Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
ihrer Schreibunterlage, auf der eine große Trinkflasche aus Plastik mit Deckel und Trinkhalm stand. Ein Plastikschild auf dem Schreibtisch trug ihren Namen; Mona Tozzi.
    »Ich bin die Vorgesetzte von Carla. Sie sind Polizist?«
    »Detective.«
    Er nahm den Stuhl von dem anderen Schreibtisch und setzte sich vor die fette Frau.
    »Entschuldigen Sie, aber Cassidy wird den Stuhl brauchen, wenn sie zurückkommt. Es ist ihr Schreibtisch.«
    »Wann kommt sie zurück?«
    »Jede Minute. Sie holt Kaffee.«
    »Wenn wir uns beeilen, sind wir bis dahin fertig und ich verschwinde wieder.«
    Sie gab ein kurzes Sie-sind-mir-aber-einer-Lachen von sich, sagte jedoch nichts.
    »Ich habe die letzte Stunde damit verbracht, ein paar Adressen von der Stadt zu bekommen, mit dem Ergebnis, daß man mich von Pontius zu Pilatus schickt oder auf dem Gang warten läßt. Das Komische daran ist, daß ich selbst für die Stadt arbeite und für die Stadt eine Arbeit zu erledigen versuche. Trotzdem behandelt man mich wie einen dahergelaufenen Störenfried. Wissen Sie, meine Psychiaterin sagt, ich leide an posttraumatischem Streß und sollte mich nicht aufregen. Aber ich sage Ihnen eins, Mona, diese Scheiße frustriert mich wahnsinnig.«
    Sie starrte ihn einen Moment an und überlegte sich wahrscheinlich, ob sie entkommen könnte, falls er einen Anfall bekäme. Dann zog sie einen Schmollmund, wodurch ihr Oberlippenbart in voller Pracht aufblühte, und saugte kräftig am Trinkhalm ihrer Plastikflasche. Bosch verfolgte, wie eine blutrote Flüssigkeit durch den Schlauch in ihren Mund stieg. Nachdem sie sich geräuspert hatte, sprach sie in besänftigendem Ton.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Detective. Sagen Sie mir doch, was Sie suchen.«
    Bosch setzte sein hoffnungsvolles Gesicht auf.
    »Wunderbar. Ich wußte, es gibt jemanden, der mir hilft. Ich brauche die Adressen, an die zwei pensionierten Polizisten monatlich ihr Geld überwiesen wird.«
    Ihre Augenbrauen stießen zusammen, als sie die Stirn runzelte.
    »Es tut mir leid, aber diese Adressen sind vertraulich. Selbst innerhalb der Stadtverwaltung. Ich könnte nicht …«
    »Mona, lassen Sie mich etwas erklären. Ich bin für Mordfälle zuständig. Wie Sie arbeite ich für die Stadt. Ich verfolge eine Spur in einem ungelösten Fall und muß mit den ehemals zuständigen Detectives sprechen. Der Mord ist vor mehr als dreißig Jahren geschehen. Eine Frau wurde umgebracht, Mona. Ich kann die beiden nicht finden, und die Personalabteilung der Polizei schickt mich hierher. Ich brauche die Adressen. Werden Sie mir helfen?«
    »Detective … Borsch?«
    »Bosch.«
    »Detective Bosch, lassen Sie mich etwas erklären. Nur weil Sie für die Stadt arbeiten, haben Sie noch lange nicht Zugang zu vertraulichen Akten. Ich arbeite auch für diese Stadt und ich gehe auch nicht zum Parker Center rüber und verlange dies oder das zu sehen. Bürger haben ein Recht auf Privatsphäre. Was ich tun kann, ist, den beiden einen Brief zu schicken und sie zu bitten, Sie anzurufen. Auf diese Weise bekommen Sie Ihre Information und ich breche nicht die Datenschutzgesetze. Wären Sie damit zufrieden? Ich verspreche Ihnen, sie gehen noch heute mit der Post raus.«
    Sie lächelte, aber es war das künstlichste Lächeln, das Bosch seit Tagen gesehen hatte.
    »Nein, das würde mich nicht zufriedenstellen, Mona. Im Gegenteil, ich bin tief enttäuscht.«
    »Da kann ich Ihnen nicht helfen.«
    »Doch das können Sie, verstehen Sie das nicht?«
    »Ich habe zu tun, Detective. Wenn Sie wollen, daß ich die Briefe schreibe, geben Sie mir die Namen. Wenn nicht, ist das Ihre Entscheidung.«
    Er nickte, daß er verstanden habe, und hob seine Aktentasche vom Boden auf. Als er wütend die Schlösser aufschnappen ließ, fuhr sie zusammen. Er öffnete die Tasche, holte sein Telefon heraus und wählte seine Privatnummer. Dann wartete er, daß sich der Anrufbeantworter meldete.
    Mona war verärgert.
    »Was tun Sie?«
    Er hielt die Hand hoch, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Hallo, könnten Sie mich bitte mit Whitney Springer verbinden?« sprach er auf sein Band.
    Er beobachtete versteckt ihre Reaktion. Es war offensichtlich, daß sie den Namen kannte. Springer schrieb eine Kolumne über das Rathaus in der Times. Mit Vorliebe schrieb er über alltägliche bürokratische Alpträume. Der kleine Mann gegen den übermächtigen Apparat. Bürokraten konnten wegen ihres Beamtenstatus weitestgehend ungestraft den Bürgern das Leben schwer machen, aber

Weitere Kostenlose Bücher