhersagen? Die ist doch gar noch nicht geschrieben!“, sagte Nadja in der vorderen Reihe.
„Ist sie nicht?“, fragte Helena.
Mit dieser Frage provozierte sie die Anwesenden ganz bewusst. Sie hatte ein Heer von Chemikern, Physikerinnen, Mathematikern und eine Parapsychologin vor sich, alles Leute, die exaktes Arbeiten gewöhnt waren und an ein Weltmodell glaubten, in dem der Zufall herrschte.
Eine Frau in einer mittleren Reihe meldete sich zu Wort.
„Wenn die Zukunft vorhersehbar wäre, würde das ja jeden Glauben an einen freien Willen des Menschen ad absurdum führen. Haben Sie harte Fakten, die Ihre Annahme untermauern?“
Helena stand wieder auf und verliess ihr Tischchen.
„Die ersten Stunden in dieser Ausbildung dienen der Auflösung von ungenauen Ansichten. Unsere Welt ist voll von Hypothesen, die wir als Wahrheit interpretieren, und eine Hypothese, die sich als unwahr herausgestellt hat, ist, dass die Zukunft nicht vorhersehbar sei.“
Sie machte eine kurze Pause.
„Sie müssen wissen, dass ich auf Grund meiner Schulung und meiner Fähigkeiten von Oliver Palms persönlich ausgesucht wurde diese Ausbildung zu leiten. Und ich bin nicht jemand, der Hypothesen als Arbeitsgrundlage akzeptiert. Ich akzeptiere nur die Wahrheit und die muss immer bewiesen werden. Meiner Meinung nach zumindest. Ich behaupte also, dass wir die Zukunft voraus sagen können, und zwar bis ins Detail. Wären Sie an einem Beweis interessiert?“
Obwohl niemand seinen Nachbarn kannte, kam plötzlich Bewegung in das Foyer und man tauschte sich kurz mit seinem Nächsten aus, was die Lautstärke im Raum in die Höhe schnellen liess.
„Ich nehme an, das heisst Ja ...“, sagte Helena. „Sie haben alle etwas zum Schreiben, oder? Ich möchte Sie bitten - jede Einzelne und jeden Einzelnen von Ihnen - eine fünfstellige Zahl auf Ihren Notizblock zu schreiben und dann die Zahl sofort mit der Hand abzudecken oder sonst sicherzustellen, dass sie nicht von einer versteckten Kamera in der Decke oder von einem Spion unter Ihnen gelesen werden könnte. Tun Sie das jetzt gleich, bitte.“
Etliche Teilnehmer kramten etwas zum Schreiben und Papier aus einer Tasche. Andere, die die Utensilien schon vor sich hatten, begannen zu schreiben.
Eine halbe Minute später, machte Helena weiter.
„Alle fertig?“
Bestätigung.
„Gut, nun werde ich einen Namen nach dem anderen aufrufen. Wenn Sie Ihren Namen hören, stehen Sie bitte auf. Ich werde Ihnen die Zahl nennen, die ich glaube, dass Sie sie aufgeschrieben haben, und dann lesen Sie laut vor, was tatsächlich auf Ihrem Zettel steht. Klar?“
Es gab alle möglichen Ausdrücke in den Gesichtern der Teilnehmer. Überhebliches Lächeln auf den Lippen. Fragende Augen. Verspannte Kiefermuskulatur. Hochgezogene Augenbrauen. Offene Münder. Glasige Blicke in eine unbekannte Zukunft.
„Giovanni Travesi!“ Ein kleiner Mann mit Glatze erhob sich.
„28394“
Der Mann bestätigte die Zahl, indem er sie wiederholte.
„Laura Maniescu“ Eine rumänische Schönheit, die locker Miss Romania hätte sein können, stand auf.
„33399“
Sie lachte und sagte: „33399, ja, das ist meine Zahl.“
„Jan Palmström“ Ein hagerer, blonder Schwede, räusperte sich.
„Darf ich die Zahl nochmals ändern?“
„Sicher!“, antwortete Helena.
Der Schwede kniete sich nieder, stellte sicher, dass niemand die Zahl, die er nieder kritzelte, sehen konnte und erhob sich wieder.
„Ich gebe Ihnen beide Zahlen. Zuerst stand da 73649 und jetzt steht da 22221“
Der Mann schlug sich auf die Stirn, als ob er sicherstellen wollte, dass die Fakten wirklich in sein Gehirn eindrangen. „Ja, das ist beides richtig. Meine neue Zahl ist 22221“
Helena machte weiter. Jeder im Foyer kam an die Reihe. Danach war es still.
„Nun wollen Sie sicher wissen, wie ich das gemacht habe?“
„Auf jeden Fall!“, sagte der Schwede, der immer noch stand, trotz der vorangegangenen Stille und all den anderen, die an die Reihe gekommen waren. Er hatte seine Umgebung
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