Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard
Vom Netzwerk:
goss sich aus einer Karaffe frisch gepressten Orangensaft ein.
    Es klopfte an der Tür, der Kellner kam herein.
    »Wie geht es Ihrer Tochter, Samtlebe?«, fragte Wollweber jovial.
    »Sie kriegt gerade die ersten Zähne.«
    »Die Arme. Das tut bestimmt weh.«
    »Die dritten zu kriegen tut mehr weh.«
    Der Kellner grinste und präsentierte einen Satz neuer Beißer. Der Schmiss an der Wange warf Falten.
    »Ist mein Sohn endlich eingetroffen?«
    »Nein, aber es wurde eine Nachricht für Sie abgegeben.«
    Der Kellner reichte Wollweber einen Briefumschlag. Darauf stand: Herrn Günther Wollweber. Dringend.
    »Ein Fahrradfahrer hat den Brief dem Türsteher in die Hand gedrückt.«
    »Machen Sie auf.«
    Samtlebe öffnete das Kuvert mit einem Messer und offerierte Wollweber ein zusammengefaltetes DIN-A4-Blatt.
    Der winkte ab. »Lesen Sie vor. Ich habe meine Brille nicht hier.«
    Der Kellner überflog die wenigen Zeilen und wurde blass.
    »Was ist? Lesen können Sie doch, oder?« Günther Wollweber führte das Glas an seinen Mund.
    Der Kellner räusperte sich. Seine Hand zitterte. »Ihr Sohn ist in unserer Gewalt. Wir wollen den Film. Sie haben zwölf Stunden Zeit. Wir melden uns, wo und wann die Übergabe stattfinden soll.«
    Das Glas fiel zu Boden, Orangensaft sickerte in den graublauen Seidenteppich und hinterließ sämige Fäden, an denen die Putzfrau ihre helle Freude haben würde.
     

56.
     
    Ganz in der Nähe seiner Wohnung erstand Bastian in einem Einrichtungshaus einen Futon. Der Verkäufer versprach, ihn noch heute anliefern zu lassen, sein altes Bett würde gleichzeitig entsorgt.
    Auf dem Weg zurück nach Hause kaufte Bastian zwei Flaschen Wein und Fertigpizzas. Er freute sich auf einen gemeinsamen Abend mit Sarah.
    Sie hatte versucht, ein Zimmer in einer Pension in der Kantstraße zu bekommen, aber bis morgen war der Schuppen ausgebucht. Daraufhin hatte Bastian Sarah überredet, eine weitere Nacht bei ihm zu bleiben.
    Bastian öffnete die Wohnungstür. »Ich bin zurück!«, flötete er.
    Und erstarrte.
    Sein Küchentisch glich der Auslage einer Metzgerei. Die eingeschweißten Köstlichkeiten, die er in der Abstellkammer versteckt hatte, lagen ausgebreitet vor ihm.
    Sarah empfing ihn mit einem eisigen Blick. »Ich habe nicht rumspioniert, ich wollte nur die Handtücher im Bad wechseln.«
    Bastian schluckte. »Das ist der Nachlass von Willi.«
    »Willi ist seit vorgestern tot. Warum hast du das Zeug nicht in der Asservatenkammer abgeliefert?«
    »Ich habe einfach nicht daran gedacht.«
    »Du hattest Zeit genug.«
    Bastian stellte seine Einkaufstüte ab und trank einen Schluck Wasser aus dem Hahn.
    »Könnte es sein, dass du gar nicht vorhattest, das Zeug abzuliefern oder zu entsorgen?«
    »Was unterstellst du mir?«
    Sarah öffnete die Tür seines Bücherschranks und griff hinein. »Die besten Gerichte vom Wild, Kochen mit Fleisch und Gemüse, dutzende Hefte essen & trinken, Rezepte für die Weihnachtsgans, Fasan und Rebhuhn.«
    »Man muss den Gegner studieren, wenn man ihn besiegen will.«
    Sarah donnerte ihm die Druckwerke vor die Füße. »Du willst den Gegner nicht studieren, du bist einer von ihnen.«
    Sie schnappte ihre bereits gepackte Tasche. »Ich bleibe keine Minute länger. Ich habe mir ein Zimmer im Kempinski genommen.«
    Bastian fand keine Worte. Die Tür knallte zu und er stand allein vor einem Tisch voller Köstlichkeiten. Sein Hunger hatte sich allerdings verzogen.
     
    Sarah winkte auf der Straße ein Taxi heran. Statt sich auf direktem Weg zum Hotel bringen zu lassen, nannte sie die Adresse von ihrer und Imogens gemeinsamer Wohnung. Eine gute Gelegenheit, dort noch ein paar Sachen herauszuholen.
    Die Enttäuschung über Bastian saß ihr tief in den Knochen. Sie hatte begonnen, diesen ungehobelten Klotz zu mögen. Sie hatte sich wieder einmal in einem Mann geirrt.
    Sie bat den Taxifahrer zu warten, nahm die Treppen im Spurt und öffnete die Wohnungstür.
    Als sie die Räume betrat, hörte sie bekannte Geräusche. Sie seufzte. »Da muss ich durch.«
    Imogen und Petra vögelten im Schlafzimmer.
    »Entschuldigung!« Sarah ging am Bett vorbei zum Kleiderschrank. »Ich bin gleich wieder weg.«
    Ohne dem überraschten Paar einen Blick zu schenken, zerrte sie eine Reisetasche vom Schrank und verstaute Dessous, ein paar Blusen und Hosen.
    Petra verbarg vor Scham ihr Gesicht hinter dem Kopfkissen, Imogen zog sich hektisch Unterhose und Jeans an. »Du kannst doch hier nicht so einfach hereinschneien!«
    »Du

Weitere Kostenlose Bücher