Der letzte Beweis
stand offen, und sie setzten sich dicht zusammen ans Ende einer der Polsterbänke, Rory zwischen den beiden Staatsanwälten.
»Zeigen Sie's ihm«, sagte Brand zu ihr.
»Also, wir haben von Barbara Sabichs Apotheke eine Auflistung sämtlicher Rezepte und Medikamente aus dem Monat vor ihrem Tod angefordert«, sagte Rory. Sie zog einen Stapel Blätter aus ihrem Umschlag.
»Zeigen Sie ihm die Quittung für Phenelzin«, sagte Brand.
Rory blätterte den Stapel durch und reichte dem Oberstaatsanwalt dann die Kopie eines Kreditkartenbelegs, der auf den 25. September datiert war, also letzten Monat, und deutlich Rusty Sabichs Unterschrift trug. Brand grinste wie ein Kind unterm Weihnachtsbaum.
»Darf ich?«, fragte Tommy, nahm Rory die übrigen Unterlagen aus den Händen und sah sie durch.
»Er holt sämtliche Medikamente ab«, sagte Tommy. »So sieht's jedenfalls aus.«
»Achtzig, neunzig Prozent«, antwortete Rory.
»Na und?«, fragte Tommy.
»Er hat das Phenelzin abgeholt«, sagte Brand.
»Na und?«, fragte Tommy erneut.
»Zeigen Sie ihm das Zeug von dem Tag vor ihrem Tod«, sagte Brand.
Rory zog Tommy einige Blätter aus der Hand. Rusty hatte am 28. September den Kreditkartenbeleg für Barbaras Schlaftabletten unterschrieben.
»Ich dachte, uns geht's um eine Überdosis Phenelzin«, sagte Molto.
»Sieh dir das Duplikat des Kassenbons an«, sagte Brand. »Die Rückseite da. Achte auf den anderen Kram, den er noch gekauft hat.«
Tommy brauchte einen Moment, um die Abkürzungen zu verstehen, aber anscheinend hatte Rusty eine Flasche Rioja, eingelegte Heringe, italienische Salami und mittelalten Cheddar sowie eine Packung Naturjoghurt gekauft. Es dauerte einen Moment, dann fiel bei Tommy der Groschen.
»Das reagiert alles zusammen mit dem Medikament, nicht?«, fragte er. »Da ist überall dieses Zeug drin.«
»Tyramin. Sehr richtig.« Brand nickte mehrmals. »Er hat buchstäblich alles gekauft, was verboten ist. Damit könnte schon eine normale Dosis Phenelzin tödlich wirken. Die vierfache Dosis sozusagen todsicher. Ich würde sagen, der Richter hat für eine andere Form des Letzten Abendmahls eingekauft.«
Tommy sah sich den Bon erneut an. Er trug den Zeitstempel 17:32.
»Die haben Cocktails getrunken«, sagte er.
»Was?« Brand rutschte näher. »Wie kommst du darauf?«
»Er war am frühen Abend in dem Laden. Er hat eine Flasche Wein und ein paar Appetithappen gekauft. Die haben Cocktails getrunken, Jim.«
»Joghurt?«, fragte Brand. »Für den Dip«, sagte Tommy. »Dip?«, fragte Brand.
»Ja, wer sich gesund ernährt, nimmt Joghurt statt Schmand«, erwiderte Tommy ihm. »Wenn man bedenkt, wie dein Dad gestorben ist, solltest du das eigentlich wissen. Schon mal was von Cholesterin gehört?« Tommy buchstabierte es ihm, und Brand winkte ab. Rory fügte noch ein paar weise Worte über ihren Dad hinzu, der gerade eine Bypassoperation gehabt hatte. Brand überging das und wandte sich wieder dem Fall zu.
»Wir haben ihn, oder?«, fragte er. »Liegt doch auf der Hand, nicht?«
Tommy spürte eine Last auf sich, als sein Erster Staatsanwalt und die Polizistin ihn erwartungsvoll ansahen. Brand war sich seiner Sache schon lange sicher, aber darum ging es nicht. Letztendlich lag die Entscheidung allein bei Tommy. Die Risiken gingen alle auf sein Konto, und wenn einer überzeugt sein musste, dann er. Und unterm Strich war er das noch immer nicht. Rustys Einkaufsliste war ziemlich belastend, zugegeben, aber sie versuchten nach wie vor, sich aus Dingen etwas zusammenzureimen, die ein Verteidiger als zufällig bezeichnen würde.
»Wir kommen immer näher«, sagte Tommy leise.
»Boss!«, protestierte Brand. Er begann, sämtliche Beweise aufzuzählen, und Tommy musste ihn ermahnen, leiser zu sprechen. Was sie wahrhaftig nicht gebrauchen konnten, war ein Reporter, der zufällig irgendwas aufschnappte.
»Jimmy, was ihr beide da zusammengetragen habt, ist ziemlich überzeugend. Aber es sind alles nur Indizien. Ich muss dir doch nicht erst erklären, dass einer wie Sandy Stern diesen Fall auseinandernehmen wird. >Wer ist nicht schon mal in ein Geschäft gegangen, um Lebensmittel abzuholen oder ein Rezept aus der Apotheke, Ladys und Gentlemen?<« Tommy war selbst überrascht, wie gut er Sterns Tonfall hinbekam. »Du hast erlebt, was Stern einer Jury verkaufen kann. Und das größte Problem ist nach wie vor da. Unsere eigene Sachverständige wird im Kreuzverhör einräumen müssen, dass sie außer Mord noch zig andere
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