Der letzte Befehl
Detweiler sich das wünschen würde. Die meisten der noch bei weitem nicht fertiggestellten Detweilers waren schon jetzt größer als die Sharks – einige sogar erheblich größer. Wenn sie erst einmal fertig wären, dann würden sie viel, viel robuster sein – und viel gefährlicher – als ihre kleineren Vorgänger. Und Detweiler brauchte ihre beachtliche Leistungsfähigkeit so rasch wie irgend möglich. Bedauerlicherweise änderte sich durch Wünsche überhaupt nichts.
Der Gedanke brachte ihn dazu, kurz die Lippen zu verziehen, dann wandte er seine Aufmerksamkeit erneut den Sharks zu. Die Genesis war drei Stunden vor der geplanten ETA eingetroffen, und doch war offensichtlich, dass die Flotte ihn bereits erwartete. Na, das sollte Detweiler nur recht sein. Zweifellos würde die Mesan Alignment Navy eines Tages auch auf den Geschmack kommen, förmliche Flottenparaden abzuhalten – und das peinlich genaue Timing, das dafür erforderlich war. Schließlich schien jede andere Navy der Galaxis ganz versessen darauf zu sein. Bislang jedoch war das bei der MAN noch nicht geschehen. Und da Albrecht Detweiler nur sehr wenig von derlei Pomp hielt, wäre es ihm durchaus recht, wenn sich die MAN damit noch ein wenig Zeit ließe.
Nicht, dass sie eine förmliche Parade nicht redlich verdient hätten. Seine Miene verhärtete sich, eine Mischung aus Befriedigung und Besorgnis, als er noch einmal über die Berichte nachdachte, wie erfolgreich Oyster Bay verlaufen war. Ich glaube nicht, dass es jemals in der Geschichte ein derart erfolgreiches Unternehmen gegeben hat. Auf jeden Fall nicht gegen jemanden, der so gut ist wie die Mantys!
Die Verluste waren größer ausgefallen als im Vorfeld berechnet. Zum Teil bedauerte Detweiler das aufrichtig. Eigentlich hielt er das selbst für töricht, wenn man bedachte, worauf das alles letztendlich hinauslaufen sollte. Aber so empfand Detweiler angesichts des Todes zahlloser Mantys nun einmal. Immer wieder musste er an all die Kinder denken, die das alles nicht einmal hatten kommen sehen. Schon sonderbar, wie sehr ihm das zusetzte, während er gleichzeitig an all die anderen Millionen dachte, die letztendlich ebenfalls sterben müssten. Aus irgendeinem Grund machte ihm Letzteres überhaupt nichts aus. Detweiler fragte sich, ob es wohl daran lag, dass diese anderen Millionen für ihn immer noch bloß eine abstrakte Größe waren, immer noch bloß ein Potenzial, während all die Toten aus den manticoranischen Raumstationen und der Stadt Yawata Crossing nur zu real waren. Albrecht Detweiler hoffte wirklich, das sei nicht der Grund. All diese anderen würden noch sterben müssen – daran hätte er selbst dann nichts mehr ändern können, wenn er es gewollt hätte. Und er konnte es sich einfach nicht leisten, über all jene Toten zu sinnieren, wenn der Zeitpunkt schließlich kommen würde.
Na, dann wirst du das eben auch nicht tun! , sagte er sich selbst. Wenn es so weit ist, wirst du so viel emotionales Narbengewebe aufgebaut haben, dass du dir darüber überhaupt keine Gedanken mehr machen wirst. Und nun sei dir selbst gegenüber ehrlich, Albrecht: Darüber bist du doch verdammt froh!
»In etwa fünfunddreißig Minuten werden wir an der Station andocken, Sir«, meldete ihm der Captain der Genesis .
»Ich danke Ihnen«, erwiderte Detweiler und unterdrückte ein Lächeln. Mittlerweile war Hayden Milne schon seit über drei T-Jahren der Skipper seiner Jacht, und in all der Zeit hatte man ihn gelehrt, ihn niemals – wirklich niemals! – mit Namen anzusprechen. So lange Detweiler sich zurückerinnern konnte, war er für jedes einzelne Besatzungsmitglied immer nur ›Sir‹ gewesen. Angesichts dieses Gedankens schwand sein Bedürfnis zu lächeln. Er musste auf jeden Fall noch ein wenig länger in seinem Versteck ausharren.
Gleichzeitig jedoch hätte es überhaupt keinen Sinn, sich vor den Männern und Frauen der MAN verstecken zu wollen. Jeder einzelne von ihnen wusste, dass Benjamin ihr Kommandeur war und dass Albrecht hinter Benjamin stand – obwohl man die meisten bewusst nicht darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass beide den Namen ›Detweiler‹ trugen. Aber sie wussten, dass Benjamin und Albrecht ihre Anführer waren. Und das war letztendlich der Grund, weswegen er und diese Sharks im Orbit des Planeten sich im Augenblick im gleichen Sonnensystem aufhielten.
»Dann sollte ich wohl zu meiner Kajüte zurückgehen und meiner Frau Bescheid sagen«, sagte er dann.
»Gewiss,
Weitere Kostenlose Bücher