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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Das macht aber nichts, bei der Polizei wimmelt es von solchen Leuten. Sie sollen ihre Arbeit tun, und ich tu’ meine. Das Problem ist, daß er nicht erkennt, was er kann und was nicht. Deswegen hat es schon vorher Schwierigkeiten gegeben – Konfrontationen. Schließlich kam es zu dem Vorfall, wie Sie es nennen.«
    »Was hat er getan?«
    »Er hat meinen Verdächtigen angequatscht.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wenn man einen Fall hat und einen Verdächtigen festnimmt, dann ist er sozusagen persönliches Eigentum. Niemand nähert sich ihm. Ein falsches Wort, eine falsche Frage können den Fall vermasseln. Man mischt sich nicht ein, ohne die Detectives zu fragen, die ihn verhaftet haben – egal, ob man Lieutenant oder Chief ist. Das ist eine eiserne Regel.«
    »Also, was ist passiert?«
    »Wie ich neulich erzählte, mein Partner Edgar und ich bringen den Verdächtigen aufs Revier. Eine Frau war umgebracht worden. Eine von denen, die in Sex-Blättern inserieren. Sie erhält einen Anruf, in eine dieser schmutzigen Absteigen am Sunset Strip zu kommen, hat Sex mit dem Typen und wird erstochen. Das ist die kurze Version. Die Stichwunde befindet sich oben auf der rechten Brust. Der Freier ist ganz cool. Er ruft die Cops an und sagt, daß es ihr Messer sei und daß sie ihn berauben wollte. Dann habe er ihr die Hand mit dem Messer umgedreht und sie erstochen. Selbstverteidigung. Edgar und ich, wir sehen gleich, daß ein paar Sachen nicht mit der Story übereinstimmen.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Erstens ist sie viel kleiner als er. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie ihn angreifen würde. Dann das Messer: ein Steakmesser mit Sägeschliff, fast zwanzig Zentimeter lang, und sie hatte so ein kleines Täschchen ohne Riemen.«
    »Eine Unterarmtasche.«
    »Ja, so was. Auf alle Fälle hätte das Messer nie reingepaßt. Wie hätte sie’s also mitbringen können? Wie man auf dem Strich sagt, ihr Fummel war enger als die Gummis in ihrem Täschchen. Also konnte sie es auch nicht am Körper getragen haben. Wenn sie den Typen berauben wollte, warum dann zuerst der Fick? Warum zieht sie nicht das Messer, nimmt sein Geld und haut ab? Aber so ist es nicht passiert. Er sagte, daß sie es zuerst gemacht hätten und dann hätte sie ihn angegriffen. Das erklärt, warum sie noch nackt war, wirft aber die Frage auf, warum beraubt sie ihn, wenn sie nackt ist? Wie könnte sie so flüchten?«
    »Der Typ hat gelogen.«
    »Offensichtlich. Wir fanden noch etwas anderes. In ihrer Tasche war ein Zettel mit dem Motelnamen und der Zimmernummer. Sie hatte mit der rechten Hand geschrieben. Die Stichwunde war aber auf der rechten Seite, und das paßt nicht ins Bild. Wenn sie ihn angreifen will, hält sie doch das Messer in der rechten Hand! Wenn der Freier es dann umdrehen würde, wäre die Wunde links auf ihrer Brust, nicht rechts.«
    Bosch führte seine rechte Hand zur Brust und machte vor, wie schwierig es wäre, sich rechts in die Brust zu stechen.
    »Es gab alle möglichen Indizien, die nicht zu seiner Geschichte paßten. Der Einstich ging nach unten. Hätte sie das Messer gehabt, wäre er nach oben gegangen.«
    Hinojos nickte, daß sie verstand.
    »Das Problem war, daß wir kein Beweisstück hatten, das seine Geschichte widerlegte. Nichts. Nur unser Gefühl, daß sie so nicht stimmte. Stelle und Richtung der Wunde reichten nicht. Für seine Version sprach das Messer. Es lag auf dem Bett, und wir konnten Fingerabdrücke im Blut sehen. Ich bezweifelte nicht, daß es ihre waren. Das kann man leicht nachholen, wenn jemand tot ist. Daß mich das nicht beeindruckte, spielte keine Rolle. Es kommt drauf an, was der Staatsanwalt und was die Jury denkt. ›Berechtigter Zweifel‹ ist ein schwarzes Loch, das schon viele Fälle wie diesen verschluckt hat. Wir brauchten mehr.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Wir nennen so was ›Er-sagt-sie-sagt‹. Ein Wort gegen das andere. Nur in diesem Fall ist die andere Person tot, was es noch schwerer macht. Wir hatten nur seine Version. In so einem Fall bringt man den Typen ins Schwitzen. Man holt ein Geständnis aus ihm heraus. Es gibt viele Methoden, aber im Grunde muß man ihn im Raum brechen. Wir …«
    »Im Raum?«
    »Im Verhörraum. Auf dem Revier. Wir haben den Typen in ein Zimmer gebracht. Als Zeugen. Formell war er nicht verhaftet. Wir hatten ihn gefragt, ob er aufs Revier kommen könnte. Es gäbe noch ein paar Sachen zu klären. Und er willigte ein, Mr. Kooperativ. Ganz die Ruhe. Wir haben ihn in einen Raum

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