Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
Million Jahre, das waren ihre Worte, bevor sie verschwand. Er hatte es getan, war zurückgegangen mit der Kraft seiner Vorstellung, seines Wunsches, sie zu treffen. Sie wollte es so. Zurück in dieses Kapitel, in das ihn das Spiel gebracht hat. Wie anders hätte er sonst ihre Worte deuten sollen, als dass sie sich genau in diesem Kapitel, in dieser Szene des Spiels befand? Irgendwo würde er sie treffen, er war sich sicher.
Aber warum eigentlich? Vielleicht war es Unsinn. Ausgerechnet in diesem Nirgendwo, in dieser Vergangenheit, von der so wenig bekannt war ...
In der Tiefe auch seines Avatar-Bewusstseins war der Gedanke: Kann raus, kann jederzeit zurück in die andere Ebene wechseln, wenn ich hier nicht finde, was ich suche. Ich bestimme das Spiel mit ...
„ !aaAA! “-Rufe rissen ihn aus seinen Gedanken. Die Gruppe war unter den Bäumen angekommen. Der Fluss war nur ein Rinnsal, wenige Meter breit, und führte kaum Wasser.
„ !!ooOO!! “
Die Männer riefen ihre Frauen mit Namen. Sie kamen vorsichtig ans Wasser, um zu trinken. Mit Stöcken und Ästen, die sie vom Gebüsch rissen, schlugen die Männer auf das Wasser, um Krokodile abzuschrecken. Aus Blättern formten zwei Frauen Gefäße. Unter den aufmerksamen Blicken der Wächter schöpften sie Wasser und gaben den Kindern zu trinken.
Die Teile des Antilopenkadavers wurden mit scharfkantigen Steinen auf einem Baumstumpf abgeschabt. Als sie vom Fell befreit waren, schnitten sich alle Stücke heraus und aßen sie roh. Auch die größeren Kinder beherrschten die Technik des Zerreißens mit kräftigen Kieferbewegungen. Für die kleineren wurde das Fleisch von den Müttern vorgekaut.
Für Tamas, der kein messerähnliches Steinwerkzeug mit sich führte, blieben nur ein paar Bröckchen übrig. Er beobachtete, wie der Anführer, der sich große Stücke gesichert hatte, einer Frau einen besonderen Leckerbissen der Beute anbot. Es war die schöne Braunhäutige, die vor ihm gegangen war. Die Frau mit dem leichtfüßigen Lauf, die er hatte fragen wollen.
„ !!aa00!! “, lachte der Anführer und gab ihr einen Knochen, an dem noch Fleischfetzen hingen. Sie war sehr hungrig und machte sich voller Gier ans Essen. Mit großem Behagen saugte sie laut schmatzend das Innere des Knochens aus. Fett lief an ihren Mundwinkeln herunter. Ein ums andere Mal gab sie Zeichen und Laute von sich, um zu zeigen, wie gut ihr das schmeckte.
„ !!usao – sch!! “
Als sie genug hatte, gab sie den Rest des Knochens dem größten Kind, das sich sofort darüber hermachte.
Sie umarmte den Mann voller Dankbarkeit, schmiegte sich an ihn. Er zog sie einige Schritte zur Seite. Sie legten sich ins Gras im Schatten eines Gebüschs und liebten sich. Niemand außer Tamas schien darüber erstaunt zu sein. Männer und Frauen sahen dem Sex der beiden interessiert zu, als wenn es die normalste Sache der Welt wäre, dass es vor ihren Augen geschah.
Tamas stand auf, um sich irgendwie zu beschäftigen. Er beschloss, sich ein Messer aus hartem Bachkiesel oder Feuerstein zu machen. Vorsichtig schlich und robbte er auf den Knien durch das trockene Ufergras. Er fand einen faustgroßen grau-schwarzen Stein. Glatt lag er in seiner Hand. Er musste ihn spalten, um eine scharfe Schneide zu erhalten. Doch vergebens schlug er den Stein auf Kiesel. Er zerbrach nicht, nur die kleineren Steine sprangen weg. Er versuchte es wieder und wieder.
„Verdammt – !!kaark!!!! “, fluchte er in seiner Sprache und in neuen Lauten klickend und schnalzend. Die anderen Männer erschienen hinter ihm. Er hatte sie in seinem Eifer, ein Werkzeug zu schaffen, nicht bemerkt. Sie deuteten mit dem Finger auf ihn. „ !!Aoo!! Uaak! “
Lachten sie über seine Bemühungen? Beschimpften sie ihn? Galt er noch als fremder, ungeschickter Einzelgänger, der sich ihnen angeschlossen hatte? Bis jetzt hatten sie ihn nicht fortgejagt. Das wäre sein sicherer Tod. Ohne Gruppe kam man nicht weit, das wusste er.
Eilig suchte er weiter. Er brauchte so etwas wie einen Amboss, auf dem er seinen schwarzen Feuerstein gut spalten konnte. Bis zu den Knien, dann bis zur Hüfte watete er in den Fluss. Die Sache war gefährlich. Jederzeit konnte ihn eines der Krokodile erwischen, die trotz des seichten Wassers erst in letzter Sekunde zu sehen waren.
Endlich hatte er, was er brauchte: Amboss und Hammer – zwei Steine unterschiedlicher Größe. Beides brachte er ans Ufer. Machte sich an die Arbeit. Mit einem kräftigen Schlag spaltete er den glatten
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