Der letzte Befehl
noch ein Rest der Abneigung jeglicher Aristokratie gegenüber, wie sie auf Gryphon nun einmal zur Tradition gehörte. Wijenberg zog eindeutig das Unterhaus vor, und bevor er diesen Kabinettsposten angenommen hatte, war der blonde Gryphoner der Fraktionsvorsitzende der Zentralistischen Partei gewesen. Diese Rolle hatte ihm auch deutlich mehr zugesagt, und er hoffte darauf, diesen Posten innerhalb weniger Jahre erneut übernehmen zu dürfen – und das wäre für ihn unmöglich gewesen, wenn er einen Adelsbrief annähme.
Zugleich war er der Handelsminister des Sternenimperiums.
»Es hätte überhaupt keinen Sinn zu leugnen, dass uns dieser Angriff schwer geschadet hat, Eure Majestät«, erklärte er jetzt und blickte der Königin dabei geradewegs in die Augen. Sein schnarrender Gryphon-Akzent machte sich noch stärker bemerkbar als sonst. »Unser Speditionsgewerbe ist davon nicht unmittelbar betroffen, und unsere Einnahmen an Transitgebühren für den Knoten sollten auch nicht übermäßig sinken – zumindest nicht sofort. Aber die indirekten Auswirkungen auf unsere Frachttransporte werden sich sehr wohl rasch bemerkbar machen. Wie Charlotte gerade angemerkt hat, haben wir im Grunde unseren gesamten industriellen Sektor verloren. Das bedeutet, zahlreiche der Industriegüter, die wir bislang exportiert haben, sind jetzt nicht mehr verfügbar. Das alleine hat einen beachtlichen Prozentsatz unserer gesamten Frachttransporte ausgemacht – ganz zu schweigen davon, dass es einen Gutteil der Bruttosystemprodukte des Alten Sternenkönigreichs dargestellt hat. Und in dem Maße, in dem unsere Industrieexporte sinken, wird auch das sinkende Transportaufkommen zumindest einen gewissen Einfluss auf unsere Einnahmen an Wurmlochknoten-Transitgebühren nehmen.
Fast der gesamte Rest unseres Bruttosystemprodukts kommt aus dem Finanzsektor, und ich kann noch nicht einmal abschätzen, wie die Märkte reagieren werden. Seit dem Letzten Krieg von Alterde hat keine größere Wirtschaftsmacht mehr etwas Derartiges erlebt – und selbst das lässt sich kaum miteinander vergleichen, wenn man bedenkt, wie seitdem der interstellare Handel zugenommen hat. Einerseits hat ein beachtlicher Prozentsatz unserer finanziellen Transaktionen schon immer aus Dienstleistungen und der Vermittlung interstellarer Transaktionen zwischen anderen Parteien bestanden, und die Wurmlöcher und Handelswege, die das ermöglicht haben, existieren weiterhin. Was jedoch im Augenblick nicht mehr existiert, und was auch noch eine Zeit lang auf sich warten lassen wird, das ist das, was unsere eigene Wirtschaft antreibt. Allen, die im Sternenkönigreich investiert haben – aus anderen Sternnationen ebenso wie Manticoranern selbst – wurde gerade ein schwerer Schlag versetzt. Darüber, wie gut sich die einzelnen Investoren davon erholen werden, wie rasch das geschehen wird und wie sehr die Investoren in der Zwischenzeit auf Manticore vertrauen werden, vermag im Augenblick niemand außer vielleicht Nostradamus etwas auszusagen.«
»Da spricht Bruce etwas sehr Wichtiges an, Eure Majestät«, bemerkte Frances Maurier, ihres Zeichens Baronin Morncreek. Neben dem größeren, massigeren Wijenberg wirkte die zierliche, dunkelhaarige Baronin beinahe wie ein Kind, doch ihre Stimme klang klar, deutlich und scharf.
»Im Augenblick haben wir die Märkte eingefroren«, fuhr sie fort. »Wahrscheinlich können wir das noch einige Tage aufrechterhalten, aber wir können sie unmöglich ewig eingefroren lassen. Also müssen wir rasch eine schlüssige Politik vorlegen. Meines Erachtens müsste der wichtigste erste Schritt darin bestehen, erst einmal tief durchzuatmen. Wie Charlotte schon sagt, haben wir immer noch unser Bildungswesen. Und Bruce hat ja gerade angemerkt, dass die Handelsrouten sich jetzt nicht von Zauberhand verändern werden. Wir können uns von diesem Schlag wieder erholen ... vorausgesetzt, wir überleben lange genug. Wie schlimm die wirtschaftliche Lage noch wird, bevor sie sich wieder verbessert, kann ich im Augenblick genausowenig abschätzen. Und der Preis, den wir dafür zahlen werden, wird gewaltig ausfallen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir letztendlich die Kapazitäten aufbringen werden, alles wiederaufzubauen, was wir verloren haben ... wenn derjenige, der für diesen Angriff verantwortlich war, uns die Zeit dafür lässt – wer auch immer es gewesen sein mag.«
Der Reihe nach blickte sie Hamish Alexander-Harrington, Sir Thomas Caparelli und Admiral
Weitere Kostenlose Bücher