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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sah auf, nachdem er ein Wort eingetragen hatte. Auf seinem Namensschild stand Nelson. Nelson las Boschs Dienstausweis, so daß er sich nicht vorstellen mußte. Praktisch.
    »Her … on … wie spricht man das aus?«
    »Hieronymus. Reimt sich mit Anonymus.«
    »Heißt nicht eine Rockband so?«
    »Vielleicht.«
    »Was kann ich für Sie tun, Hieronymus von Hollywood?«
    »Ich habe eine Frage.«
    »Schießen Sie los.«
    Bosch legte den rosa Lagerzettel für Beweismaterial auf den Schalter.
    »Ich möchte die Schachtel für diesen Fall. Ist schon ziemlich alt. Ist sie noch hier?«
    Der Polizist nahm den Zettel, studierte ihn und pfiff, als er die Jahreszahl las. Während er die Fallnummer in eine Kladde eintrug, sagte er: »Sollte eigentlich hier sein. Warum auch nicht. Hier wird nichts weggeworfen. Wenn Sie sich die Sachen vom Schwarzen-Dahlien-Fall ansehen wollen, auch die sind hier. Das ist … fünfundfünfzig Jahre her. Es gibt sogar noch älteres Zeug hier. Wenn ein Fall nicht gelöst wurde, haben wir die Sachen.«
    Er sah auf und zwinkerte Bosch zu.
    »Ich bin gleich zurück. Füllen Sie bitte das Formular aus.«
    Nelson zeigte mit seinem Stift auf ein Pult an der Rückwand, auf der die Standardformulare lagen. Er stand auf und verschwand. Bosch hörte, wie er zu jemandem nach hinten rief.
    »Charlie! He, Charlie!«
    Eine Stimme rief irgendeine unverständliche Antwort zurück.
    »Übernimm das Fenster«, rief Nelson zurück. »Ich schwing’ mich auf die Zeitmaschine.«
    Bosch hatte von der Zeitmaschine gehört. Es war ein Golfwagen, mit dem man in die äußersten Ecken des Archivs fahren konnte. Je älter der Fall, desto weiter weg lag er. Die Zeitmaschine transportierte die Schalterbeamten dorthin.
    Bosch ging zum Pult und füllte einen Leihschein aus. Dann ging er wieder zum Fenster und legte ihn auf das Kreuzworträtsel. Während er wartete, sah er sich um und entdeckte noch ein Schild an der Wand: Aushändigung von Rauschgift-Beweismaterial nur mit Formular 492. Bosch hatte noch nie davon gehört. Ein Detective trat durch die Stahltür ein. Bosch kannte ihn nicht. Er hatte eine Mordakte bei sich, die er auf dem Pult aufschlug. Nachdem er die Fallnummer nachgesehen hatte, füllte er ein Formular aus und ging zum Fenster. Von Charlie keine Spur. Nach ein, zwei Minuten drehte sich der Detective zu Bosch um.
    »Arbeitet jemand hinten?«
    »Ja, er holt eine Schachtel für mich. Er hat einen Kollegen gebeten, so lange an den Schalter zu kommen. Ich weiß nicht, wo er bleibt.«
    »Scheiße.«
    Er trommelte mit den Knöcheln auf den Schalter. Nach ein paar Minuten erschien ein anderer Polizist in Uniform am Fenster. Ein altes Arbeitspferd mit weißen Haaren und breiten Hüften – und der bleichen Haut eines Vampirs. Wahrscheinlich arbeitete er schon seit Jahren hier im Keller. Er nahm den Leihschein und ging wieder. Der andere Detective und Bosch warteten. Bosch spürte, daß der andere ihn in Augenschein nahm, tat aber so, als merke er es nicht.
    »Sie sind Bosch, stimmt’s?« fragte er endlich. »Von Hollywood?«
    Bosch nickte. Der andere streckte seine Hand aus und lächelte.
    »Tom North, Pacific. Wir kennen uns nicht.«
    »Nein.«
    Bosch schüttelte seine Hand, ohne jedoch enthusiastisch auf die Vorstellung zu reagieren.
    »Wir kennen uns zwar nicht, aber ich war sechs Jahre im Diebstahl im Devonshire-Revier, bevor ich meine Stelle am Mord-Tisch in Pacific bekam. Wissen Sie, wer mein Vorgesetzter dort war?«
    Bosch schüttelte seinen Kopf. Er wußte es nicht, und es interessierte ihn nicht. North schien das nicht zu merken.
    »Pounds. Lieutenant Harvey ›Achtundneunzig‹ Pounds. Das Arschloch war mein Vorgesetzter. Ich hab’ gehört, daß Sie sein Gesicht durch die verdammte Glaswand geknallt haben. Wunderbar, alle Achtung! Sie sind mein Mann. Ich bin vor Lachen vom Stuhl gefallen, als ich das hörte.«
    »Schön, daß ich zu Ihrer Unterhaltung beitragen konnte.«
    »Nein, ehrlich. Ich weiß, daß Sie jetzt dafür eins übergezogen bekommen. Aber ich wollte Ihnen sagen, daß Sie mir und vielen Leuten eine Freude gemacht haben.«
    »Danke.«
    »Also, was tun Sie hier unten? Ich habe gehört, man hat Sie auf die Einundfünfzig-Fünfzig-Liste gesetzt.«
    Es ärgerte Bosch, daß es Polizisten gab, die er nicht einmal kannte, die von seiner Situation wußten. Er bemühte sich, die Ruhe zu bewahren.
    »Hören Sie, ich …«
    »Bosch! Ihr Päckchen!«
    Es war Nelson, der Zeitreisende. Er schob eine hellblaue

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