Der letzte Befehl
Sir.«
Detweiler nickte dem Captain kurz zu, dann wandte er sich um und ging auf den Lift zu. Selbst hier folgte ihm noch Heinrich Stabolis, sein genetisch verbesserter Leibwächter.
Gemeinsam betraten sie die Fahrstuhlkabine, und Stabolis gab den korrekten Zielcode ein. Dann trat er einen Schritt zurück und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Detweiler konnte nicht einmal abschätzen, wie oft er Stabolis schon in genau dieser Körperhaltung erlebt hatte. Es war erstaunlich, wie sehr eben diese Haltung jedes Mal seinem eigenen Selbstvertrauen zuträglich war.
»So weit, so gut, Heinrich«, sagte er.
»Wie Sie meinen, Sir«, stimmte Stabolis zu. Detweiler grinste.
»Wissen Sie, Heinrich, sonderlich viel reden Sie ja nicht.«
»Wohl nicht, Sir.« Vielleicht war tatsächlich ein belustigtes Funkeln in den Augen des Leibwächters zu erkennen. Sicher war sich Detweiler nicht.
»Aber Sie sind immer an meiner Seite«, fuhr Detweiler deutlich ernsthafter fort. »Falls ich das in letzter Zeit nicht erwähnt haben sollte, dann sollten Sie wissen, wie sehr ich das zu schätzen weiß.«
Schweigend deutete Stabolis eine Verneigung an, und kurz legte Detweiler ihm anerkennend eine Hand auf die Schulter. Dann hatten sie das gewählte Deck erreicht. Die Türen öffneten sich, und Stabolis trat vor seinem Auftraggeber auf den Korridor hinaus und blickte sich nach beiden Seiten um. Erst dann gestattete er seinem Schützling, die Fahrstuhlkabine zu verlassen. Gemeinsam schritten sie den breiten, geschmackvoll eingerichteten Gang hinunter, der zu Detweilers privater Suite führte. Vor der Tür angekommen drückte Detweiler selbst den Klingelknopf.
»Ja?«, hörte er kurz darauf eine melodische Sopranstimme.
»Ich bin’s, Evie«, sagte er. »In dreißig Minuten sollten wir aufbrechen.«
»Darf ich dann davon ausgehen, dass Heinrich es geschafft hat, dich nach hier unten zu bringen, ohne dass du dir Sauce aufs Hemd gekleckert hast?«
Die Tür öffnete sich, und Evelina Detweiler blickte ihren Ehemann an. Hinter ihr sah Albrecht, dass Ericka Stabolis, Evelinas Leibwächterin, sich sehr zusammenreißen musste, um angesichts der Bemerkung ihrer Zentralperson nicht zu lächeln. Ericka stand schon fast ebenso lang in Evelinas Diensten, wie Heinrich sich um Albrecht kümmerte. Sie hatte das gleiche schwarze Haar, die gleichen blauen Augen und die gleichen ebenmäßigen Gesichtszüge wie ihr Bruder – nur dass ihre Gesichtszüge noch ein wenig feiner geschnitten waren. Tatsächlich waren viele erstaunt, wie außerordentlich ähnlich die Stabolis-Geschwister einander waren. Dieses Erstaunen war gänzlich unangebracht: Ericka und Heinrich waren Klon-Zwillinge. Sie war ebenso tödlich wie ihr Bruder, und der einzige signifikante Unterschied zwischen ihnen bestand darin, dass Ericka über zwei X-Chromosomen verfügte.
»Ja«, bestätigte Albrecht jetzt mit sanfter Stimme. »Ich habe mir nicht nur keine Sauce aufs Hemd gekleckert, ich habe es sogar geschafft, zwei Tassen Kaffee zu trinken, ohne dabei zu schlabbern.«
»Jetzt bin ich aber beeindruckt!«, gab Evelina mit einem leisen Lachen zurück. Dann trat sie einen Schritt zur Seite, damit er die Suite betreten konnte. Albrecht lächelte und streichelte seiner Frau zärtlich die Wange. Der Ausschuss für Langfristige Planung wusste schon ganz genau, was er da tat, als er uns beide zusammengeführt hat , dachte er. Hin und wieder führten die Entscheidungen des ALP zu Paaren, die einander nicht ausstehen konnten. Offiziell passierte so etwas selbstverständlich niemals, aber inoffiziell wusste jeder davon. Glücklicherweise ließen sich derartige Fehler recht leicht beheben. Im Falle einer Paarzusammenführung aus der Alpha-Linie – aus der sämtliche Detweilers stammten – gaben sich die Mitglieder dieses Ausschusses immer ganz besonders Mühe, geeignete Partner auszuwählen.
»Ich will nur rasch das Jackett wechseln«, sagte er.
»Na gut. Aber nicht das rote«, entschied sie mit fester Stimme.
»Ich mag das rote aber!«, protestierte er.
»Das weiß ich doch, Liebster.« Sie erschauerte theatralisch. »Andererseits hoffe ich ja immer noch, dass man bei unseren Enkelkindern noch etwas gegen deinen eigenwilligen Geschmack unternehmen kann, was Kleidung betrifft.«
»Achtung an Deck!«
Der Befehl erklang, kaum dass Albrecht Detweiler, seine Frau und sein Sohn Benjamin die Bühne am Ende der geräumigen Schiffssektion betraten.
In gewisser Hinsicht gab es gar keinen
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