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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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komme ich zu dem Punkt, von dem ich eben sprach. Weder Sylvias Begleiterin noch der Fahrer des Wagens, der sie mitgenommen hat, haben sich bei uns gemeldet. Ich fand das merkwürdig.
    Daß einer von ihnen, zum Beispiel der Fahrer, Ursache haben könnte, sich bedeckt zu halten, hätte mir eingeleuchtet, aber gleich alle beide? Und anzunehmen, daß sie, was den Mord anging, unter einer Decke steckten, der Mann und das Mädchen sozusagen als Komplizen, das erschien mir angesichts der Umstände der Tat als abwegig. Andererseits – irgendeinen Grund mußte es ja schließlich geben. Und wenn sie nun zwar nicht Komplizen wären, aber sich doch kennen würden? Intimer kennen als zulässig, weil vielleicht er oder sie oder auch alle beide verheiratet sind? Mit anderen Worten, was wäre, wenn die beiden miteinander ein Verhältnis hätten? Würden sie es da wagen, sich in eine Morduntersuchung verwickeln zu lassen und damit riskieren, daß ihr verborgenes Liebesleben ans Licht käme? Nein, Lewis. Der Gedanke an die Polizei und alles, was damit zusammenhängt – Nachforschungen, Fragen, Protokolle –, müßte sie in Panik versetzen.« Lewis wünschte, der Inspector hielte sich nicht so lange bei Unwesentlichkeiten auf. »Nun, inzwischen kennen wir den Fahrer des Wagens: Crowther. Und was schreibt er in seiner Erklärung? Daß er sich einmal pro Woche im Park von Schloß Blenheim mit einer anderen Frau getroffen habe. Und mehr noch – daß er am Abend des 29. wieder auf dem Weg zu einem ihrer heimlichen Stelldicheins gewesen sei. Alles, was er sagt, stimmt mit meiner Vermutung überein, und selbst noch da, wo er sich nur vage äußert – nämlich in bezug auf das Mädchen im Fond –, paßt alles haargenau in das Bild, das ich mir gemacht habe. Wenn es wirklich seine Geliebte war, dann würde er doch nicht so dumm sein, uns eine genaue Beschreibung von ihr zu geben.«
    »Aber …« begann Lewis.
    Morse hob abwehrend die Hand. »Lassen Sie mich erst ausreden, Sergeant. Was hatte uns Mrs. Jarman doch gleich noch über Sylvias Begleiterin, unsere mysteriöse Miss oder Mrs. X erzählt? Sie sei etwas nervös gewesen, aufgeregt und ungeduldig. Nun frage ich Sie, Lewis, warum um alles in der Welt sollte irgendjemand ungeduldig sein, nach Woodstock zu kommen? – Es sei denn, man ist dort verabredet, die Verabredung ist einem wichtig und man will auf keinen Fall zu spät kommen, weil die Zeit, die man füreinander hat, ohnehin nur knapp bemessen ist. Crowther hat ausgesagt, daß er immer nur ungefähr eine Stunde hatte, erinnern Sie sich?«
    »Aber …« begann Lewis erneut, verstummte aber, als er Morses Gesicht sah.
    »Und jetzt zu Ihrer Frage, Sergeant, warum wir noch immer hinter Miss Coleby her sind. Oder besser, warum ich noch immer hinter ihr her bin. Nun, begonnen hat alles mit dieser Bemerkung Sylvias zu ihrer Begleiterin, von der uns Mrs. Jarman berichtet hat. ›Morgen früh wirst du mit mir zusammen darüber lachen‹, Sie wissen schon. Die beiden hätten sich also normalerweise am nächsten Tag gesehen. Das brachte uns auf die Idee, daß die Dunkelhaarige eine Arbeitskollegin von Sylvia sein müßte. Wir richten also unser Augenmerk auf die Mädchen bei Town and Gown und stoßen bei unseren Nachforschungen auf einen reichlich merkwürdigen Brief, dessen Empfängerin eine gewisse Jennifer Coleby ist. Für ein paar Tage ist Miss Coleby meine haushohe Favoritin für den Titel der Miss X. Zwar ist der Brief kein hinreichender Beweis, aber doch immerhin im Kontext unserer Ermittlungen so auffällig, daß ich es für angezeigt halte, mich näher mit Miss Coleby zu befassen. Es stellt sich heraus, daß Jennifer sich außerordentlich geschickt zu verteidigen weiß. Sie hat meinem Verdacht zwei Behauptungen entgegenzusetzen. Erstens, sie sei zur fraglichen Zeit nicht in Woodstock gewesen oder auf dem Weg dorthin, sondern in einem Pub in Begbroke, der Golden R o se, um genau zu sein. Das ist uns von der Wirtin auch bestätigt worden, heißt aber nicht viel. Begbroke liegt an der Straße nach Woodstock, und Jennifer könnte sehr wohl das zweite Mädchen sein, das Baker hinter dem Kreisverkehr zusammen mit Sylvia in das rote Auto hat einsteigen sehen. Dann hat sie sich eben schon vor Woodstock absetzen lassen. Das wäre doch denkbar. Aber ihr dickster Trumpf kommt erst noch. Sie teilt mir nämlich mit, sie besitze ein Auto und habe es folglich gar nicht nötig zu trampen. Damit hatte sie mir den Wind aus den Segeln genommen. Das

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