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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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trifft, die perfekt zu einem paßt. Wenn Sie diese Frau einmal finden, lassen Sie sie nur ja nicht los. Egal was sie in der Vergangenheit getan hat. Lassen Sie sie nicht gehen.«
    Bosch nickte wieder. Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
    »Wo haben Sie sie kennengelernt?«
    »Bei einem Ball. Sie wurde mir vorgestellt, und da sie jünger war, dachte ich natürlich nicht, daß sie an mir interessiert wäre. Aber ich hatte mich getäuscht … wir tanzten. Wir gingen aus. Und ich verliebte mich in sie.«
    »Sie wußten nichts über ihre Vergangenheit?«
    »Anfangs nicht. Später erzählte sie es mir. Aber da war es mir schon egal.«
    »Was für eine Rolle spielte Fox?«
    »Er machte uns miteinander bekannt. Ich kannte ihn ebenfalls nicht. Er sagte, er sei Geschäftsmann. Für ihn war es ein taktischer Zug: Stell dem Staatsanwalt eine Frau vor und warte ab, was sich daraus entwickelt. Ich habe sie nie bezahlt, und sie hat nie Geld verlangt. Während wir uns ineinander verliebten, muß sich Fox überlegt haben, wie er Kapital daraus schlagen könnte.«
    Bosch überlegte, ob er das Foto aus seiner Aktentasche holen und Conklin zeigen sollte. Er entschied sich jedoch, die Erinnerungen des alten Mannes nicht mit der Realität eines Fotos zu konfrontieren. Während er noch nachdachte, sprach Conklin wieder.
    »Ich bin jetzt müde, und Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
    »Welche Frage?«
    »Sind Sie hier, um mich zu töten?«
    Bosch betrachtete sein Gesicht und seine hilflosen Hände und merkte, daß er so etwas wie Mitleid fühlte.
    »Ich war mir nicht sicher, was ich tun würde. Ich wußte nur, daß ich hierherkommen wollte.«
    »Wollen Sie etwas über sie hören?«
    »Über meine Mutter?«
    »Ja.«
    Bosch überlegte einen Moment. Seine eigenen Erinnerungen verblaßten mehr und mehr, und er hatte von anderen nicht viel über sie erfahren.
    »Wie war sie?«
    Conklin dachte kurz nach.
    »Es ist schwer, sie zu beschreiben. Sie übte eine große Anziehungskraft auf mich aus … das etwas schiefe Lächeln … Ich wußte, daß sie Geheimnisse hatte – wie alle Leute. Aber ihre waren tiefer verborgen. Und trotz allem steckte sie voller Leben. Im Gegensatz zu mir. Sie schenkte mir Lebendigkeit.«
    Er trank das Glas aus. Bosch bot an, es wieder zu füllen. Conklin winkte jedoch ab.
    »Ich hatte Beziehungen mit anderen Frauen, aber sie wollten mich nur vorzeigen wie eine Trophäe«, sagte er. »Ihre Mutter war anders. Sie blieb lieber zu Hause oder ging mit einem Picknickkorb in den Griffith Park als in einen der Clubs am Sunset Strip.«
    »Wie fanden Sie heraus, was … was sie tat?«
    »Sie erzählte es mir. An dem Abend, als sie mir von Ihnen erzählte. Sie sagte, sie müsse die Wahrheit sagen, weil sie meine Hilfe brauche. Ich muß zugeben, es war … ein Schock. Zuerst dachte ich nur an mich. Wie ich meinen Ruf schützen könnte. Aber ich bewunderte ihren Mut und war zu dem Zeitpunkt schon sehr verliebt. Ich konnte sie nicht verlassen.«
    »Woher wußte Mittel Bescheid?«
    »Ich sagte es ihm. Das bedaure ich bis heute.«
    »Wenn sie … Wenn sie so war, wie Sie sie beschreiben, warum hat sie so … einen Beruf gehabt? Das habe ich nie verstanden.«
    »Ich auch nicht. Sie hatte ihre Geheimnisse. Sie offenbarte mir nicht alle.«
    Bosch schaute weg, zum Fenster hinaus. Die Sicht ging nach Norden. Er konnte die Lichter in den Hügeln von Hollywood erkennen. Wie sie hinter den Nebelschleiern aufleuchteten, die aus den Canyons aufstiegen.
    »Sie erzählte mir, daß Sie sich nicht so leicht unterkriegen lassen«, sagte Conklin hinter ihm. Seine Stimme war jetzt fast heiser. Wahrscheinlich hatte er seit Monaten nicht so viel geredet. »Sie sagte einmal, daß es keine Rolle spiele, was aus ihr werde, weil Sie hart genug seien, um sich durchzuschlagen.«
    Bosch sagte nichts. Er schaute weiter aus dem Fenster.
    »Hatte sie recht?« fragte der alte Mann.
    Boschs Augen wanderten die Hügelkette entlang nach Norden. Irgendwo dort glühten die Lichter von Mittels Raumschiff. Irgendwo dort wartete er auf Bosch. Harry schaute wieder zurück zu Conklin, der immer noch auf die Antwort wartete.
    »Ich denke, das Urteil steht noch aus.«

40
    B osch lehnte an der Edelstahlwand des Aufzugs, der nach unten fuhr. Er bemerkte, wie sehr sich seine Gefühle geändert hatten. Beim Hochfahren war er von Haß erfüllt gewesen. Obwohl er das Objekt seines Hasses nicht einmal gekannt hatte. Inzwischen hatte es sich als ein bemitleidenswerter Mensch

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