DER LETZTE BESUCHER
Frau Schneider standen.“ Er griff in die Tasche und zog ein kleines D iktiergerät heraus. „Das ist fürs Protokoll. Natürlich nur, wenn es Ihnen recht ist.“
„Ja. Ist schon in Ordnung. Entschuldigen Sie bitte.“
Becker musste sich zwingen, sich auf seinen Fall und die Befr a gung zu konzentrieren. So etwas war ihm schon lange nicht mehr passiert. Wieder überkam ihn das B e dürfnis, diese zarte zerbrechliche Frau, die sich sichtlich bemühte, nicht die Fassung zu verlieren, b e schützen zu wollen. Was war nur heute los mit ihm? Er riss sich zusammen. Helen Ber g mann war eine Zeugin, nicht mehr und nicht weniger. Als Täterin schied sie aus, denn du rch ihren Unfall hatte sie ein wasserdichtes Alibi. Aber vielleicht konnte sie ihm ja wertvolle Hinweise auf das Umfeld der Toten g e ben.
Während Helen ihm leise und stockend berichtete, wie sie die alte Freundin und Kollegin erst vor ein paar Wochen nach jahrelanger Pause zufällig wiedergetroffen hatte – nein, ihr sei nichts Besonderes an ihr au f gefallen, sie sei genau so fröhlich und temperamentvoll gewesen wie auch früher i m mer – sah Becker sie unverwandt an . Sie erwiderte seinen Blick, schlug aber dann die Augen nieder, als sie er k lärte , dass sie gerade beschlossen hätte, Sabine endlich anzurufen und sich mit ihr zu verabr e den.
„Aber nun ist es zu spät. Jetzt habe ich niemanden mehr , mit dem ich endlich mal reden kann “ , fügte sie fast u n hörbar und wie zu sich selbst noch hinzu, und Becker fragte sich insgeheim, was sie wohl mit dieser letzten Bemerkung g e meint hatte.
„ Ha tten Sie denn die Telefonnummer I hrer Freundin, oder wussten Sie, wo sie wohnt?“
„Ja, das heißt, sie hat mir ihre K arte gegeben . Sie ist ... sie war ja inzwischen u m gezogen. “
„Darf ich die Karte bitte einmal sehen?“ , fragte Becker automatisch. Vermutlich die gleiche Visitenkarte wie die, die sie bei der Toten gefunden hatten. Sie hatte sicher eine Menge davon gehabt und ve r teilt.
„Einen Moment, ich hole sie . “ Helen erhob sich und ve r ließ den Raum. Becker stand ebenfalls auf und trat du rch die halb offene Bal k ontür an das Geländer. Es bestand aus einer flachen Steinb rüstung , darauf Gi t terstäbe aus Schmiedeeisen mit einem Handlauf aus dem gleichen Metall. Drei Gitte r stäbe auf der linken Seite wiesen frische Gip s spuren auf. Er blickte nachdenklich hinunter in den Hof. War sie etwa von hier … ?
„ I ch finde die Karte im Augenblick nicht. Muss sie wohl irgendwie ver kramt haben.“ Mit diesen Worten kehrte Helen ins Wohnzimmer zurück und schüttelte unsicher den Kopf. Dabei war sie sich ziemlich sicher gewesen, dass sich Sabines Karte noch in ihrer Kosmetiktasche befand. Sie musste sie wohl versehentlich zusammen mit ein paar zerknül l ten Papiertaschentüchern und der Seifenverpackung weggewo r fen haben , als sie das Waschzeug nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus au s gepackt hatte.
Sie setzten sich wieder.
„ Wenn Ihnen das Wiedersehen mit Ihrer Freundin so viel bede u tete, w arum haben Sie sich dann nicht sofort mit ihr verabredet, als Sie sie in der Kleinmark t halle trafen. Warum wollten Sie es erst jetzt tun ? Gab es dafür einen bestimmten Grund ? “
Helens Gesicht verschloss sich. Da hatte er sich wohl zu weit vorg e wagt , das ging den Polizisten offensichtlich nichts an. Aber dann antwo r tete sie doch: „Mein Mann weiß nichts von Sabine. Er mag nicht, wenn ich ohne ihn Verabre du n gen treffe.“ Sie zögerte kurz und ergänzte dann noch: „ Er will , das heißt, er wollte mich bisher immer ganz für sich alleine h a ben.“
D ie letzten Worte kam en so leise, dass Becker sich weit vorbeugen musste, um sie zu verstehen. Ihre Hände berührten sich fast , und er hatte das Gefühl, dass sie ei s kalt waren. Jetzt war der Kommissar sich ganz sicher, dass Helen ihm irgendetwas verschwieg. Aber was? O f fensichtlich hatte sie Angst vor ihrem Mann. W arum? Und hatte das übe r haupt etwas mit seinem Fall zu tun? Sie tat ihm leid, er hätte ihr gern g e holfen, wusste aber nicht wie. Wahrscheinlich hatte sie private Probleme, und die gingen ihn ja nun wir k lich nicht s an. Als er b e merkte, dass sie zum wiederholten Mal unauffällig auf die Uhr schaute , beeilte er sich, die B e fragung zu Ende zu bri n gen:
„ Noch eine Frage, Frau Bergmann, kennen Sie eigentlich die Schwe s ter von Frau Schneider? “
„Nein, wieso? Ich weiß nur, dass sie damals in Heidelberg lebte und
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