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Der letzte Beweis

Der letzte Beweis

Titel: Der letzte Beweis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Turow
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getriebenem Gold, die mir vorher noch nie aufgefallen ist.
    »Es war so falsch«, sage ich zu Marta. Ich glaube nicht, dass sie weiß, was genau ich damit meine, denn bis zu dem Moment, wo ich es ausspreche, weiß ich es selbst nicht. Mein Dad hat meine Mutter nicht getötet, nicht im Sinne des Gesetzes. Aber das ändert nichts daran, was geschehen ist. Er hat es verdient, den Gerichtssaal als freier Mann zu verlassen, aber wenn er das tut, wird er irgendwo in meinem Herzen für immer Schuld tragen.
     

Kapitel 33
    Tommy, 23. Juni 2009
     
    Marta hatte eine Pause verlangt, um für den nächsten Zeugen Rustys Computer aufzubauen, und Yee schien nicht erfreut darüber. In den letzten zwei Tagen war deutlich geworden, dass dem Richter langsam der Geduldsfaden riss. Er lebte aus dem Koffer, etliche Hundert Meilen von zu Hause entfernt, und musste die Termine seiner schwebenden Verfahren in Ware so gut es ging am Telefon regeln. Nach seiner Rückkehr würde er Monate brauchen, um den Arbeitsrückstand aufzuholen. Anstatt jetzt eine Stunde damit zu verlieren, dass die Folie und die Sicherheitssiegelbänder entfernt wurden, wies Yee die Anwälte an, den Computer am nächsten Morgen bereitzuhalten. Er würde die Geschworenen nach Hause schicken und den Rest des Tages mit seinen Mitarbeitern in Ware telefonieren, um über zwei Dringlichkeitsanträge zu entscheiden.
    Tommy war das nur recht. Er und sein Team konnten eine Pause gebrauchen. Brand und Marta einigten sich darauf, dass die Techniker der Staatsanwaltschaft die Einschweißfolie entfernen würden, anschließend würden Experten beider Parteien vor Beginn der morgendlichen Verhandlung das letzte Sicherheitssiegelband aufschneiden und den Rechner einsatzbereit machen. Nachdem das geklärt war, zog das Anklageteam mitsamt seinem klappernden Prozesswagen zurück in die Büros der Staatsanwaltschaft auf der anderen Straßenseite. Sobald sie im Fahrstuhl des Bezirksgebäudes unter sich waren, begann Rory Gissling, sich zu entschuldigen.
    »Ich hätte das verdammt noch mal sehen müssen«, sagte sie.
    »Quatsch«, sagte Tommy.
    »Ich hätte es wittern müssen«, sagte Rory, »nachfragen sollen. Die in der Bank hatten sämtliche Unterlagen in null Komma nix parat, da hätte ich mir doch denken können, dass sie die schon mal für jemand anderen zusammengestellt hatten.«
    »Sie sind Detective«, sagte Tommy, »keine Gedankenleserin.«
    Was die Sterns nachgewiesen hatten, war ja an und für sich nicht schlecht. Barbara hatte also gewusst, dass ihr Mann vorhatte, sie zu verlassen - und dass er eine Affäre gehabt hatte, von der die Geschworenen allerdings nie erfahren würden. Zu alldem könnte man eigentlich »Na und?« sagen. Sie hatte es also gewusst. Das öffnete die Tür zu zig Möglichkeiten, die gut für die Anklagevertretung waren. Rusty und Barbara hatten sich gestritten wie die Kesselflicker, und schließlich hatte er sie umgebracht. Sie hatte gedroht, dem Jungen alles zu erzählen. Oder der Tribune. Was auch immer. Der Prozess ging weiter, und sie würden eine Theorie finden, die zu den Tatsachen passte, wenn sie ein oder zwei Tage darüber nachdachten.
    Aber die Verteidigung hatte etwas sehr viel Folgenschwereres bewiesen: Die Ankläger wussten nicht alles. Diese netten Leute da am Tisch der Anklagevertretung hatten ein bedeutendes Beweisstück in einem Indizienprozess übersehen. Das war, als hätte die Staatsanwaltschaft eine Weltkarte gemalt und halb Nordamerika vergessen. Die Anklage behauptete, dass Rusty Barbara getötet hatte, und die Verteidigung konterte und sagte: Seht ihr, die sind nicht umfassend informiert. Barbara hat etwas Trauriges erfahren, und deshalb hat sie sich sang- und klanglos das Leben genommen.
    Brand und Tommy und Rory und Ruta zogen sich in Tommys Büro zurück. Tommy sah die Telefonnotizen auf seinem Schreibtisch durch, nur um zu überspielen, wie aufgebracht er war, doch im Grunde wollte er nur über den Fall nachdenken und abschätzen, wie groß der Schaden war.
    Brand ging raus, um eine Limo zu holen, und kam zurück.
    »Eine Dose aus dem Scheißautomaten kostet fünfundachtzig Cent«, sagte er. »Das ist doch unglaublich. Sprich doch mal mit der Hausverwaltung. Jody kriegt die bei Safeway für zwanzig Cent die Dose. Die reinsten Wucherpreise.«
    Tommy griff in seine Tasche und gab Brand einen Vierteldollar. »Sag deiner Frau, ich möchte eine Cola Light mit extra Eis. Der Rest ist für dich.«
    »Tommy, wenn er ihr das bestellt«,

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