Der letzte Beweis
April letzten Jahres die automatische Überweisung seines Gehalts auf sein Konto gestoppt hatte. Das war derselbe Monat, in dem die Erhöhung des Ortszuschlages für Richter endlich durchkam, nachdem sie über zwei Jahre lang durch einen unsinnigen, von einer Gruppe Steuerzahler angestrengten Prozess verzögert worden war. Von da an war Rusty alle zwei Wochen mit seinem Scheck zur Bank gegangen und hatte auf den Penny genau die Summe eingezahlt, die vor der Erhöhung des Ortszuschlags regelmäßig auf sein Konto überwiesen worden war. Den Restbetrag ließ er sich bar auszahlen, wobei zu Anfang noch eine Nachzahlung von rund viertausend Dollar angefallen war.
Tommy verstand nicht, was das sollte.
»Das bedeutet, dass er Geld in den Pfoten haben will, von dem seine bessere Hälfte nichts weiß«, sagte Rory. Ab und an sprach sie genauso salopp wie ihr Alter Herr, als bedauerte sie es, eine Elitestudentin gewesen zu sein.
Brand zeigte auf Molto. »Ich hab's dir doch gesagt«, sagte Jim. »Die Frau ist gut.«
»Nein, ich hab's dir gesagt«, entgegnete Molto. »Ich seh nur nicht, wie die Kohle seine Kleine beweist. Vielleicht steht der Richter auf Pferdewetten.«
»Oder auf Crack«, sagte Rory. »Das war meine erste Vermutung, da ich ja nur vermuten kann.« Sie warf Tommy erneut einen düsteren Blick zu. Sie ließ ihn nicht so leicht vom Haken. »Natürlich kann ich nicht sagen, was er mit dem meisten Bargeld gemacht hat. Aber ich hab da so eine Ahnung. Manchmal ist er in die Bank gekommen, hat die Einzahlung gemacht und dann mit dem Bargeld, das er rauskriegte, plus zusätzlichem Geld, das er bei sich hatte, Barschecks gekauft.«
»Gut aufgepasst«, sagte Tommy.
»Eher Glück gehabt. Die Bank hat das mit den Barschecks zusammen mit den übrigen Unterlagen von allein ausgespuckt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, danach zu fragen. Denen ist ihr Bankgeheimnis so heilig, dass man normalerweise auf sie einprügeln muss, bloß damit sie die Sachen rausrücken, auf die man von Rechts wegen Anspruch hat. Aber die hatten alles in weniger als einem Tag zusammen. Wahrscheinlich hat ihnen die Neunzig-Tage-Sperre einen Schrecken eingejagt. Ich glaube kaum, dass die so was da draußen in Nearing oft zu sehen kriegen.«
Sie reichte den ersten Barscheck herum. Er war auf den 14. Mai 2007 datiert und belief sich auf 250 Dollar. Als Empfänger war eine Firma namens STDTC ausgewiesen.
»Wofür steht das?«, fragte Tommy.
»Sexually Transmitted Disease Testing Corporation. Die testen ihre Kunden auf Geschlechtskrankheiten.«
»Hoppla.«
»Allerdings, hoppla«, sagte Rory.
»Hat er sich vielleicht was eingefangen?«, fragte Tommy.
»Meine Güte«, sagte Rory, »da fallen mir viele Erklärungen ein. Eine besser als die andere. Die erste haben Sie schon genannt. Vielleicht hat er sein Kondom vergessen. Vielleicht wollten seine Freundin und er es mal ohne machen und haben im Wartezimmer Händchen gehalten, während sie sich beide testen ließen. Jedenfalls, wenn er irgendwas mit nach Hause geschleppt hat, hätte seine Göttergattin ihm wohl kaum abgekauft, dass er es sich von irgendeiner Klobrille geholt hat.«
»Können wir die Ergebnisse bekommen?«, erkundigte sich Tommy bei Brand.
»Nur wenn wir uns an das FBI wenden. Die können laut Antiterrorgesetz Patientenakten ohne Einverständnis der Betroffenen einsehen. Aber unser hiesiges Parlament hat das auf einzelstaatlicher Ebene abgelehnt.«
Die vom FBI würden den Fall an sich reißen, wenn sie konnten. Chefrichter. Oberstes Bundesstaatsgericht. Die waren ganz wild auf alles, was fette Schlagzeilen machte. Aber Tommy brauchte sie eigentlich nicht. Rusty hatte sich testen lassen, schon allein das bedeutete, dass er fremdgegangen war.
Tommy sah Brand an. »Vielleicht ist Rustys Geliebte eine Professionelle?«
Brand wackelte mit dem Kopf. Denkbar.
»Vielleicht hat Hugh Grant ihm ein paar Ladys empfohlen«, sagte Jim. Sie lachten alle, aber Rory glaubte das nicht, da Besuche bei Prostituierten normalerweise eine Gewohnheit waren und Rusty am 15. Juni des letzten Jahres angefangen hatte, seinen kompletten Gehaltsscheck inklusive der erhöhten Ortszulage einzuzahlen.
»Wie hat er das denn seiner Frau erklärt?«, fragte Brand.
»Einfach behauptet, die Anpassung wäre endlich durchgekommen«, antwortete Rory.
Brand nickte. Tommy ebenso.
»Falls er das Bargeld brauchte, um eine Geliebte zu finanzieren, dann muss die Geschichte aufgehört haben«, sagte Rory. »Zumindest
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