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Der letzte Beweis

Der letzte Beweis

Titel: Der letzte Beweis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Turow
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des Gerichtssaals runzelt Tommy die Stirn. Aber diesmal kann er nichts machen. Aus Gründen, die mir schon im Jurastudium unerfindlich geblieben sind, ist das, was meine Mutter über die Vergangenheit äußerte, Hörensagen, das, was sie über die Zukunft sagte, jedoch nicht.
    »Als wir Ende der Achtzigerjahre wieder zusammenzogen, versicherte sie mir wiederholt, dass sie Nat so etwas nie wieder antun würde - ich weiß, dass das die Wahrheit war, weil sie mir dieses Versprechen zahllose Male gab. Dass er nie in ein Zimmer gehen und sie so vorfinden würde.«
    »Wohnte Nat im letzten Jahr, als Barbara starb, bei Ihnen zu Hause?«
    »Nein.«
    »Basiert Ihre Annahme, dass Barbara ihren Suizid als natürlichen Tod verschleiern wollte, auf diesem Versprechen Ihrer Frau im Hinblick auf Nat?«
    »Ja.«
    »Nach bestem Wissen und Gewissen, Rusty, hat Barbara je einen Selbstmordversuch begangen, während Sie mit ihr zusammenlebten?«
    »Nein.«
    »Also hatten Sie keinerlei Erfahrung damit, welches Verhalten Ihre Frau an den Tag legen würde, falls sie beschlossen hätte, sich das Leben zu nehmen?«
    »Das ist richtig.«
    »Aber wenn sie deutlich gemacht hätte, dass sie sich zu dem Schritt entschlossen hatte, was hätten Sie dann getan?«
    »Einspruch. Spekulativ«, sagt Molto. »Hätten Sie versucht, sie daran zu hindern?«
    »Selbstverständlich.«
    Die zweite Frage und ihre Beantwortung erfolgen hastig, ehe Richter Yee auf den eigentlichen Einspruch reagieren kann.
    »Stattgegeben, stattgegeben«, sagt Yee.
    »Wenn Barbara also vorgehabt hätte, sich selbst zu töten, Rusty, dann hätte sie das vor Ihrem Sohn und Ihnen verbergen müssen?«
    »Euer Ehren!«, sagt Molto schneidend.
    Im Zeugenstand fährt der Kopf meines Vater herum. Er blickt Molto an und sagt: »Ja?« Dann zuckt er zusammen, entsetzt über seinen eigenen Fehler. »Großer Gott«, sagt er.
    Yee, dieser lustige Bursche, findet das köstlich, und der ganze Saal prustet mit ihm los. Es ist ein befreiender Moment der Komik in einer bedrückenden Befragung, und das Lachen hält eine Weile an. Schließlich droht Yee Stern mit dem Finger.
    »Genug jetzt, Mr Stern. Wir alle verstanden.«
    Stern reagiert, indem er den Kopf neigt, der angedeutete Versuch einer demütigen Verneigung, ehe er fortfährt.
    »Wissen Sie, ob Ihre Frau vom Fall John Harnason wusste?«
    »Wir haben darüber gesprochen, während er am Berufungsgericht verhandelt wurde und auch hinterher. Sie war daran interessiert, weil sie in der Zeitung darüber gelesen hatte und weil ich erzählt hatte, dass ich nach der Anhörung von Mr Harnason angesprochen worden war. Und natürlich wurde Mr Harnason in den letzten Wochen vor Barbaras Tod immer wieder in den Fernsehspots erwähnt, die mein Gegner im Wahlkampf um das Oberste Bundesstaatsgericht brachte. Mein Frau hat mir gegenüber oft über diese Spots geschimpft, daher weiß ich, dass sie sie gesehen hat.«
    »Hat Mrs Sabich die Urteilsbegründung im Fall Harnason gelesen?«
    »Ja. Ich habe nur selten Widerspruch eingelegt. Normalerweise interessierte Barbara sich nicht sonderlich für meine Arbeit, aber, wie ich schon sagte, diesen Fall hatte sie verfolgt, und sie bat mich, eine Kopie der Urteilsbegründung mitzubringen.«
    »Und um noch einmal daran zu erinnern, was bereits bei der Beweisaufnahme erörtert wurde, in besagter Begründung wird die Tatsache erwähnt, dass gewisse Medikamente wie beispielsweise MAO-Hemmer bei einer routinemäßigen toxikologischen Untersuchung nicht erfasst werden, ist das richtig?«
    »Ja.«
    Dann wendet sich Stern anderen Themen zu. Mein Dad erläutert recht ausführlich, dass er und meine Mom ihre Trennung 1988 unter der Bedingung beendeten, dass sie gewissenhaft ihre Medikamente gegen die bipolare Störung einnahm, und dass er deshalb so häufig ihre Tabletten abholte und sogar in den Schrank räumte. Das alles soll offensichtlich erklären, wie seine Fingerabdrücke auf das Phenelzinfläschchen gelangten. Dann flüstert Stern Marta etwas zu, die daraufhin zu Jim Brand hinübergeht. Sie kehrt mit einem Beweisstück in seinem Plastikbeutel zurück.
    »Nun, Rusty, Mr. Molto hat Sie nach Ihren Besuchen bei Dana Mann befragt. Sie erinnern sich?«
    »Selbstverständlich.«
    »Kannte Ihre Frau Mr Mann?«
    »Ja. Dana und seine Frau, Paula Kerr, waren beide Kommilitonen von mir. Wir haben als Paare viel zusammen unternommen, besonders damals.«
    »Und wusste sie, worauf Mr Manns Kanzlei spezialisiert war?«
    »Zweifellos. Vor

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