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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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nicht gleich, sondern blieb noch auf der Schwelle stehen, zog umständlich einen schmalen, flachen Kasten aus der Brusttasche, der vermutlich das benötigte Werkzeug enthielt, und trat dann erst, immer noch mit merklichem Zögern, in den Flur. Sie führte ihn in das erste Zimmer gleich rechts neben der Eingangstür. Der Mann entdeckte die Schreibmaschine mit einem Blick.
    »Ich muß doch nicht die ganze Zeit dabeisein, oder?« Sie schien es eilig zu haben, wieder zu ihren häuslichen Pflichten zurückzukehren.
    »Nein, nein. Wird nicht lange dauern, nehme ich an. Es sei denn, es ist doch was Komplizierteres.« Seine Stimme klang, als stehe er unter Anspannung.
    »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie fertig sind. Ich bin in der Küche.«
    Der Mann sah sich im Zimmer um, tippte abwesend mehrere Buchstaben und bewegte vorsichtig den Wagen hin und her bis zum Anschlag, so daß jedesmal ein leises Klingeln ertönte. Die ganze Zeit über horchte er auf die Geräusche aus der Küche. Das Geschirrklappern klang beruhigend. Trotzdem konnte er eine gewisse Nervosität nicht unterdrücken. Nach einem weiteren Moment des Abwartens öffnete er vorsichtig die rechte obere Schreibtischschublade. Büroklammern, Kugelschreiber, ein Radiergummi – nichts Besonderes. Der Inhalt der beiden anderen Fächer war ebenfalls unverdächtig – Bündel von Notizblättern, dicke Protokolle von College-Konferenzen, ein Karteikasten. Auf der linken Seite bewahrte Crowther offenbar sein Schreibpapier auf. Es gab mehrere Stöße, liniert und blanko, in drei verschiedenen Formaten, mit und ohne Briefkopf. Draußen war es auf einmal still. Er machte sich schnell wieder an der Maschine zu schaffen. In der Küche wurde geräuschvoll ein Deckel auf einen Topf gesetzt. Alles in Ordnung. Er spannte ein Blatt in Quartformat in die Maschine und tippte von einem mitgebrachten Zettel den folgenden Satz ab: nach eingehender Prüfung aller Unterlagen sehe ich mich leider gezwungen, Ihnen mitzuteilen, das wir Ihrer Bewarbung nicht entsprechen konnten.
     
    Mrs. Crowther begleitete ihn zur Tür. »Jetzt müßte sie eigentlich wieder funktionieren. Etwas Schmutz im Walzenlager, das war alles.«
    »Soll ich jetzt gleich bezahlen?«
    »Nein, das ist nicht nötig. Wir schicken Ihnen eine Rechnung.« Lewis atmete auf. Das hätte er hinter sich.
     
    Gegen zwölf klopfte Lewis an die Tür von Bernard Crowthers Zimmer im zweiten Hof des Lonsdale College. Bernard war gerade dabei, einem seiner Studenten, einem bebrillten jungen Mann mit ziemlich langen Haaren, noch einige gute Ratschläge mit auf den Weg zu geben.
    »Sie brauchen sich meinetwegen nicht zu beeilen«, sagte Lewis. »Ich kann ein paar Minuten warten.«
    Doch Bernard hatte jetzt keine Ruhe mehr. Er wußte, daß Lewis Morses rechte Hand war, und war ungeduldig zu erfahren, was sein Kommen bedeutete. Der Student wurde hinauskomplimentiert, allerdings nahm sich Crowther noch die Zeit, ihm zum nächstenmal die Anfertigung eines Essays über ›Die Funktion der Symbole in Shakespeares Cymbel i ne ‹ aufzutragen. Dann schloß er die Tür hinter ihm. »Nun, Sergeant?«
    Lewis erzählte ihm ohne viele Umschweife, wo er heute morgen gewesen war und was er dort gemacht hatte. Er ließ durchblicken, daß ihm diese Art des ungesetzlichen, mit Täuschung verbundenen Vorgehens nicht besonders zugesagt hatte. Crowther erhob keinerlei Protest und schien weder überrascht noch verärgert. Nur der Gedanke, daß seine Frau vielleicht doch etwas gemerkt hatte, bereitete ihm offenbar Sorge.
    »Ich glaube, Sir, wenn Sie jetzt mitspielen und ihr im nachhinein erklären, Sie hätten bei Kimmons angerufen, aber leider vergessen, ihr Bescheid zu sagen, wird sie gar nicht erst auf die Idee kommen, daß etwas nicht stimmen könnte. Ich habe mich jedenfalls bemüht, möglichst echt zu wirken.«
    »Hätten Sie mich nicht vorher fragen können?«
    »Da haben Sie wohl recht, Sir, aber Inspector Morse wollte möglichst wenig Aufhebens von der ganzen Sache machen.«
    »Wie rücksichtsvoll von ihm«, sagte Crowther nun doch etwas gereizt. Lewis stand auf. »Bevor Sie gehen, Sergeant, würde ich aber doch noch gern wissen, was Sie damit eigentlich zu erreichen hofften.«
    »Wir wollten herausfinden, Sir, ob eine gewisse Mitteilung eventuell auf Ihrer Maschine geschrieben wurde.«
    »Und Sie denken, ich hätte mit dieser … dieser Mitteilung etwas zu tun?«
    »Wir stellen nur Ermittlungen an, Sir, wie es unsere Pflicht ist.«
    »Und?«
    »Was

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