Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
mal Ihren Verstand!«
    Lewis war wütend. Er ging in die Kantine, um sich bei einem Kaffee abzuregen.
    »Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen, Sarge?« Constable Dickson war wieder einmal beim Essen.
    »Dieser verdammte Morse«, fluchte Lewis und setzte seine Tasse so hart zurück, daß der Kaffee überschwappte.
    »Du trinkst ihn wohl gern halb und halb, was? – Halb in der Tasse, halb in der Untertasse.« Lewis’ Ärger schien ihn sehr zu amüsieren. McPherson kam herein und setzte sich zu ihnen an den Tisch. »Wie sieht’s aus, den Mord schon gelöst, Sergeant?«
    »Jetzt reicht’s mir aber. Ich will nichts mehr davon hören.« Lewis stand auf, stieß den Stuhl zurück und verließ die Kantine.
    McPherson sah ihm verdutzt nach. »Was ist denn in den gefahren? Der weiß anscheinend gar nicht, was er für ein Schwein hat, mit Morse zusammenzuarbeiten. Der ist doch ein As. Wenn überhaupt einer den Fall klärt – dann er.«
     
    Es war schade, daß Morse dies Kompliment nicht hörte. Es hätte ihm gutgetan. Nachdem Lewis gegangen war, saß er eine Zeitlang, die Fingerspitzen gegeneinandergelegt, in tiefes Nachdenken versunken. Dann humpelte er zum Schrank und holte die Akte Kaye heraus. Er entnahm ihr die Kopie des Briefes an Jennifer Coleby sowie die Erklärung Crowthers und las sie noch einmal durch. Es fiel sofort auf, daß unter beiden dieselbe Schlußformel stand: Mit verbin d lichen Grüßen. Eine ungewöhnliche Floskel. Es war doch sehr viel üblicher, Mit freundlichen Grüßen zu enden. Nur ein kleines Indiz – aber immerhin. Und dann gab es eine weitere identische Formulierung: … erscheint es mir nicht u n wahrscheinlich hieß es in dem Brief an Jennifer und … doch ist es nicht unwahrscheinlich lautete die Wendung, die Crowther in seiner Aussage benutzt hatte. Morse konnte sich von seiner Schulzeit her erinnern, daß man diese Figur Lit o tes nannte, Verneinung des Gegenteils. Er hatte das Beispiel noch im Ohr: Der Apostel Paulus war Bürger keiner geri n gen Stadt. Crowther schien eine Vorliebe dafür zu haben. Sie tauchte in seinen Ausführungen noch ein weiteres Mal auf. Über Sylvias Begleiterin hatte er notiert: … daß sie nicht unfroh darüber war, daß die Blonde es übernommen hatte, sich an die Straße zu stellen. Nicht unfroh. Eine solche Ausdrucksweise deutete auf souveräne Beherrschung der Sprache hin. Die durfte man bei ihm sicher voraussetzen. Schließlich war er Dozent für englische Literatur. Natürlich ließ sich mit diesem Stilvergleich nichts Endgültiges beweisen, rein theoretisch war es möglich, daß alle Ähnlichkeiten nichts als Zufall waren, aber Morse glaubte das nicht. Und daß der Brief auf jeden Fall suspekt war, dessen wurde er sich immer sicherer. Schließlich war die Idee auch gar nicht so neu. So etwas hatten zum Beispiel während des Zweiten Weltkriegs Eheleute praktiziert, um die scharfe Armeezensur zu unterlaufen. In harmlosen Sätzen wie Daß Arnie Keuchhusten hat, tut mir sehr leid. Hoffentlich geht es ihm bald wieder besser, konnte sehr wohl die militärischer Geheimhaltung unterliegende Mitteilung verborgen sein, daß die Einheit des Schützen Smith von Aldershot nach Kairo verlegt werden sollte.
    Draußen wurde es schon dunkel, und er stellte die Akte in den Schrank zurück. Die Kontur des Grundmusters gewann an Schärfe, dachte Morse. Er war mehr denn je davon überzeugt, sich auf dem richtigen Weg zu befinden.

Kapitel 16 – Dienstag, 12. Oktober
     
    Am Dienstag morgen gegen elf, eine halbe Stunde, nachdem Crowther mit dem Bus in die Innenstadt gefahren war, erschien vor seinem Haus in der Southdown Road ein kleiner Lieferwagen mit der Aufschrift Kimmons Schreibm a schinen – Verkauf und Reparatur. Ein Mann in einer grauen Arbeitsjacke, auf deren Brusttasche unübersehbar der Firmenname prangte, stieg aus, öffnete die Gartenpforte, ging an dem kleinen vernachlässigten Rasenstück vorbei zur Haustür und klingelte. Margaret Crowther öffnete ihm die Tür.
    »Ja?« fragte sie und trocknete sich ihre Hände an der Schürze ab.
    »Wohnt hier ein Mr. Crowther?«
    »Ja.«
    »Könnte ich ihn bitte sprechen?«
    »Er ist heute morgen nicht hier.«
    »Das ist aber dumm. Sind Sie vielleicht zufällig Mrs. Crowther?«
    »Ja.«
    »Ihr Mann hat uns angerufen und darum gebeten, daß wir uns seine Schreibmaschine ansehen. Er sagte, der Wagen würde klemmen.«
    »So? Dann kommen Sie wohl am besten herein.«
    Der Mann folgte der Aufforderung

Weitere Kostenlose Bücher