Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
Land am Nil. Es war wie in einem schweren Traum. Er bemerkte kaum den Wind, der durch die Wüste strich, er hatte auf dieser Reise keinen Blick für die in der Ferne verschwimmenden braunen und gelben Pastellfarben, nicht für den göttlichen Glanz der Sterne in der Nacht. Er fühlte nicht die Geborgenheit des Feuers, das zum Schutz gegen die hungrigen Schakale brannte. Er hatte keinen Sinn für die Geschichten der Salzhändler, die von ihren zahlreichen gefährlichen Abenteuern auf ihren Reisen aus dem Süden der Sahara an das Mittelmeer und in das Niltal berichteten.
„Ach Eftigh“, sagte Tulu zu dem Falken, der sich in der fünften Nacht der Reise auf einen im Sand aufragenden Felsen niedergelassen hatte, „was soll ich nur tun? Mein Herz ist so schwer, mein Geist ist so stumpf und alle meine freudige Neugierde ist dahin. Am liebsten würde ich auf der Stelle umkehren und zurückreiten.“
„Denke daran, was der Wunsch deines Vaters ist“, sagte Eftigh. Niemand außer Tulu konnte die Worte des geflügelten Botschafters aus seiner Heimat verstehen.
„Ich denke ständig daran“, sagte Tulu, „aber ich bin sicher, dass ich Kunturu nicht mehr sehen werde.“
„So war auch dies sein Wunsch“, erwiderte der Falke, der schon so lange treu dem Volk der Garamanten gedient hatte. Man erzählte sich, dass einer von Tulus Vorfahren in einem fürchterlichen Sandsturm einen jungen Wüstenfalken, dem Tode nahe und von seinen Eltern verlassen, aus einer Felsspalte gerettet und unter seinem Burnus geschützt mit ins Lager gebracht habe. Schon bald fiel Eftigh, wie er genannt wurde, durch ungewöhnliche Klugheit und Wendigkeit auf. Er konnte über weite Wüstenstrecken als schneller Überbringer von Botschaften eingesetzt werden.
„So gib mir einen Rat, mein Falke“, bat Tulu.
„Reise weiter und erwarte voller Neugier und Staunen, was für dich bestimmt ist. Dann berichte nach deiner Rückkehr darüber. So hat es dein Vater gewollt. Ich werde immer in deiner Nähe sein!“
„So soll es sein“, sagte Tulu und fiel in einen traumlosen schweren Schlaf.
Am nächsten Morgen war der Falke nicht zu sehen. Tulus Gedanken reisten nicht wirklich mit an den Nil. Sie waren immer bei seinem Vater und seinem Volk. So hörte er kaum die Gesänge, die am Fluss in der Nähe der großen Cheops-Pyramide*, der Lebensader des Landes, galten:
„Dich, oh Nil, preisen wir,
der du uns die Fluren bewässerst,
uns nährst und tränkst,
allen Menschen das Leben gibst ohne Ansehen von Stand und Person;
der du einmal im Jahr über die Ufer trittst,
um uns den Weizen zu geben und die Datteln zu süßen.
Für dich singen wir, für dich beten wir,
auf dass du, den Göttern gleicher Fluss,
uns das Leben erhältst!“
Die alles überragende Pyramide machte Tulu Angst. Gewaltig wie ein Berg verdunkelte sie die Sonne und ließ seine Schwermut nur noch größer werden. Er stieg über die mächtigen Steinblöcke die Außenwand hinauf und fragte sich, wie die Könige dieses Volkes derartig gigantische Grabmäler von ihren Untertanen bauen ließen.
// PYRAMIDEN //
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Die größte und bekannteste Pyramide der Welt ist das Grabmal des Pharaos Cheops. Sie steht zusammen mit anderen in Gizeh und war ursprünglich fast 150 Meter hoch (heute noch 139 Meter) und 130 Meter lang. Das gewaltige Bauwerk entstand zwischen 2600 und 2500 vor Christus. Viele Tausend Menschen ließen bei ihrem Bau ihr Leben. Die jungen Männer mehrerer Generationen verließen für Monate ihre Dörfer, um diese gewaltigen Denk- und Grabmäler für die Könige aus über zwei Millionen Steinblöcken aufzuschichten. //
Warum die Männer diese Last auf sich nahmen, darüber gibt es verschiedene Theorien. Sicher scheint zu sein, dass die Arbeiter keine Sklaven waren, sondern gut bezahlt wurden. Die Könige galten als Söhne der Himmelsgottheiten. Waren sie gestorben, baute man ihnen diese Denkmäler für die Ewigkeit und bestattete sie darin. Der Pharao sollte auch nach seinem Tode weiter seine schützende Hand über das Volk halten. //
Im alten Ägypten glaubte man an ein Leben nach dem Tod. Vor der Bestattung wurden die Leichname in Salzen ausgetrocknet und dann mit einem Gemisch aus Harz, Leinen oder Sägemehl gefüllt. Nach Entnahme der Organe, die gesondert bestattet wurden, bandagierte man die Körper, um sie vor Fäulnis zu schützen. Im Laufe der Zeit vertrockneten die Leichen. Sie wurden zu Mumien . So konnte die Seele den
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