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Der letzte Beweis

Der letzte Beweis

Titel: Der letzte Beweis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Turow
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sich vorzuwagen, um festzustellen, was auf einmal los war. Die Sicherheitsbeamten eilten herbei und schrien sie an, wieder auf ihre Plätze zu gehen. Erst als das Geräusch von Richter Yees Hammer laut durch den Saal hallte, merkte Tommy, dass Yee, der heruntergekommen war, um sich die Demonstration anzusehen, wieder auf der Richterbank saß.
    »Alle hinsetzen«, rief der Richter. »Alle auf Plätze.« Er ließ noch einmal den Hammer knallen und wiederholte seine Anweisung.
    Alle zogen sich zurück, bis nur noch Rustys Sohn verwirrt und allein vor der Richterbank stand, so nutzlos wie eine nackte Schaufensterpuppe in der Auslage eines Modegeschäfts. Nach einem Moment dirigierte Marta ihn zurück in den Zeugenstand. Der Richter schwang erneut den Hammer, um die Ordnung wiederherzustellen.
    »Ruhe, bitte, Ruhe.« Die Aufregung hielt an, und Richter Yee, der nur selten hart durchgriff, schlug noch lauter mit dem Hammer und rief: »Ruhe, oder ich lasse Saal räumen. Ruhe!«
    Darauf wurde der Saal zögerlich wie eine Grundschulklasse friedlich.
    »Okay«, sagte der Richter. »Zuerst, Mr Sabich, Sie gehen bitte runter und sagen für Gerichtsschreiberin, was auf Computer ist, damit wir korrektes Protokoll haben. Okay?«
    Nat trottete erneut zum Computer und beschrieb mit monotoner Stimme, was auf dem Bildschirm zu sehen war:
    »Da ist eine Weihnachtskarte mit schwarzem Rand und ein paar schwarzen Kränzen, wie zu Halloween. Darauf steht: >Weihnachtsgrüße 200<, und darunter ist ein Text.« Er las das kleine Gedicht vor.
    »Okay«, sagte Richter Yee. »Okay. Ms Stern, wie möchten fortfahren?«
    Nach kurzer Rücksprache mit ihrem Vater schlug Marta eine kurze Unterbrechung vor.
    »Gute Idee«, sagte der Richter. »Anwälte bitte zu mir ins Richterzimmer.«
    Die vier Anwälte folgten Yee durch die Tür neben der Richterbank und dann den Gang hinunter, der die Gerichtssäle von den Amtsräumen der Richter trennte. Stern hatte Mühe mitzukommen, und Tommy und Jim waren schnell sechs Meter vor ihm und seiner Tochter. Brand kochte vor Wut und murmelte die ganze Zeit: »Was für eine Scheiße.«
    Für die Dauer des Prozesses standen Richter Yee die Räume von Malcolm Marsh zur Verfügung, der für ein Jahr freigestellt war, um in Australien Prozesspraxis zu lehren. Richter Marsh war begeisterter Geiger, der zur Feier seines fünfundsechzigsten Geburtstages sogar mit dem Sinfonieorchester spielen durfte, und er hatte seine Diensträume mit gerahmten Schallplatten und signierten Notenblättern dekoriert. Richter Yee zog seine Robe aus und winkte den Anwälten, Platz zu nehmen, während er hinter Marshs Schreibtisch stehen blieb.
    »Okay«, sagte Yee, »kann mir einer hier erklären, was gerade passiert ist?«
    Längeres Schweigen trat ein, ehe Marta das Wort ergriff.
    »Euer Ehren, allem Anschein nach hat jemand eine Nachricht auf Richter Sabichs Computer hinterlassen, ehe dieser beschlagnahmt wurde, und die Nachricht scheint anzudeuten, dass die Person, von der sie stammt, Richter Sabich diese Anklage angehängt hat.«
    »So ein Schwachsinn«, sagte Brand.
    Richter Yee hob mahnend einen Finger. »Bitte, Brand«, sagte er, und Jim entschuldigte sich mehrfach.
    »Das war völlig unangemessen«, sagte er ein ums andere Mal.
    »Was nun?«, fragte der Richter.
    Schließlich sagte Marta: »Ich denke, wir sollten den Computer untersuchen lassen. Wir sollten die Experten beider Seiten kommen lassen, damit sie gemeinsam alle diagnostischen Tests vornehmen, die möglich sind, ohne die Daten zu verändern, und uns sagen können, wann diese Nachricht hinterlassen wurde und ob sie echt ist oder nicht.«
    »Gut«, sagte Yee. Der Plan gefiel ihm. Die Sterns würden ihre beiden Computerfreaks schnellstmöglich kommen lassen, während die Anklagevertreter dasselbe mit Dr. Gorvetich machen würden. Brand und Marta gingen, um die Anrufe zu tätigen. Marta erreichte ihre Leute per Handy, Brand hingegen hatte Gorvetichs Nummer in seinem Büro auf der anderen Straßenseite, also ging er rüber. In der Zwischenzeit bat Yee den Gerichtsdiener, die Geschworenen nach Hause zu schicken, und die Anwälte einigten sich darauf, erst einmal die Schlussfolgerungen der Experten abzuwarten. Der Computer würde im Gerichtssaal verbleiben, unter Aufsicht der Sicherheitsbeamten.
    Auf dem Weg nach draußen lächelte Stern sein rätselhaftes kleines Lächeln in Tommys Richtung. Sandy sah wirklich besser aus, das Gesicht war etwas voller, und der Ausschlag heilte

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