Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
Menschen wurden durchsichtig, die Töne von Schalmei und Leier wurden leise und immer leiser. Die Umrisse des Mannes, des Schauspielers des Todes, wurden dünn und dünner.
Und dann war alles weg.
Bin ich drin oder nur Zuschauer?
Tamas: „Pandora, was war das denn? Ich bin fix und fertig!“
Pandora: „Am besten, du gehst gleich wieder ins Spiel als Tulu.“
Tamas: „Warte, muss mich erst beruhigen.“
Pandora: „Warum denn?“
Tamas: „Du hast diese Begegnung mit dem Tod doch mitbekommen! Oder nicht?“
Pandora: „Ja.“
Tamas: „Er hat gesagt, meine Zeit wäre noch nicht gekommen. Was soll das bedeuten? Er ist doch nur eine Simulation!“
Pandora: „Eben, was regst du dich also auf?“
Tamas: „Ich weiß oft nicht, ob ich drin bin oder nur Zuschauer. Wie als Kind im Kino, wenn ich nicht mehr aus den Geschichten herausfand.“
Pandora: „Verstehe.“
Tamas: „Glaub ich kaum.“
Pandora: „Wenn du so weit bist ...“
Tamas: „Ja, schon gut.“
Pandora: „Hier ist der neue Code.“
Level 8
Schiffbruch
//etwa 550 v. chr.//
Reale Zeit: Donnerstag, 28. Oktober, 11.30 Uhr
Realer Ort: Tamas’ Keller
///////////////////////////
Virtuelle Zeit: etwa 550 v. chr.
Virtuelle Orte: Alexandria, Samos
Überfahrt
Tulu saß auf der Kaimauer von Alexandria. Am Ende der Mauer stand der mächtige Leuchtturm aus weißem Kalkstein wie ein heller Finger in der Nacht. Sein Licht, erzeugt von großen Laternen und verstärkt von Metallspiegeln, zeigte die Küstenlinie und die Hafeneinfahrt.
Vor der runden Scheibe des Mondes zogen schwarze Wolkenschleier auf. Tulus Blick ging hinüber zum abgetrennten Bezirk des Königspalastes mit seinen zahlreichen Nebengebäuden, den Wohnhäusern der Priester, den Tempeln und Bädern und dem halb fertiggestellten Bau der Bibliothek, die bald Gelehrte aus aller Welt anziehen würde.
„Eftigh!“
Der Falke hatte sich auf einer Stele an der Hafenmauer niedergelassen. Darauf war der Spruch eingemeißelt:
Mögen die rettenden Götter die Seefahrer stets beschützen.
Hoffentlich, dachte Tulu. Er hatte ein ungutes Gefühl.
„Bringst du Botschaft von den schwarzen Bergen, mein Falke?“
Der schnellste Raubvogel unter allen seiner Art brauchte nur wenige Stunden, um die Libysche Wüste zu überwinden.
„Karnu, Taguth und alle anderen Götter der Wüste halten ihre schützende Hand über dein Volk, Tulu.“
„So lebt mein Vater noch?“
„Er lebt, er ist mit dem Herzen bei dir.“
„Hast du ihn gesehen?“
„Ja, ich komme aus dem Fessan. Ich bringe dir Grüße von deiner Familie, von deinem Vater Kunturu, deiner Mutter Nephtys, deinen Brüdern und Schwestern. Alle wünschen dir den Segen der Götter bei deiner Reise.“
„Ich danke dir, mein treuer Begleiter. Fliege nach Hause und richte ihnen meinerseits Grüße aus. Sage ihnen, es geht mir gut. Ich werde nun weiterziehen in das Land der Griechen, von deren Erkenntnissen mein Lehrer so oft gesprochen hat.“
Im Hafen von Alexandria fand Tulu ein Schiff, das Überfahrten nach Athen anbot. Es war die Zephyr des Schmugglers Karakis, ein wenig vertrauenerweckender Segler mit einem Mast und zwölf Ruderern.
„Keiner kennt das Land der 1 000 Inseln so gut wie ich. Seid frohen Mutes, ihr Leute, in zwei Tagen seid ihr am Ziel“, verkündete Kapitän Karakis großsprecherisch.
Einer der Händler, der schon öfters in seinen Geschäften von Griechenland nach Ägypten und zurück gefahren war, nannte Karakis im Kreise der Passagiere, die im Schatten unter dem Segel saßen, einen Aufschneider.
„Niemals kann man diese Überfahrt in zwei Tagen machen. Außerdem ist Karakis bekannt als übler Gauner und größter Schmuggler im östlichen Mittelmeer. Nehmt euch also in Acht, Leute!“
„Warum hast du dich ihm und seinem Schiff dann anvertraut?“, wollte Tulu wissen, der neben dem Händler saß.
„Die Geschäfte gingen schlecht in der letzten Zeit. Ich konnte mir nur die Passage auf diesem Seelenverkäufer leisten. Ich muss nach Attika zu meiner Familie, denn ich bin in Sorge, dass sich der drohende Krieg gegen die Perser auf ganz Griechenland ausdehnt.“
„Wir wollen die Götter um Hilfe bitten, dass sie uns unbehelligt die Heimat erreichen lassen“, sagte ein Arbeiter, der in den Steinbrüchen Ägyptens geschuftet hatte.
„Ja, möge ein jeder für sich Gebete sprechen, damit uns die Untiefen dieses Meeres nicht verschlingen“, empfahl ein Kaufmann. Doch an seinen Augen, an seiner von Angst verzerrten
Weitere Kostenlose Bücher