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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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dies endlich mal ein Auftrag sei, bei dem sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden ließ. Aber er hatte wenig Hoffnung, daß sich dieser Glücksfall in naher Zukunft wiederholen würde. Wenn Morse in ein paar Tagen wieder gesund war, würde er derlei Aufgaben wohl wieder an sich ziehen.

Kapitel 15 – Montag, 11. Oktober
     
    Morse verlebte einen ruhigen Samstagabend und Sonntag. Alles in allem war er nicht unzufrieden und sah der kommenden Woche mit Zuversicht entgegen. Sein Fuß war schon wieder etwas belastbar, und so beschloß er am Montag morgen, seine Krücken gegen Stöcke auszutauschen. Er verabredete mit McPherson, ihn zum Radcliffe-Krankenhaus zu fahren.
    Auf der Fahrt dorthin unterzog er den Constable einer genauen Befragung. Was für einen Eindruck hatte Crowther auf ihn gemacht? Konnte er beschreiben, wie dieser auf ihn reagiert hatte? Was vermutete er, wie sich Crowther zu Hause gab? Hatte McPherson mitbekommen, was er gemacht hatte, bevor die Polizei bei ihm geklingelt hatte? Morse stellte erfreut fest, daß der junge Constable intelligent und aufgeweckt war, und machte ihm ein Kompliment für seine gute Beobachtungsgabe. McPherson wurde wieder rot. Morse sann darüber nach, was er gerade gehört hatte. Einiges davon war wirklich außerordentlich interessant.
    »Haben Sie zufällig gesehen, was er las?«
    »Genau konnte ich es nicht erkennen, Sir, aber ich glaube, es war ein Buch über Literatur. Verse und so, Sie wissen schon.« Morse ließ es hingehen.
    »Sie sagten, in dem Zimmer habe ein Schreibtisch gestanden?«
    »Ja. Sah ziemlich unordentlich aus. Überall Bücher und Papiere.«
    »Gab es irgendwo eine Schreibmaschine?« fragte Morse, bemüht, es beiläufig klingen zu lassen.
    »Ja. Eine von diesen kleinen Reiseschreibmaschinen.«
    Morse schwieg. Am Eingangstor zum Radcliffe wurden sie vom Pförtner durchgewinkt. Der Weg zur Unfall-Ambulanz führte über mehrere enge Höfe. Sie lag so versteckt, daß man hätte annehmen können, den ohnehin in der Regel behinderten Patienten solle der Zugang noch zusätzlich erschwert werden. McPherson parkte den Streifenwagen unmittelbar vor dem Eingang auf einem weißumrandeten Rechteck mit der Aufschrift Nur für Krankenfahrzeuge. Niemand hinderte sie daran. Ab und zu war es doch von Vorteil, bei der Polizei zu sein, dachte Morse. Er hatte ganz naiv angenommen, die Krücken gegen Stöcke auszuwechseln, sei eine Sache von fünf Minuten. Aber da hatte er sich geirrt. Es schien eine Regel zu geben, daß alle Patienten grundsätzlich erst einmal zu warten hatten – egal was sie wollten –, und Morse blieb nichts anderes übrig, als genau wie die anderen Platz zu nehmen, bis bestimmte vorgeschriebene Formalitäten erfüllt waren und sie ihn aufrufen würden. So saß er wieder auf der harten Bank, dieselbe zerfledderte alte Ausgabe von Punch vor sich und war genauso ungeduldig wie beim erstenmal. Durch die Tür konnte er die Stimme des chinesischen Arztes hören, dessen Gleichmut durch das Gezappel eines kleinen Jungen anscheinend einer Zerreißprobe ausgesetzt war: »Duwillstbalddleiladfahlen, meinkleiner, dumußhaltenknieluhig!«
    Morse starrte mißmutig auf den blankpolierten Linoleumboden und begann halb unbewußt, die Beine der vorübereilenden Krankenschwestern zu taxieren. Nichts Umwerfendes dabei. Aber die jetzt – hm, die konnten sich sehen lassen. Er blickte hoch, weil er neugierig war, ob es oben genauso aufregend weiterging, doch er war nicht schnell genug gewesen, und sie war schon um die Ecke verschwunden. Stämmige Beine, Beine so la la, spindeldürre Staksen und plötzlich wieder die Beine von eben, und sie blieben auch noch wunderbarerweise vor ihm stehen.
    »Ich hoffe, man kümmert sich gut um Sie, Inspector?«
    Morse sah sie an wie eine Erscheinung und fühlte, wie er sich augenblicklich in ihren dunklen, etwas traurigen Augen verlor. Jennifers Mitbewohnerin …
    »Sie wissen noch, wer ich bin?« fragte er und hätte sich im selben Moment am liebsten die Zunge abgebissen. Was für eine idiotische Frage.
    »Und Sie? Erinnern Sie sich denn noch an mich?«
    »Wie könnte ich Sie vergessen haben«, sagte Morse. Gut, daß ihm das eingefallen war. Er war schon so lange aus der Übung. Er spürte fast schmerzhaft, wie hübsch sie war. »Arbeiten Sie hier?«
    Sie lächelte ihn ein wenig spöttisch an. »Seien Sie mir nicht böse, Inspector, aber ich glaube, Sie haben auch schon mal klügere Fragen gestellt.«
    Morse fand, daß sie in der

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