Der letzte Beweis
Beweismitteln gestanden hat und dafür von der Staatsanwaltschaft mit Disziplinarmaßnahmen bestraft wurde.«
Das löst wieder einen dieser Gerichtssaalaugenblicke aus, bei denen ich nicht mehr mitkomme. Sandy hatte in seinem Büro nichts davon erwähnt, und Brand reagiert darauf wie ein ausbrechender Vulkan. Er neigt ohnehin zum Jähzorn, und jetzt steht er da und tobt, mit hochrotem Kopf und pochenden Schläfenadern. Am Tisch der Anklagevertretung ist Tommy Molto gleichfalls aufgesprungen.
»Euer Ehren«, ruft er, wird aber von Brand übertönt.
»Skandal« und »empörend« sind die Worte, die Brand wiederholt brüllt. Er wendet dem Richter kurz den Rücken zu, um Stern leiser ein wütendes Wort entgegenzuschleudern, dann tobt er weiter.
Richter Yee reicht es jetzt endgültig.
»Halt. Halt. Halt«, sagt er. »Halt. Genug. Alle Anwälte. Hinsetzen bitte. Hinsetzen.« Er wartet kurz ab, bis sich die kläffende Meute beruhigt hat. »In diesem Prozess nichts über vor zwanzig Jahren. Das ist eines. Und zweitens, in dieser Verhandlung, in dieser Verhandlung geht es darum, wer Mrs Sabich ermordet hat, nicht ob wer an Computer von Richter rumgespielt hat. Ich will Ihnen sagen, Ladys und Gentlemen, was ich denke. Ich denke, nichts davon sollte in Beweisaufnahme kommen. Schlüssel und Spyware und wie viele Stunden für dieses und jenes? Die Geschworenen werden angewiesen werden, die Botschaft auf Bildschirm zu missachten, die sie gesehen haben. Und wir werden diesen Prozess zu Ende führen. Der junge Mr Sabich geht morgen wieder in Zeugenstand. Das halte ich für das Beste.«
Am Tisch der Anklagevertretung steht Brand auf. »Euer Ehren«, sagt er. »Euer Ehren. Wir bitten um Gehör. Bitte.« Yee erlaubt Brand vorzutreten, was er erst nach ein paar beschwörenden Worten von Molto tut, der ihn am Ärmel festgehalten hat. Ich bin sicher, er hat Brand gesagt, er soll sich beruhigen, denn jetzt ist Brand wesentlich gemäßigter.
»Euer Ehren, ich verstehe, dass das Gericht es lieber sähe, wenn wir nicht auf solche Nebengleise geraten würden, aber das Gericht möge bitte in Erwägung ziehen, Euer Ehren, wie unfair Ihr Vorschlag für die Anklagevertretung ist. Die Geschworenen haben die Botschaft bereits gesehen. Die Verteidigung wird anführen können, dass Mrs Sabich Selbstmord begangen hat. Sie wird anführen können, dass Mrs Sabich den Computer ihres Mannes genutzt hat. Und sie wird sogar andeuten können, dass sie möglicherweise die Absicht hatte, ihm ein Verbrechen anzuhängen. Die Verteidigung wird all das sagen können, und wenn sie das tut, werden die Geschworenen unwillkürlich an diese Botschaft denken, wohingegen Beweise, die belegen können, dass diese ganze Theorie ein einziger Schwindel ist, nicht zugelassen werden? Euer Ehren, Sie können uns diese Möglichkeit nicht verwehren.«
Yee hat wieder eine Hand vor dem Mund. Selbst ich kann Brands Einwand nachvollziehen.
»Euer Ehren, die Beweisführung würde sehr schnell gehen«, sagt Brand. »Nur ein paar Zeugen.«
Stern, der einen Vorteil immer blitzschnell erkennt, antwortet von seinem Stuhl aus.
»Ein paar Zeugen der Anklage, mag sein, Euer Ehren. Aber die Verteidigung wird sich gezwungen sehen, diese Anschuldigung restlos zu widerlegen. Im Grunde wird es darum gehen, dass unserem Mandanten Behinderung der Justiz vorgeworfen wird.«
»Was halten Sie davon?«, will Richter Yee von Brand wissen. »Erheben Sie doch Anklage gegen Richter Sabich wegen Behinderung der Justiz. Den Prozess können Sie später führen.« Richter Yee will offensichtlich nur noch nach Hause und möchte dieses Problem jemand anderem überlassen.
»Euer Ehren«, sagt Brand, »Sie erwarten praktisch, dass wir diesen Prozess mit auf dem Rücken gefesselten Händen zu Ende führen.«
»Okay«, sagt der Richter. »Ich werde bis morgen nachdenken. Morgen früh sagt der junge Mr Sabich aus. Danach wir debattieren über welche anderen Beweise. Aber morgen wir verhandeln diesen Prozess. Noch keine Entscheidung, wer kann beweisen was. Aber wir werden Zeugenaussage hören. Haben alle verstanden?«
Die Anwälte nicken ohne Ausnahme. Der Richter schwingt seinen Hammer. Die Verhandlung ist für heute geschlossen.
Kapitel 39
Tommy, 25. uni 2009
Tommy war schon immer zu sensibel gewesen, wenn man so wollte, war das sein Problem. Je älter er wurde, desto deutlicher erkannte er, dass so ziemlich jeder seine empfindlichen Stellen hatte. Und im Laufe der Zeit hatte er gelernt, die
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