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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Armbeuge zu liegen kam. Dort war mehr als genug Platz. Bosch hatte eine Vorliebe für weite Jacken, weil sie ihm ausreichend Bewegungsfreiheit gaben, nach seiner Waffe zu greifen.
    Als er einen Schlüssel im Schloß hörte, kroch er nach rechts und legte sich flach auf den Teppich. Er schloß die Augen und wartete. Er hoffte, daß er an der gleichen Stelle lag, an der ihn seine Entführer hingelegt hatten, oder zumindest in der Nähe. Nach ein paar Momenten hörte er die Tür aufgehen, und dann drang Licht durch seine Augenlider. Nichts weiter. Kein Geräusch, keine Bewegung. Er wartete.
    »Das kannst du vergessen, Bosch«, sagte die Stimme. »So was funktioniert nur im Film.«
    Bosch bewegte sich nicht.
    »Hier, dein Blut ist überall. Sogar an der Türklinke.«
    Bosch begriff, daß er eine Spur hinterlassen haben mußte.
    Sein unausgegorener Plan, seinen Entführer zu überraschen und zu überwältigen, hatte keine Chance mehr. Er öffnete die Augen. Direkt über ihm befand sich eine Lampe an der Decke.
    »Okay«, sagte er. »Was wollen Sie?«
    »Steh auf. Los.«
    Bosch richtete sich langsam auf. Es kostete ihn viel Anstrengung, aber er legte noch einen drauf und zog eine richtige Show ab. Als er stand, sah er Blut auf dem grünen Filz des Billardtisches. Er stolperte sofort und griff auf die befleckte Stelle, um sich abzustützen. Hoffentlich hatte der Mann nicht gesehen, daß der Blutfleck schon vorher dagewesen war.
    »Weg da, verdammt noch mal. Der Tisch hat fünftausend Dollar gekostet. Guck, das Blut … Scheiße.«
    »Tut mir leid. Ich werde es bezahlen.«
    »Das wirst du nicht mehr können. Los.«
    Bosch erkannte ihn. Es war der Mann, den er erwartet hatte. Mittels Gesprächspartner auf der Party. Seine Visage paßte zu seiner Stimme. Grob und brutal. Er sah aus, als könnte er Türen aufbrechen. Kleine, braune Augen starrten aus dem geröteten Gesicht.
    Heute trug er keinen Anzug. Wenigstens konnte Bosch ihn nicht sehen. Er hatte einen unförmigen, blauen Overall an, der brandneu war. Bosch wußte, daß professionelle Killer oft solche Overalls benutzten. Es gab keine Probleme mit der Reinigung, und man machte sich nicht den Anzug schmutzig. Man zog hinterher einfach den Reißverschluß auf, warf den Overall weg und verschwand von der Bildfläche.
    Bosch ließ den Tisch los und machte einen Schritt. Sofort krümmte er sich zusammen und kreuzte die Arme über seinem Bauch. Dies war vermutlich die beste Methode, die Billardkugel zu verbergen.
    »Sie haben mir ganz schön einen über den Schädel gezogen. Mein Gleichgewichtsgefühl ist im Eimer. Ich glaub’, mir wird übel.«
    »Wenn du kotzt, wirst du es mit der Zunge wieder auflecken. Wie eine verdammte Katze.«
    »In diesem Fall wird mir wohl nicht übel werden.«
    »Du bist ein echter Witzbold.«
    Der Mann trat von der Tür zurück und gab Bosch ein Zeichen, hinauszugehen. Zum erstenmal sah Bosch, daß er eine Waffe hatte. Es schien eine Beretta Zweiundzwanzig zu sein. Arm und Waffe hingen nach unten.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte er. »Nur eine Zweiundzwanziger. Du glaubst, du könntest zwei, drei Kugeln auffangen und mich trotzdem noch überwältigen. Großer Irrtum. Da sind Hohlspitzgeschosse drin. Ich leg’ dich mit einem Schuß um. Am Rücken hast du dann ein Loch so groß wie eine Suppentasse. Vergiß das nicht. Du gehst voran.«
    Er verhielt sich clever, merkte Bosch. Obwohl er die Waffe hatte, kam er ihm nicht näher als anderthalb Meter. Sowie Bosch durch die Tür ging, gab der Mann ihm Anweisungen. Sie gingen einen Flur entlang, durch ein Wohnzimmer und dann durch ein zweites. Bosch erkannte an den Türen und Fenstern, daß es der Raum war, den er bei der Party auf Mittels Olymp von der Terrasse aus gesehen hatte.
    »Geh raus. Er wartet dort auf dich.«
    »Womit haben Sie mir den Schädel eingeschla gen?«
    »Mit einem Moniereisen. Ich hoffe, daß dir ein paar Splitter ins Gehirn gegangen sind. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.«
    »Nun, ich glaube, Sie hatten Erfolg. Ich gratuliere.«
    Bosch blieb vor einer der Terrassentüren stehen, als erwartete er, daß sie geöffnet wurde. Das Partyzelt stand nicht mehr draußen. Am Rand des steilen Abhangs stand Mittel mit dem Rücken zum Haus. Die dunkle Gestalt wurde von den Lichtern der Stadt unten eingerahmt, die sich bis zum Horizont erstreckten.
    »Mach die Tür auf.«
    »Entschuldigung, ich dachte … ist egal.«
    »Ja, ist egal. Geh raus. Wir haben nicht die ganze Nacht

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