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Der letzte Beweis

Der letzte Beweis

Titel: Der letzte Beweis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Turow
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Du noch kein Wort
gesagt, das mir wirklich helfen würde, es zu verstehen. Alter? Dass Du für
meinen Vater gearbeitet hast? Deine eigene Trennung? Das alles könnten wir locker
bewältigen. Aber das eine Wort, das ich richtig verstehe, ist Nein. Und mir ist
klar, dass ich mich nur noch mehr in etwas hineinsteigern werde, wenn ich so
weitermache.
     
    Ich finde Dich absolut toll.
     
    Ich
antwortete nicht darauf. Es gab nichts mehr zu sagen. Aber noch in der Nacht
schickte er eine weitere Mail.
     
    Anna,
    gerade hab ich noch mal Deine letzte
Mail gelesen, und endlich hab ich kapiert. Ich meine, ich bin bekifft, daher
weiß ich, dass das morgen früh keinen Sinn mehr ergeben wird. Aber jetzt und
hier muss ich Dich was zu meinem Vater fragen, das so abwegig und so
vorabendserienmäßig ist, dass Du mich bestimmt für vollkommen durchgeknallt
hältst.
     
    Ich hab darüber nachgedacht, dass Du
es wegen meinem Dad seltsam finden würdest, mit mir befreundet zu sein. Und darüber,
dass Du so still geworden bist, als es darum ging, dass er vielleicht eine
Affäre hatte. Und dann die Sache mit Deiner Mutter und möglichen Liebhabern.
Daher also meine Frage.
     
    Bist Du meine Schwester? Oder meine
Halbschwester? Ich weiß, der Gedanke kommt mir jetzt nur deshalb logisch vor,
weil ich total high bin. Aber trotzdem. Wäre also toll, wenn Du Dich aufraffen
könntest, mir noch einmal zu antworten.
     
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Datum: Donnerstag, 07.08 0:38
    Betreff: AW: Mein Herz
     
    Ach Nat. Ich muss lachen und auch ein
bisschen weinen. Ich würde Dir sogar gern mit Ja antworten, weil das endlich
eine Erklärung wäre, die Dich beruhigen würde. Und ich finde, es ist eine
ziemlich clevere, wenn auch abwegige Vermutung. Aber die Antwort auf Deine
Frage ist Nein. Nein.
     
    Du hast recht. Wir sollten damit
aufhören. Ich finde Dich mehr als toll. Du bist perfekt. Aber ich möchte Dir
sagen, was ich mir selbst sage. Wenn es zwischen uns möglich war, so einen Zugang
zueinander zu finden, dann ist es auch woanders möglich. Ich hab mich zu oft zu
so positiven Typen hingezogen gefühlt, Menschen, die so waren, wie ich selbst
gern sein wollte, anstatt zu einem Mann, der mir das Gefühl gibt, dass ich selbst
so ein Mensch sein kann. Du hast mir also ein wunderbares Geschenk gemacht, und
dafür werde ich Dir nie genug danken können.
    Deine gute Freundin Anna
     
    Rustys Geburtstag 19.03.2007 - Barbaras Tod 29.09.2008 - Die Wahl 04.11.2008
     

Kapitel 14
    Tommy, 29. Oktober 2008
     
    »Ich weiß, du hast was«, sagte Tommy Molto zu Brand, als er ihn vor dem Hauptjustizgebäude traf. Jim hatte eine Verhandlung und war mit einem eleganten Glen-Plaid-Anzug besser bekleidet, als sich das ein Staatsanwalt eigentlich leisten konnte. Molto sagte manchmal zu Brand, dass er bestimmt in Wahrheit italienischer Abstammung war. Bei dem Prozess, in dem er die Anklage vertrat, ging es um einen Dreifachmord, und eines der Opfer war die Nichte des Filmstars Wanda Pike. Wanda, hinreißend und gramgebeugt, erschien jeden Tag mit ihrer Entourage zur Verhandlung. Da Brand sich genau das hatte denken können, hatte er beschlossen, den Fall zu behalten, anstatt ihn in die Hände eines jüngeren Kollegen vom Ressort für Tötungsdelikte zu geben. Jimmy hatte sich da nie was vorgemacht: Er sah sich einfach schrecklich gern im Fernsehen. Die Verhandlung war für die Mittagspause unterbrochen worden, und Brand war ohne seinen Mantel herausgekommen, um sich mit seinem Chef zu treffen. Er würde frieren. Es war ein kühler Tag mit schneidendem Wind und zerfetzten, hässlichen Wolken. »Wieso?«, fragte Brand. »Wieso was?«
    »Wieso weißt du, dass ich was habe?«
    »Weil du mich nicht extra herkommen lassen oder die kostbare Mittagspause für eine Besprechung opfern würdest, wenn du nichts hättest.«
    »Vielleicht hab ich bloß gedacht, du könntest etwas Bewegung gebrauchen. Vielleicht seh ich dich einfach gern über die Straße stolzieren wie eine Taube. Brand schob tatsächlich den Bauch vor und imitierte Tommys Gang. Jimmy war zu aufgekratzt. Es musste irgendwas Gutes sein. Tommy winkte ihn herein, aber sie warteten auf Rory Gissling, die kurz darauf eintraf, eingepackt in einen dicken Mantel und einen bunten Schal und mit einem Umschlag unter dem Arm.
    Sie betraten das Gebäude und gingen nach oben, um sich ein ruhiges Plätzchen zum Reden zu suchen. Der Gerichtssaal von Richter Wallach

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