Der letzte Befehl
Seelen ihrer eigenen ermordeten Siedler.
Doch jetzt, da Hamish die unnachgiebige Glut in den wunderbaren Mandelaugen seiner Frau sah, wusste er, dass er den Salamander schließlich doch noch kennen gelernt hatte. Und er sah etwas in ihr, das nur ein erfahrener Krieger zu erkennen vermochte. Er wusste in diesem Moment auch, dass er ihr trotz all seiner eigenen beeindruckenden im Gefecht errungener Siege niemals ebenbürtig sein würde. Als Taktiker und Stratege, ja. Selbst als Flottenkommandeur. Aber nicht als die Verkörperung der Zerstörung schlechthin. Nicht als ›der Salamander‹. Denn trotz all ihres Mitgefühls und ihrer Sanftheit, die so sehr Teil ihrer selbst waren, gab es tief im Innersten von Honor Alexander-Harrington noch etwas anderes. Etwas, das Hamish nie besessen hatte. Vor langer Zeit hatte sie ihm einmal gesagt, ihr eigenes Temperament beängstige sie. Manchmal habe sie das Gefühl, sie könne sich, wenn die Umstände dazu führten, in ein Ungeheuer verwandeln.
Und jetzt, als Hamish begriff, dass er dieses Ungeheuer mit eigenen Augen sah, krampfte sich vor Mitleid und Liebe sein Herz zusammen, denn endlich begriff er, was sie ihm damals zu sagen versucht hatte. Er verstand, warum sie dieses Ungeheuer in Ketten aus Pflichtgefühl und Liebe legte, aus Mitgefühl, Ehre und Mitleid. Denn in gewisser Weise hatte Honor wirklich recht gehabt. Unter den falschen Umständen konnte sie sich in die erschreckendste Person verwandeln, die Hamish je kennen gelernt hatte.
Und im Augenblick war Honor diese Person.
Ihr ›Ungeheuer‹ war gnadenlos und unbeschreiblich – etwas, das weit über militärisches Geschick oder Talent hinausging, sogar weit über Mut. Derlei Dinge, das konnte Hamish Alexander-Harrington ohne jede Selbstgefälligkeit über sich selbst sagen, besaß auch er reichlich. Doch nicht dieses unbeschreibliche düstere Wesen tief in seinem Innersten, so unaufhaltsam wie ein Moloch, gnadenlos und kälter als die Tiefe des Alls. Das war etwas, das kein geistig gesunder Mensch jemals willentlich entfesseln würde. In diesem Augenblick erkannte Honor Alexander-Harringtons Ehemann, dass er, wenn er in diese diamantharten Augen blickte, geradewegs in die Hölle selbst schaute. Ein eisiger Schauer durchfuhr ihn, als er bemerkte, dass er seine Frau dafür sonderbarerweise nur noch mehr liebte. Und was auch immer man gemeinhin denken mochte, ein einziger Blick in diese Achataugen verriet ihm, dass in der Hölle in Wahrheit kein Feuer loderte. Es gab nur diese Handlangerin des Todes und Eis und schiere Willenskraft – und eine Entschlossenheit, die niemals nachgeben oder auch nur ruhen würde. Sie konnte es nicht.
»Ich werde sie vermissen«, wiederholte Honor, immer noch mit jener entsetzlichen Sanftheit in der Stimme, »aber ich werde nicht vergessen, was hier geschehen ist. Ich werde es niemals vergessen, und eines Tages – eines Tages , Hamish! – werden wir die Leute finden, die das hier getan haben. Du und ich. Und dann werde ich Gott nur noch um eines bitten: dass Er sie lange genug leben lässt, damit sie erfahren, wer sie umbringt.«
Kapitel 12
»Danke, dass Sie mich empfangen, Mylady. Mir ist bewusst, dass Sie im Augenblick eine schwere Zeit durchmachen.«
»Danken Sie mir nicht, Judah«, erwiderte Honor. Als James MacGuiness Admiral Judah Yanakov in ihr Büro führte, stand sie hinter ihrem Schreibtisch in ihrer Villa in Landing. MacGuiness’ ruhige Miene hätte gewiss viele Leute zu täuschen vermocht, aber nicht jemanden, der ihn gut genug kannte ... und Yanakov kannte ihn gut. Honor schmeckte die Sorge des graysonitischen Admirals ob der Trauer, die ihr Steward verspürte, und ebenso ihrer eigenen. Sie brachte ein beinahe schon wehmütiges Lächeln zustande und ergriff Yanakovs Hand. »Im Augenblick machen eine ganze Menge Leute ›eine schwere Zeit durch‹.«
»Ich verstehe, Mylady.«
Eingehend blickte Yanakov sie an. Er versuchte nicht einmal, seine Besorgnis zu verbergen. Ruhig erwiderte Honor seinen Blick. Sie war sich recht sicher, dass ihr Besucher zu den wenigen Menschen gehörte, die bereits begriffen hatten, dass sie in der Lage war, die Emotionen der Menschen in ihrer Umgebung zu lesen. Allerdings wusste sie nicht sicher, ob ihm auch bewusst war, dass sie das selbst dann noch zu tun vermochte, wenn Nimitz nicht bei ihr war. Auf jeden Fall hatte Admiral Yanakov niemals vor ihr verborgen gehalten, wie sehr er sie respektierte und auch menschlich schätzte. Seine Sorge
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