Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
östlichen Wüstenrand. Sie verließ den Karawanenweg und kam zu mir. „Sie wusste sogleich, wer ich war, und gab mir den Stein für dich.“
„Wie geht es ihr? Warum konnte sie nicht mitkommen?“
„Sie ist in einem anderen Level, auf einer anderen Etappe der Reise.“
„Hat sie das gesagt?“
„Ja, aber sie wusste, wo du dich befindest. Doch nun schweig, Tamas. Sie kommen!“
„Ich will nicht sterben.“
„Das wirst du nicht. Ihr Zauber wird dich retten ...“
Nebenan stürzte Karakis nach dem Stoß des Henkers brüllend in die Tiefe.
„Ich muss sie wiedersehen!“, rief Tamas laut.
„He, was ist los mit dir?“, rief der Henker. „Kannst es wohl nicht erwarten, fliegen zu lernen!“ Sotos und seine Knechte lachten dreckig.
„Drücke den Stein des Mondmädchens fest an dich, Tulu! Schnell!“ bat der Falke, der Tulu nicht aus den Augen ließ.
„Ich habe solche Angst!“
„Der Stein wird sich in ein Luftschiff verwandeln, das dich fortbringen wird. Vertraue dem Mondmädchen!“, flüsterte Eftigh noch, bevor die Schergen Tulu den Strick vom Hals nahmen und ihn an die Kante führten. Tausend Meter unter ihm tobten meterhohe Brandungswellen an die gezackten Felsen.
Als Sotos den letzten Todesstoß an diesem Morgen ausführen wollte, sprang der Verurteilte bereits selbst in die Tiefe.
„Umso besser“, knurrte der vierschrötige Mann. „Nimmt mir die Arbeit ab!“ Er winkte seinen Leuten zu. „Abmarsch!“
Im Fall, als er den Flügelschlag des Falken an seiner Seite spürte, vernahm Tulu die folgenden Verse:
„Habe keine Angst,
ich bin bei dir,
flüchtig wie die Luft,
leicht wie eine Libelle,
schnell wie der Wind.
Fern und doch so nah!“
Es schien ihm, als dauerte der Sturz eine Ewigkeit. Der blaue Stein wurde schwerelos, löste sich auf, veränderte die Form, vereinigte sich mit der Luft, wurde zu einem Luftschiff. Den Sturmmöwen in den Felsen blieb dieses Mal das „Krih!-Kriiih!“ in ihren Schnäbeln stecken. Da kam etwas geflogen, leichter als Luft, obwohl es keine Flügel hatte und keiner der ihren war. Ein durchsichtiger Vogel? Eine bunte Wolke? Rot und blau? Eine Täuschung selbst für scharfe Möwenaugen, verursacht durch die Sonne, die nun an diesem Hinrichtungsmorgen aufgegangen war. Ihr Glanz ließ das bunte Ding, das jetzt vom Wind erfasst und über das Meer von der Steilküste fortgetrieben wurde, immer mehr verschwimmen, bis es sich ganz und gar in der blauen Luft aufgelöst hatte.
Noch nicht in der Gegenwart angekommen
Tamas hat Mühe, sich im Keller zurechtzufinden. Automatisch stapelt er Bücher, Zeitschriften, rückt Kabel, stellt dem Kater den Fressnapf hin. In Wahrheit ist er noch nicht richtig in der Gegenwart angekommen. Er befindet sich noch im Traum vom Fliegen, vom Schweben im bunten Luftschiff, in das sich der Stein in der Simulation verwandelt hatte. Wieder hatte ihn das Mondmädchen gerettet! Warum? Ist sie besorgt um ihn? Tamas wird von einem zärtlichen Gefühl erfasst.
Es klingelt an der Haustüre oben. Einmal, zweimal, dreimal.
Es hört nicht auf. Walter und Carola sind nicht da, also geht er selber hin.Es ist Moki.
„Hätte ich mir denken können!“ Tamas ist ungehalten. Seine zärtliche sanfte Stimmung ist mit einem Schlag verschwunden. Willkommen in der Wirklichkeit.
„Stör ich?“, fragt sein Freund.
„Komm rein. Willst du was trinken?“
Sie gehen in den Keller.
„Wollte nachsehen, ob alles o. k. ist bei dir“, sagt Moki.
„Mir geht’s gut“, sagt er.
„Was machst du? Sieht aus, als wärst du am Aufräumen. Immer noch Stress mit Walter?“
„Ja. Hat schon zweimal nachgefragt, ob ich alles für die Bewerbung habe.“
„Hast du? Zeugnisse, Bescheinigung über Praktikum und so was alles.“
„Ja, muss bloß noch einen Text dazuschreiben.“
„Ich helfe dir. Hab das schon ’n paar Mal gemacht. Damit kenne ich mich aus.“
„Kann nicht.“
„Wie, du kannst nicht?“
„Was ich sage, es geht nicht. Will auf keinen Fall zur Simo.“
„Dann schmeißt er dich raus hier. Tu doch wenigstens so, um Zeit zu schinden.“
„Das ist mir echt zu blöd.“
„Du hast gesagt, er erpresst dich.“
„Ja. Kann trotzdem nicht.“
„Mann, Tamas, du bist ein sturer Hund! Na ja, was soll’s. Wenn er dich rausschmeißt, kommst du zu mir.“
„Vielen Dank, ich schaff’s schon alleine ...“
Im Chat-Fenster sieht Tamas eine Nachricht von Pandora.
„Gute Nachricht?“, fragt Moki.
„Weiß noch nicht.“
„Schmeißt
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