Der letzte Beweis
schmeckten.
In der
Highschool schloss sich Dede der Gothic-Szene an, mit allem, was dazugehörte,
schwarze Fingernägel, weißes Make-up und so weiter, und es lag auf der Hand,
dass ihr das nichts als Probleme bescheren würde. Ihre Freunde waren allesamt
Einzelgänger und Außenseiter mit Rockertattoos und Kippen in den Mundwinkeln,
und keiner von ihnen behandelte sie gut. In der Abschlussklasse wurde sie von
einem dieser Typen schwanger und bekam Jessie.
Nat
fragte, ob ich noch Kontakt zu ihr hätte, und ich erzählte ihm, dass wir uns
zerstritten hatten.
»Ich bin
sogar mit ihr zusammengezogen, nachdem meine Ehe in die Brüche gegangen war,
aber das lief nicht gut. Ich musste die ganze Hausarbeit machen, sogar für
Jessie die Schulbrote schmieren. Dede kam nicht klar damit, dass es bei mir
besser lief als bei ihr, auch wenn in meinem Leben nicht gerade alles
Zuckerschlecken war, und ich hatte es irgendwann satt, ihr Geld zu leihen, das
ich nie wiedersah. Außerdem nahm Jessie mich unglaublich in Anspruch. Sie war
ein unersättlich bedürftiges, weinerliches kleines Mädchen. Das Ganze
eskalierte schließlich ziemlich heftig, aber darüber möchte ich lieber nicht
sprechen.«
Nat
blickte wieder nach unten auf das Foto und wechselte das Thema, indem er
fragte, wie Storm so war.
»Ehrlich?«,
erwiderte ich. »Ich war dermaßen nervös, ich würd mich, glaub ich, nicht mal
dran erinnern, wenn ich das Bild nicht hätte.«
»Storm
macht eine super Show«, sagte Nat. »Ich hab ihn dreimal live gesehen. Im
College hab ich fast nichts anderes gemacht - ich bin auf Konzerte gegangen und
hab mich bekifft. Im Gegensatz zu heute, wo ich zur Arbeit gehe und mich
bekiffe.«
Er war in
Flachslaune, aber ich starrte ihn an.
»Nat, du
gehst doch nicht etwa mit einem Joint in der Tasche ins Gericht?«
Er wurde
kleinlaut und murmelte irgendwas in der Richtung, dass es ein schweres Jahr
gewesen sei.
»Nat,
wenn sie dich erwischen, kriegen sie dich dran. Dein Dad ist viel zu prominent,
als dass sie bei dir ein Auge zudrücken würden. Du dürftest niemals als Anwalt
praktizieren, und kein Mensch würde dich auch nur in die Nähe einer Highschool
lassen.«
Meine
Standpauke machte ihn natürlich verlegen, und schließlich setzten wir uns stumm
auf den Boden, lehnten uns gegen die verputzte Wand und aßen. Wie sich
herausstellte, war das der kühlste Platz in der Wohnung. Nat war immer noch in
sich gekehrt. Während unserer Lunchverabredung hatte er mir erzählt, dass alle
seine Exfreundinnen ihn als düster und distanziert empfunden hatten. Erst
jetzt verstand ich, was sie gemeint hatten.
»He«,
sagte ich. »Wir machen alle irgendwelche Dummheiten. Schau mich an. Ich bin
Weltmeisterin darin.«
Er sah
mir direkt in die Augen. »Also erzähl mir von dieser Trennung«, sagte er.
»Ach Nat.
Ich glaub, das kann ich nicht.«
Er
schaute mich noch einen Moment länger an, dann zuckte er die Achseln und
widmete sich wortlos seinem Sandwich. Ich merkte, wie man den Kontakt zu ihm
verlieren konnte, vor allem, wenn er sich mit sich selbst unwohl fühlte.
»Okay,
aber keine Fragen«, sagte ich. Ich hatte die Augen geschlossen, um zu
überlegen, wie ich am besten anfing, aber ich spürte trotzdem, dass er sich mir
zuwandte. »Gleich nach meinem Referendariat bei deinem Dad bin ich eine Beziehung
zu einem deutlich älteren Mann eingegangen. Sehr, sehr erfolgreich, sehr
prominent, jemand, den ich schon lange gekannt und bewundert hatte. Es war
ziemlich leidenschaftlich. Aber auch komplett wahnsinnig. Er war verheiratet
und hätte seine Frau niemals verlassen.«
»Ray,
stimmt's? Ray Horgan. Deshalb hast du mich so komisch angesehen, als ich in
deiner alten Wohnung nach ihm gefragt hab.«
Ich
öffnete die Augen und blickte ihn kalt an. Ich kann das, wenn ich muss.
»Okay«,
sagte er. »Schon verstanden. Wie heißt das vor Gericht? >Ich ziehe die Frage
zurück.< 'tschuldigung. 'tschuldigung.«
Ich
erzählte ihm in knappen Worten den Rest der Geschichte: der großartige Mann,
der mir immer gepredigt hatte, wie verrückt die Sache zwischen uns war, und
schließlich Schluss machte. Als ich fertig war, konnten wir aus der Nachbarwohnung
leises Fernsehgemurmel hören.
»Wahrscheinlich
willst du die Kisten jetzt nach meinem scharlachroten Buchstaben absuchen«,
sagte ich schließlich.
»Ach
was«, antwortete er. »Du hattest recht, wir machen alle mal Dummheiten.« Dann
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