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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ihnen lebte.«
    »Ich verstehe. Wo gingen Sie hin?«
    »Vietnam.«
    »Augenblick, gehen wir noch mal zurück. Sie sagten, daß Sie schon vorher zweimal bei Pflegeeltern waren, aber zurückgeschickt wurden. Was passierte? Warum wurden Sie zurückgeschickt?«
    »Ich weiß nicht. Sie mochten mich nicht. Sie meinten, es habe keinen Zweck. Ich ging zurück ins Waisenhaus und wartete. Wahrscheinlich konnte man einen Teenager genauso schwer an den Mann bringen wie ein Auto ohne Räder. Pflegeeltern wollten immer jüngere Kinder.«
    »Sind Sie jemals aus dem Waisenheim weggelaufen?«
    »Ein paarmal. Sie haben mich immer in Hollywood wieder geschnappt.«
    »Wenn es so schwer war, Teenager unterzubringen, wie kam es dann, daß sie mit sechzehn noch Pflegeeltern fanden?«
    Bosch lachte zynisch und schüttelte den Kopf.
    »Die Geschichte wird Ihnen Spaß machen. Der Typ und seine Frau haben mich genommen, weil ich Linkshänder war.«
    »Linkshänder? Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Ich war Linkshänder, und ich hatte einen knallharten Wurf.«
    »Was bedeutet das?«
    »Nun, hm … das war … Damals war Sandy Koufax bei den Dodgers. Er war Linkshänder und hat einen Haufen Geld als Pitcher verdient. Earl Morse, mein Pflegevater, hatte als Halbprofi Baseball gespielt, aber nie in der ersten Liga. Also wollte er ein linkshändiges Talent aufbauen. Gute Linkshänder waren wohl damals rar. Wenigstens dachte er das. Auf alle Fälle wurden sie gut bezahlt. Earl dachte, er schnappt sich irgendeinen Jungen mit Talent, trainiert ihn und wird dann sein Manager oder Agent. Für ihn war es eine zweite Chance. Es war verrückt. Wahrscheinlich waren seine eigenen Träume von der ersten Liga nicht in Erfüllung gegangen. Er ging also zum McClaren und nahm ein paar von uns mit aufs Spielfeld. Wir hatten eine Mannschaft, die gegen andere Heime oder manchmal gegen Schulen im Valley spielte. Egal … Earl ging mit uns raus, und wir warfen uns den Ball zu. Es war eine Probe. Damals wußte ich das nicht, ich wäre nie darauf gekommen. Erst später ging es mir auf. Sowie er sah, daß ich mit links warf und gut war, waren die anderen abgemeldet.«
    Bosch schüttelte wieder den Kopf.
    »Was passierte dann? Sind Sie mit ihm gegangen?«
    »Ja, er hat mich mit nach Hause genommen. Seine Frau sprach fast nie. Er ließ mich jeden Tag hundertmal den Ball auf einen Reifen im Garten werfen. Am Abend hat er dann an meiner Technik gefeilt. Ich habe es ein Jahr ausgehalten, und dann bin ich abgehauen.«
    »Sie sind weggelaufen?«
    »So ungefähr. Ich bin zur Armee. Allerdings brauchte ich Earls Unterschrift dafür. Zuerst wollte er nicht. Er hatte große Pläne mit mir. Aber dann habe ich ihm gesagt, daß ich nie mehr einen Baseball in die Hand nehmen würde. Er unterschrieb. Dann kassierten er und seine Frau weiter das Geld von der Fürsorge für mich, während ich in Übersee war. Wahrscheinlich hat ihn das Geld entschädigt – als Ablösesumme sozusagen.«
    Sie schwieg lange. Es sah so aus, als würde sie ihre Notizen lesen, aber er hatte nicht bemerkt, daß sie heute etwas aufgeschrieben hatte.
    »Zehn Jahre später«, brach er das Schweigen, »als ich noch Streife fuhr, habe ich einmal einen betrunkenen Fahrer auf dem Sunset Boulevard angehalten. Er kam gerade vom Hollywood Freeway herunter und fuhr Schlangenlinien. Als er stoppte und ich ans Fenster trat und hineinsah, erkannte ich Earl. Es war Sonntag. Er kam gerade von einem Dodgers-Spiel. Das Programm lag auf dem Beifahrersitz.«
    Sie sah ihn an, sagte aber nichts. Sein Blick war noch nach innen gewandt.
    »Er hat wohl nie den Linkshänder gefunden, den er gesucht hat. Egal … Er war so betrunken, daß er mich nicht erkannt hat.«
    »Was haben Sie getan?«
    »Ich habe ihm die Schlüssel abgenommen und seine Frau angerufen … Es war wohl das einzige Mal, daß ich ihm einen Gefallen getan habe.«
    »Was ist mit Ihrem biologischen Vater?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Haben Sie je erfahren, wer er ist? Hatten Sie eine Beziehung zu ihm?«
    »Ich traf ihn einmal. Es hat mich nie interessiert, bis ich von Vietnam zurückkam. Dann habe ich ihn aufgespürt. Es stellte sich heraus, daß er der Rechtsanwalt meiner Mutter war. Er hatte Familie und so. Als ich ihn besuchte, lag er im Sterben. Er sah aus wie ein Skelett … Ich habe ihn eigentlich nicht gekannt.«
    »Er hieß Bosch?«
    »Nein. Das war die Idee meiner Mutter. Sie kennen den Maler, nicht wahr? L. A. hat sie sehr stark an seine Bilder erinnert.

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