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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard
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nicht. Er meint, dass Eberwein Wollweber aus Karrieregründen erledigen will. Koste es, was es wolle.«
    »Warum hast du Eberwein nicht darauf angesprochen?«
    »Du hast doch mitbekommen, wie er uns abgefertigt hat.«
    Bastian wies den Weg zu seinem Wagen.
    Sarah nahm ihre Fingernägel in Augenschein. Einer war abgebrochen, die anderen schrien nach einer Maniküre.
    »Ich würde jetzt gerne duschen«, sagte sie. »Und danach suche ich mir eine Pension.«
    Sie registrierte Bastians zurückhaltende Reaktion. »Oder hast du etwas anderes mit mir vor?«
    Bastian nickte. »Das ist noch etwas, was ich dir sagen muss.«
    »Mach es nicht so spannend!«
    Bastian entriegelte die Schlösser. »Wir machen einen kleinen Umweg. Dabei erzählst du mir, was du erlebt hast, und ich dir, was mir Liebisch anvertraut hat.«
     
    In den Räumen der Gerichtsmedizin war es angenehm kühl. Der Mediziner schlug eine Decke zurück und Sarah schaute in Petersens lebloses Gesicht. Ohne Brille sieht er jünger aus, dachte sie. Angesichts seiner Leiche empfand sie keinen Zorn, nur Mitleid.
    Was hatte Petersen dazu getrieben, für Wollweber zu arbeiten? Sie glaubte nicht, dass man ihren Kollegen mit gebratenen Täubchen hatte bestechen können, er war zeit seines Lebens Vegetarier gewesen. Frauen konnten auch kein Grund gewesen sein, Petersen war schwul. Die Zeiten, in denen man Schwule mit ihrer Homosexualität erpressen konnte, waren längst vorbei, nachdem sich die Hälfte der Ministerpräsidenten geoutet hatte.
    Wahrscheinlich hatte Wollweber Petersen ganz einfach mit Geld geködert. Petersens exquisiter Geschmack passte nicht zu seiner Besoldungsgruppe.
    Bastian trat neben Sarah. »Man hat seine inneren Organe aufgeschlitzt. Er ist verblutet, ziemlich schnell. Seine Leiche ist ganz in der Nähe unseres Treffpunktes mit Wollweber gefunden worden. Ich vermute, dass er es war, der Wollweber gesagt hat, wer wir in Wirklichkeit sind.«
    Sarah nickte. »Das glaube ich auch. Ich habe dir doch von der Salmiakpastillendose in Wollwebers Wagen erzählt.«
    Der Gerichtsmediziner fragte, ob sie noch weitere Auskünfte benötigten. Sie verneinten und Sarah deckte das Tuch über Petersens Gesicht. Schweigend verließen sie den kühlen Raum.
     

54.
     
    Das Café in der Jugendstilvilla an der Kurfürstenstraße war der Treffpunkt für Schauspieler, Politiker und Journalisten, die Indiskretionen und die Kaffeemischungen aus der eigenen Rösterei schätzten.
    In einer schattigen Ecke des Gartens saßen Eberwein und Jungclausen und nahmen ihr Mittagessen ein. Während Eberwein mit großem Appetit einen Nudelauflauf aß, stocherte Jungclausen lustlos in einem gemischten Salat.
    »Die Lage wird nicht besser, wenn du nichts isst.«
    Jungclausen schob den Salatteller zur Seite. »Die ganze Sache schlägt mir auf den Magen. Wir haben insgesamt 1,7 Tonnen Fleisch verloren und sind keinen Schritt weiter. Wollwebers Ultimatum läuft morgen ab. Wie konntest du dir nur so sicher sein, dass dein Plan funktioniert? Ich habe mich auf dich verlassen.«
    »Unvorhersehbare Hindernisse.«
    »Der Minister wird mir einen Tritt in den Arsch geben.«
    »Du wolltest doch ohnehin ins Gesundheitsministerium.«
    »Mir ist nicht nach Scherzen!«
    Eberwein winkte die Kellnerin heran und bestellte sich einen Espresso. Jungclausen passte.
    »Ich begreife nicht, wie du so gelassen bleiben kannst. Es geht auch um deinen Kopf.«
    »Bis morgen kann viel passieren.«
    Eberwein bemerkte am Nebentisch eine bekannte Fernsehmoderatorin, die mit ihrem Mann bei Latte macchiato und Cognac saß. Die Schwarzhaarige hatte kurz nach der Prohibition für einen Skandal gesorgt, indem sie in ihrer Talkshow einen bekennenden Fleischesser hatte auftreten lassen, der die versammelten Vegetarier mit einem beherzten Biss in eine Frikadelle schockierte. Als der Mann nach dem Ende der Show von Zivilpolizisten wegen der »Anstiftung zu und Verherrlichung von Straftaten« verhaftet werden sollte, hatte sich die Moderatorin demonstrativ vor ihn gestellt und den Rest der Frikadelle selbst gegessen. Sie war vom Sender gefeuert und vom Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ihre Sendung hatte ein ergrauter, auf jugendlich getrimmter Moderator übernommen, der in der Vergangenheit Wissenschaftssendungen angesagt hatte. In seiner unendlichen Eitelkeit reduzierte er schrittweise die Anzahl der Studiogäste, bis er schließlich allein vor der Kamera stand. Der Moderatorin war später eine Verkaufsshow

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