Der letzte Bissen
Polizei.«
»Gestern Nacht haben Polizisten ein Lager gestürmt und fünf meiner Leute erschossen. Vielleicht ist Ihnen etwas darüber zu Ohren gekommen. Ich habe mich umgehört, die Polizei weiß davon angeblich nichts. Herr Bennecke, was geht da vor?«
Bastian zuckte mit den Achseln. Er hatte tatsächlich keine Ahnung.
»Ich habe nur einen Sohn, und den will ich nicht verlieren. Ich werde Sie zu einem reichen Mann machen, wenn Sie mir helfen, ihn lebend wiederzusehen.«
»Ich kann Ihnen nur raten, sich an die Polizei zu wenden. Es gibt Spezialabteilungen, die für Entführungen zuständig sind... Aber ich habe das Gefühl, dass Sie das nicht tun werden.«
Der Alte leerte sein Glas. »Mein Angebot steht. Überlegen Sie es sich. Sie können gehen. Herr Samtlebe bringt Sie wieder nach Hause.«
»Ich gehe lieber zu Fuß.«
Wollweber reichte ihm die Hand. Bastian merkte, dass der Mann zitterte.
»Überlegen Sie sich gut, wem Sie was sagen.«
»Danke für den Saft.« Bastian verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Niemand hinderte ihn am Verlassen des Restaurants, der Kellner mit dem Schmiss hielt ihm sogar die Tür auf. »Beehren Sie uns bald wieder!«
Bastian lief ein paar Schritte, setzte sich in ein Straßencafé und dachte nach. Er konnte sich keinen Reim auf den Sinn der Veranstaltung machen. Stimmte das mit der Entführung? Und hoffte Wollweber tatsächlich auf seine Hilfe?
Je länger Bastian nachdachte, desto konfuser wurden seine Spekulationen. Er musste sich mit jemandem austauschen, eine Meinung hören. Eberwein? Liebisch? Rippelmeyer?
Zwanzig Minuten später erkundigte er sich an der Rezeption des Kempinski, welche Zimmernummer Frau Sarah Kutah hatte.
58.
Das beharrliche Klopfen an der Zimmertür weckte Sarah. Sie lag angezogen auf einem breiten Bett.
Der Fernseher lief. In einer Gerichtsshow bestand ein langhaariger Mittvierziger mit fahlem Gesicht darauf, dass seine Ehe wegen seelischer Grausamkeit sofort geschieden werden müsse.
Noch immer klopfte jemand an der Tür. Sarah erhob sich. »Moment!«
Sie warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Sie fand, dass sie entsetzlich aussah, aber für die Begegnung mit dem Zimmerservice würde es reichen.
Sie öffnete die Tür und schaute in das zerknirschte Gesicht von Bastian.
»Ich war bei Günther Wollweber. Boris ist entführt worden.«
»Wen interessiert das?!«
Sie knallte die Tür zurück ins Schloss und setzte sich auf die Kante des Betts.
Der Anwalt des Langhaarigen offenbarte gerade die Details der seelischen Folter, die sein Mandant hatte erleiden müssen. Er hatte seine Ehefrau dabei erwischt, wie sie Fleischklößchen in die Linsensuppe mogelte.
Sarah zappte durch die Programme. Schließlich schaltete sie den Fernseher aus und ging wieder zur Tür.
Bastian stand noch immer an der gleichen Stelle. »Er hat mir Geld geboten, wenn ich ihn finde.«
Sarah trat zur Seite. »Komm rein!«
Bastian nahm in einem komfortablen Sessel in der kleinen Sitzecke Platz und erzählte. Sarah nutzte die Zeit seines kleinen Vortrags, um den Inhalt ihrer beiden Reisetaschen im Schrank zu verstauen.
»Wollweber hat wirklich Angst um seinen Sohn«, beendete Bastian seinen Bericht und sah Sarah an.
Sie verschwand im Bad.
Bastian hörte das Wasser rauschen. Er war mit keinem Wort auf die Vorgänge in seiner Wohnung eingegangen und hatte sich ausschließlich auf die Beschreibung seiner Begegnung mit Wollweber konzentriert.
Sarah kam aus dem Bad und trocknete sich das Gesicht ab. Bastian schaute sie erwartungsvoll an.
Sie warf das Handtuch auf das Bett. »Was erwartest du jetzt von mir? Soll ich dir Absolution erteilen?«
»Ich will wissen, was du von der Sache hältst.«
Sarah drehte den Stuhl, der vor dem kleinen Sekretär stand, zu Bastian und setzte sich. »Hast du dich erkundigt, ob das mit der Entführung stimmt?«
»Wo denn? Bei wem denn? Die Kollegen werden nichts wissen und die Handynummer des Bergmanns habe ich verlegt.«
»Warum hast du nicht Eberwein angerufen?«
Bastian verschränkte die Arme vor seiner Brust. »Ich traue ihm nicht mehr.«
»Wegen dem, was dir Liebisch eingeflüstert hat?«
Bastian zuckte mit den Achseln.
Sie schwiegen sich an.
Sarah öffnete die Flasche Mineralwasser, die auf dem Sekretär stand, und goss sich ein Glas Wasser ein. Sie schaute auf einen kleinen Zettel, der gegen das zweite Glas gelehnt war.
»Was? Sechzehn Euro für eine Literflasche Wasser? Ist darin Gold gewaschen
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